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    Substrate 2022

    Der Torfausstieg nimmt Fahrt auf

    Spätestens mit der Absichtserklärung der Substratindustrie, die Verwendung von Torf in Substraten und Blumenerden einzuschränken und der gemeinschaftlich beschlossenen Torfminderungsstrategie mit zahlreichen Projekten in Wissenschaft und Praxis hat der Gartenbau ein neues Zeitalter betreten. Die größte Herausforderung bleibt, im Hinblick auf Qualität, verfügbare Menge und Kosten geeignete Ersatzstoffe zu finden.

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    Mit der Torfminderungsstrategie und ihren Projekten in Wissenschaft und Praxis beginnt für den Gartenbau ein neues Zeitalter.
    Mit der Torfminderungsstrategie und ihren Projekten in Wissenschaft und Praxis beginnt für den Gartenbau ein neues Zeitalter.Peter Springer
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    Um Torf einzusparen, arbeitet die Hawita-Gruppe bereits seit längerem mit Alternativen, vor allem mit Rindenhumus, Grünkompost, Kokosmaterialien und Holzfasern. Auch wenn diese Stoffe durchaus in der Lage sind, positive Eigenschaften in das Substrat einzubringen, so sind sie nur in Verbindung mit Torf einsetzbar und wären als alleinige Basis kaum für Hochleistungssubstrate geeignet. Problematisch sind darüber hinaus deren begrenzte Verfügbarkeit und der hohe Preis für ihre Herstellung und Beschaffung. Beim Kompost schränken vor allem der hohe Salzgehalt sowie der Anteil an Mikroplastik und schädlichen Organismen die Verwendung ein. Kokosprodukte waren bereits im letzten Jahr knapp am Markt, da es pandemiebedingt zu Arbeitsausfällen in den Herkunftsländern und zu verringerten Transportkapazitäten kam. Und auch hier gibt es schlechtere Qualitäten, die für hochwertige Substrate nicht infrage kommen und somit die verfügbare Menge reduzieren. Bei Rindenhumus gab es aufgrund der Borkenkäfersituation ebenfalls Probleme bei der Beschaffung von Rohmaterial. Bleibt noch die Holzfaser als ein gutes Ausgangsmaterial, das zunehmend auch zum Einsatz kommt. Aufgrund der geringeren Wasserhaltefähigkeit lässt sich dieser Ersatzstoff aber nur begrenzt einsetzen.

    Um den Torfanteil in den Substraten zu reduzieren, arbeitet die Hawita-Gruppe vor allem mit Rindenhumus und Naturton. Zusätzlich zur Rindenhumusproduktion werden in Kürze eine Kompostieranlage und eine Holzfaserproduktion in Norddeutschland errichtet. Damit soll die Versorgung mit alternativen Rohstoffen aus eigener Produktion auch langfristig gesichert werden.

    Bei der Herstellung von Vliestöpfen für die Stecklingsproduktion ist es der Hawita-Gruppe gelungen, das für die Erhöhung der Luftkapazität verwendete Styropor komplett durch andere Rohstoffe zu ersetzen, wodurch große Mengen Kunststoff eingespart werden. Vorausgegangen sind dieser Umstellung langjährige Praxisversuche mit den unterschiedlichsten Pflanzenarten zusammen mit Partnerfirmen. Durch die neue Rezeptur ist eine ausreichende Luftkapazität auch in den dunklen und kalten Wintermonaten gewährleistet.

    Feine Fasern für Anzucht und Vermehrung

    Mit der eigenen Holzfaserproduktion verbindet Gramoflor Ressourcenschonung und CO2-Einsparung. Die Anlage verarbeitet Holzhackschnitzel von gesicherter Qualität aus Sägewerken durch eine thermisch-mechanische Auffaserung zur Qualitätsholzfaser „Lignofibre", die inzwischen in mehreren Varianten zu haben ist. Ziel ist es, mit der Holzfaser den Torfanteil in den Substraten, soweit es unter Berücksichtigung der Kultursicherheit möglich ist, zu reduzieren. Sichtbares Zeichen dafür ist die neue Holzfaser „Lignofibre Xtrafine+". Sie wird die bisherige „Lignofibre Xtrafine" ersetzen. Das Plus bedeutet eine noch feinere Struktur und die Möglichkeiten, Torf besser und in einem größeren Umfang ersetzen zu können. Zu nennen sind hier Anzucht- und Vermehrungssubstrate, kleinere Presstöpfe und Trayplatten. Noch feinere und kürzere Fasern erlauben darüber hinaus eine stark verbesserte Maschinengängigkeit und führen zu einer vergrößerten Oberfläche, was die Wasserhaltekraft gegenüber dem Vorgänger nochmals verbessert. Zu den Eigenschaften der neuen Faser zählt auch ihre gute Strukturstabilität mit der Möglichkeit, sie auch in Topfsubstrate ab mittlerer Struktur einzumischen und somit den Torfanteil weiter zu reduzieren.

