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Jens Schachtschneiders Praxisgedanken (26)

Verlernen wir zu kommunizieren?

Die Sprache als besondere Gabe des Menschen bietet uns die großartige Möglichkeit des Austausches von Informationen und Gedanken. Wir wissen gute Gespräche zu schätzen. Sie bereichern uns, helfen in schwierigen Lebenssituationen oder erfreuen unser Herz. Zugleich wissen wir, welche Wunden vergiftete Worte hinterlassen können.
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Reichen wir in einer Kommunikation auf Augenhöhe den jungen Berufskolleginnen und -kollegen die Hand!
Reichen wir in einer Kommunikation auf Augenhöhe den jungen Berufskolleginnen und -kollegen die Hand!Grünes Medienhaus
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Letzteres gilt heute insbesondere für die (un-)sozialen Medien. Menschen werden diffamiert, in der Anonymität fallen letzte Hemmschwellen. Hasstiraden oder gar Gewaltaufrufe sind allgegenwärtig. Bei jungen Menschen gehört das Handy bereits ab der Grundschule zur persönlichen Grundausstattung. Die zugleich gestiegene Zahl von Jugendlichen mit psychischen Problemen ist sicher kein Zufall.

Leider geht unsere Politikprominenz nicht mit gutem Beispiel in der Kommunikation voran. Eingenommene Positionen verteidigt sie unerbittlich, Gegenargumente oder Hinweise werden kaum zugelassen oder in den Wind geschlagen. Auf konkrete Fragen folgen phrasenhafte Antworten, die kaum einen Zusammenhang zur Ausgangsfrage erkennen lassen. Die Bürger wenden sich ab und werden in die Arme einer Partei getrieben, die in klarer Sprache Antworten zu Themenfeldern gibt, die von den etablierten Parteien und unseren Medien ausgeklammert werden. In der Folge ergeben sich Wahlerfolge, die uns erschrecken lassen, aber kaum überraschen dürfen.   

Dabei wird Winston Churchill, ein Politiker früherer Tage, mit dem Satz zitiert: „Wenn zwei Menschen immer dasselbe denken, ist einer von ihnen überflüssig." Er lebte und wirkte in der Zeit des schlimmsten Krieges unserer Menschheitsgeschichte. Heute werden wieder Positionen und Machtansprüche mit Waffengewalt durchgesetzt, wofür viele Menschen das Wertvollste geben müssen, ihr Leben. Es zeigt, wie gefährlich die Entwicklung auch in unserem Land ist.

Wir erleben einen Mangel an Idealen und Vorbildern. Wo sind die Gandhi und Mandela von heute? Öffentliche Persönlichkeiten, die Orientierung geben und denen wir unser Vertrauen schenken. Sicherlich gibt es sie weiterhin, leider erhalten sie keine entsprechende Bühne. Hier sitzen Menschen, die sich gegenseitig ins Wort fallen, ohne den anderen zuzuhören. Von den Programmverantwortlichen ist dieses wohl so gewollt, aber möchten wir das auch und was macht es mit uns, wenn derartiges Verhalten vorgelebt wird? Viele von uns haben glücklicherweise Vorbilder im persönlichen Umfeld: Eltern, Großeltern, auch Lehrer oder Freunde. Soweit man das Glück hat, in einer solchen Geborgenheit aufzuwachsen. Was aber, wenn dieses nicht so ist oder man von Menschen geleitet wird, die ganz andere Werte vermitteln?   

Soweit anhand einiger Beispiele meine kritischen Wahrnehmungen. Diese Thematik spiegelt sich zugleich in unseren Betrieben. Wie gehen wir damit um? Einfach in einer Vogel-Strauß-Strategie laufen lassen? Dieses geht in den seltensten Fällen gut. Eingreifen, wenn Alarm ist und sich Situationen im Betrieb zuspitzen? Na klar, aber noch besser als Brände zu löschen ist es proaktiv zu agieren. Aber wie?   

Im Sommer sind wieder junge Menschen in die Ausbildung gestartet. Azubis mit unterschiedlichsten Ausgangssituationen und Erwartungen. Wir sind in unserer Staudengärtnerei gewohnt, mit Pflanzen verschiedener Lebensbereiche und damit verbundenen Anforderungsprofilen umzugehen. Inzwischen haben wir auch gelernt, uns auf Mitarbeitende mit sehr individuellen und damit differenten Lebenssituationen einzustellen. Alles andere als eine leichte Aufgabe. Wir können Mitarbeitende in einheitliche Arbeitskleidung stecken und doch bleiben sie Menschen mit ihren ganz persönlichen Merkmalen. Dieses bedeutet letztlich auch eine Chance, denn damit gehen unterschiedliche Talente einher.