    Torffrei bis 2028

    Der Erdenproduzent Stender und die zur Stender-Gruppe zugehörige Handelsmarke Euflor treiben den bereits angekündigten vollständigen Torfausstieg weiter voran. „Beyond peat" heißt es bei Stender, der als Produzent für den Profigartenbau ankündigt, bis 2028 die Verwendung von Torf komplett einzustellen. Euflor legt als Handelsmarke für den Endverbraucher mit „Alles auf Null" vor und wird bereits ab 2025 keine torfhaltigen Erden mehr anbieten. Die bei den Profisubstraten längere Übergangs- und Umstellungsphase berücksichtigt vor allem das Thema der Kultursicherheit. Stender wird dabei eine wichtige Beraterrolle übernehmen, um seine Kunden auf dem Weg in die torfreduzierte oder torffreie Zukunft zu begleiten, denn meist ist die Umstellung mit einer Anpassung der Kultursysteme im Bereich Bewässerung und Düngung verbunden. Schon heute lassen sich mit den bekannten Rohstoffen funktionierende Substrate für die meisten Kulturen herstellen. Damit ist eine Verringerung des Torfanteils von 20 bis 70 Vol.-% möglich. Stender betont, dass es dennoch eine Herausforderung bleibt, torffreie Lösungen zum Beispiel für anspruchsvollere Kulturen binnen der nächsten sechs Jahre zu entwickeln.

    Mit professioneller Begleitung in die torffreie Zukunft

    Bei Gramoflor stehen Kultursicherheit und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt, wenn es um die fortschreitende Torfreduzierung geht. Die Verwendung unterschiedlichster organischer Rohstoffe führt zu immer komplexeren Substratmischungen und erhöht damit die Risiken in der Kulturführung. Um den Torfausstieg professionell zu begleiten, wurde von Gramoflor daher das „gramoNUTRI-concept" entwickelt. Dieses berücksichtigt die spezifischen chemischen Eigenschaften der Volumenbildner ebenso wie die der eingesetzten Dünger. Damit erfolgt eine effiziente und wirtschaftliche Abstimmung der im Substrat eingesetzten Rohstoffe und Dünger. Darüber hinaus lässt sich die N-Immobilisierung rezepturbedingt berechnen, was den Ausgleich des N-Verlusts durch eine definierte Düngergabe ermöglicht.

    Um Profigärtner bei der schrittweisen Umstellung auf torfreduzierte Substrate zu unterstützen, hat Patzer Erden das Sortiment der Linie „Blue" erweitert. Mischungen dieser Produktlinie sind zu mindestens 50 Vol.-% torfreduziert und enthalten einen mittleren Tonanteil. Die drei Haupttopferden „Blue Topf", „Blue Topf grob" und das mit Osmocote vorgedüngte „Blue Topf grob Plus" gibt es nun auch mit einem hohen Tongehalt. Durch ihre hohe Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit geben sie Anwendern mit geringen Erfahrungen im Umgang mit Torfersatz mehr Kultursicherheit bei Beet- und Balkonpflanzen und Pflanzen mit einem hohen Eisenbedarf. Darüber hinaus hat Patzer eine Mischung speziell für die Kultur von Primeln und Violen in das Standardsortiment aufgenommen („Blue Topf Plus high K"). Sie enthält Osmocote 5-6 M high K mit erhöhten Kali-Werten, die einen kompakteren und stabileren Wuchs fördern. Die Erweiterung der Produktlinie „Blue" um gleich vier Produkte zeigt das große Interesse an torfreduzierten Mischungen.

    Einen Schritt weiter geht Patzer mit einem torffreien, grob strukturierten Substrat unter anderem zum Topfen und Pflanzen von Gemüsepflanzen. „Blue Topf torffrei" ist mineralisch vorgedüngt und eignet sich für den konventionellen Anbau. Es ist das Pendant zum bereits vorhandenen organisch gedüngten „Green Topf torffrei". Das neue Topfsubstrat besteht aus Holzfasern, Kompost, Kokos, Rindenhumus und einem hohen Anteil an frischem Naturton.

    Mit den drei Produktlinien „Orange" (torfbasierte Substrate), „Blue" (torfreduzierte und torffreie Substrate für den konventionellen Anbau) und „Green" (torfreduzierte und torffreie Substrate für den biologischen Anbau) kann jeder Kunde wählen, welche Stufe des Torfersatzes für ihn optimal ist. Insgesamt betrachtet, wird sich der Sortimentsschwerpunkt allerdings immer weiter in Richtung torffrei bewegen. Um Ersatzstoffe in ausreichender Menge und Qualität einsetzen zu können, ist am Standort Sinntal-Jossa mittlerweile die dritte Holzfaseranlage in Betrieb genommen worden.

    Torfersatzstoffe sparen Netzmittel

    Mit den neuen „Advanced"-Substraten setzt Klasmann-Deilmann Maßstäbe für den verantwortungsbewussten Gartenbau. Die Produktlinie kombiniert die Stärken von Holzfasern, Grünkompost, Kokos, Perlit und Torf zu leistungsstarken Mischungen mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck und deckt alle Pflanzen- und Kultursegmente für jede gärtnerische Anwendung ab. Im Mittelpunkt stehen dabei die nachwachsenden Rohstoffe als Ersatz für Torf, die aus Gründen der Qualitätssicherung von Klasmann-Deilmann selbst produziert werden. Die Verwendung von leichten Rohstoffen wie Holzfasern, Kokos und Perlit reduziert zudem das Substratgewicht und damit die Transportemissionen.

    Torf ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil qualitativ hochwertiger Substrate, lässt sich aber durch weitere Rohstoffe mit ihren speziellen Eigenschaften in idealer Weise ergänzen. Dabei gilt, dass bei steigenden Anteilen an Ersatzstoffen die Torfqualität entsprechend angepasst werden muss. So sorgt Kompost in den Substraten für einen Eintrag an Nährstoffen, vor allem Phosphor und Kali, und spart damit mineralische Dünger ein. Werden reine Torfsubstrate zu trocken, dann kann das Probleme mit der Wiederbenetzung verursachen. Versuche haben gezeigt, dass sich mit der Einmischung von Holzfasern, Rindenhumus oder auch Kokosmark die Gefahr deutlich verringern lässt. Damit kann dann komplett auf ein zusätzliches Benetzungsmittel verzichtet werden. In Baumschulkulturen führt eine Mulchschicht nicht nur zu unkrautfreien und optimal versorgten Pflanzen, sie reduziert auch den Einsatz von Torf um rund 10 %. Und letztendlich sind einige Rohstoffe bestens geeignet, um umweltproblematische Kulturmedien wie die Steinwolle komplett zu ersetzen. Growbags mit Holzfasern oder einer Mischung mit Kokos sind hier bereits in der Praxis etablierte Systeme.

    Kokos als Alternative?

    Als Torfersatzstoff hat Kokos in den letzten Jahren einen der vorderen Plätze eingenommen. Pflanzen lassen sich in reinen Kokossubstraten problemlos kultivieren – das haben umfangreiche Praxistests bewiesen. Das Material besitzt wie Torf ähnliche Eigenschaften ohne aber wie bei anderen Ersatzstoffen einer starken Konkurrenz durch eine thermische Verwertung ausgesetzt zu sein (aufgrund des geringen Brennwerts). Besonders der Trend zu torffreien Substratmischungen und Bioerden fördert daher den Einsatz von Kokosprodukten.

    Reine Kokosfasern geben den Substraten Stabilität und ein hohes Luftporen-Volumen. Dementsprechend gering ist allerdings die Wasserkapazität. Dieser Nachteil lässt sich durch Mischung mit dem Fasermark der Kokosnuss ausgleichen. Substrate aus reinem Fasermark wiederum neigen zu Vernässungen, hier sind Mischungen mit anderen Materialien notwendig. Die Kationenaustauschkapazität von Kokosmark ist der von Torf ähnlich. Zudem lässt sich das Material nach Trocknung gut wiederbefeuchten und nach entsprechender Aufbereitung ohne wesentlichen Ertragsverlust auch mehrmals wiederverwenden. Wie Torf ist Kokosmark frei von Unkrautsamen, Pilzen und Bakterien. Der pH-Wert liegt zwischen 5,5 und 6,5.