Die Herausforderungen für uns Arbeitgeber und die Führungskräfte sind größer geworden. In unserer Ausbildung wurden von uns die wenigsten darauf vorbereitet. Und nicht jeder besitzt das entsprechende Talent. Na klar, ein freundlicher Ton ist nicht nur die Basis für ein gutes Betriebsklima, er erleichtert vieles darüber hinaus. Er strahlt (Nest-) Wärme und damit Zuwendung aus. Ein Umfeld, das nicht jeder Mitarbeitende daheim vorfindet und die Chance erhöht, einen offenen Austausch zu pflegen.

Wertvoll ist das persönliche, aktive Vorleben. In unseren weitgehend familiengeführten Betrieben mit vielfach überschaubarer Anzahl von Mitarbeitenden ist der unmittelbare Kontakt zwischen der gesamten Belegschaft ein wertvolles Pfund. Dieses stärkt das Miteinander und das gegenseitige Verständnis. Es bietet zugleich eine Chance, die Sichtweisen unserer Belegschaft zu erfahren. Wir alle – ausdrücklich auch wir Chefs – neigen bekanntlich gerne zum „Tunnelblick", also der fokussierten Betrachtung der eigenen Situation. Mit gezielter Transparenz haben wir die Möglichkeit, die Perspektive des Unternehmens zu vermitteln und beispielweise die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Handelns anschaulich darzustellen. Dabei mangelt es schon mal an einfachsten Grundlagen, etwa dass Umsatz nicht gleichzusetzen mit dem Gewinn ist. Ebenso, dass Löhne im Unternehmen verdient sein wollen. Dass es die Existenz des Betriebes kosten kann, wenn die Teamleistung in den Keller geht. Den Staatshaushalt kann keiner von uns retten, aber in unseren gartenbaulichen Unternehmen sind es überschaubare und von den Mitwirkenden beeinflussbare Stellschrauben, die den Erfolg ausmachen. Wirtschaftlich und im Miteinander. Es gilt nur, sich zuzuhören.   

Zurück zu den Idolen oder Vorbildern. Sie sind auch im Berufsalltag wichtig und wertvoll. Sie erleichtern die ersten Gehversuche in der Gärtnerwelt, geben Sicherheit und Selbstvertrauen. Reichen wir in einer Kommunikation auf Augenhöhe den jungen Berufskolleginnen und -kollegen die Hand. Lasst uns einen intensiven Austausch pflegen und vermitteln wir ihnen die Freude an unserem Beruf! Wir sehen stets die Arbeit, die es zu erledigen gilt. Dabei verlieren wir schnell andere, wichtige Themenbereiche aus den Augen.

Die Anzahl gärtnerischer Veranstaltungen ist über die Jahre geringer geworden. Die Teilnahmebereitschaft sinkt, der Zeitfaktor wird vielfach als Argument genannt. Dabei wissen wir, wie wertvoll und erfüllend der Gedankenaustausch mit Berufskollegen ist. Zudem ist es hilfreich, gelegentlich den Blick von außen auf das eigene Unternehmen zu richten. So effizient Videokonferenzen auch sein mögen, es fehlt der Austausch in der Grünberger Bayernstube oder der Hotelbar. Anfragen und Aufträge versenden wir per Mail, idealerweise in einem Webshop – beidseitig hocheffizient. Damit entfällt jedoch der Plausch am Telefon. Privat tauschen wir uns lieber mehrfach hin und her per Whatsapp aus, statt die immer noch vorhandene Funktion des Telefonierens unseres Handys zu nutzen. Entwickeln wir gar eine gewisse Angst vor dem persönlichen Gespräch?

Im Spätsommer waren wir mit unseren Mitarbeitenden auf einer Studienreise. Gärtnereien wurden besichtigt, gemeinsam sind wir in den Bergen gewandert und haben Pflanzen, die wir in unsere r Gärtnerei kultivieren, am Naturstandort entdeckt. In einer tollen Teamleistung sind sogar zwölf Wagemutige zur Zugspitze hinaufgeklettert. Abends saßen wir dann im Gasthaus beim Bier beisammen. Wir kamen abseits der Arbeit ungezwungen ins Gespräch. Das Handy war uns gar nicht mehr so wichtig.

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