    Der Nachteil bei Kokosprodukten ist deren aufwendige Aufbereitung. Zu Beginn steht die offene Lagerung für etwa ein halbes Jahr, um die Wasseraufnahme zu verbessern und eine bestmögliche Stickstoffstabilität zu erreichen. Danach wird das Material mit Frischwasser behandelt, um eingelagerte Salze auszuwaschen. Es folgt die Spülung mit einer Calciumnitratlösung. Ziel ist die Verbesserung der Pufferfähigkeit beim Einsatz von Düngern während der Kultur. Danach wird wieder gewaschen, um die vom Austausch gelösten Ionen zu entfernen. Schließlich wird das Material getrocknet und gesiebt.

    Aufgrund der oftmals langen Transportwege steht Kokos im Vergleich zu anderen Stoffen in der Ökobilanz schlechter da. Auch wenn der Schiffstransport hochgepresster Kokosblöcke besser abschneidet als eine vergleichbare LKW-Lieferung Torf aus dem Baltikum, so ist die Bilanz eindeutig schlechter als bei einigen heimischen Rohstoffen wie den Holzprodukten. Das bescheinigt auch eine Studie des auf Ökobilanzen spezialisierten Schweizer Forschungsbüros Quantis. Zu befürchten ist daher, dass Kokosprodukte Torf zwar ersetzen können, dann aber in die gleiche ökologische Schiene geraten wie Torf. Zu Unrecht, denn es ist ein Reststoff, der sich ökologisch sinnvoll verwerten lässt – vorausgesetzt Produktion und Bedarf liegen nicht zu weit auseinander.

    Kokosorientierte Unternehmen

    So spricht die Kokosflora Substrate GmbH von einer umweltfreundlichen Lösung für den Gartenbau auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Das deutsche Unternehmen mit indischen Wurzeln betreibt Produktionsstätten für Kokosprodukte und Kokossubstrate in Indien. Kokos als Substratbestandteil spielt eine entscheidende Rolle für die Erreichung der globalen Klimaziele, heißt es. Es ist ein nachwachsender und damit klimaneutraler Rohstoff, dessen Verwertung der Kreislaufwirtschaft entspricht. Für einen effizienten Transport lassen sich die Produkte zu Blöcken mit einem Volumen von 1:5 stark komprimieren und ohne Qualitätsverluste wieder aufbereiten.

    Ebenfalls auf Kokossubstrate spezialisiert ist das niederländische Unternehmen Dutch Plantin. Angeboten wird unter anderem eine ungedüngte Mischung, sodass jeder Kunde in der Lage ist, seine eigenen Rezepte umzusetzen. Das Sortiment umfasst drei Produktkategorien: 50-Liter-Beutel mit gepuffertem und gewaschenem Kokosmark lose (RHP), Blöcke von etwa 4,5 kg mit gepuffertem und gewaschenem Kokos (RHP) – erhältlich in drei Typen: fein, mittel und grob sowie Briketts mit gewaschenem, aber nicht gepuffertem Kokosmark. Bei der Verwendung muss hier im ersten Kulturmonat auf zusätzliches Calcium und weniger Kalium geachtet werden.

    Das niederländische Familienunternehmen Van der Knaap konzentriert sich mit einem neuen Produktionsstandort in Mexiko unter dem Namen „Knaap Profit" auf die Herstellung hochwertiger Kokossubstrate für den lokalen Gartenbau. Anlass dafür war unter anderem der stark zunehmende Anbau von Beerenobst und Gemüse als Substratkultur. Die Bedingungen dafür sind perfekt: in Mexiko sind ausreichend Kokosnüsse erhältlich, das Land hat ein günstiges Klima, eine gute Infrastruktur und einen lokalen Markt. Die Kokosnüsse werden von Südmexiko zum Standort in Querétaro transportiert und dort zu einem hochwertigen Substrat verarbeitet. Es besteht aus einer eigens entwickelten Kombination aus Kokoschips und Kokosfasern mit einem geringen EC-Wert, hoher Strukturstabilität, perfekter Drainage und hohem Luftgehalt.

    Kokos statt Torf hieß es auch bei der Entwicklung der neuen torffreien Erdmischung „TF PRO berry red" von Brill. Das Substrat besteht zu 80 % aus nachwachsenden Rohstoffen in Form von „CocoSol", (Kokosmark) und „LignoDrain" (dünne Holzchips ohne Auffaserung). Vervollständigt wird die Substratrezeptur durch Perlit, das für eine hohe Luftkapazität sorgt und in den Substraten die Grundlage für eine gute Durchwurzelung legt. Konzipiert wurde das Substrat für die Kultur von Erdbeeren und Beerenobst.

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