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Blumengroßmärkte

Einfacher wird es nicht

Für die Blumengroßmärkte (BGM) war 2024 ein recht durchwachsenes Jahr. Der für das Beet- und Balkongeschäft überaus wichtige Monat Mai fiel nicht nur sprichwörtlich ins Wasser. Die BGM-Verantwortlichen und Erzeuger hoffen auf eine bessere Saison in diesem Jahr.

von Martin Hein, Hamburg erschienen am 08.04.2025
Jürgen Kuhl (links), Kräuterproduzent und Vorstandsmitglied des BGM Köln, sieht Folgen der Betriebsschließungen im Gartenbau: „Es wird viel Wissen verloren gehen“. © BGM Köln/Wüstemann
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Die Blumengroßmärkte haben 2024 eine relativ stabile Situation erlebt. Der Gesamtmarkt für Blumen und Pflanzen konnte laut AMI-Daten sogar einen leichten Zuwachs verzeichnen. Allerdings weist Michael Schoser vom BZG in Frankfurt am Main darauf hin, dass dieser Umsatzanstieg mit einer geringeren Anzahl verkaufter Einheiten erreicht wurde. Dies deutet darauf hin, dass das scheinbare Wachstum hauptsächlich auf Preiserhöhungen zurückzuführen ist, während der Markt in Bezug auf die Verkaufsmenge tatsächlich schrumpft. Schoser betont zudem, dass diese Preisanpassungen häufig nicht ausreichen, um die gestiegenen Produktionskosten der Erzeuger vollständig zu kompensieren.

Die lieben Preise

Der Blumenmarkt verzeichnete auch 2025 einen deutlichen Preisanstieg. Enzo Cozzolino, Erzeuger und Großhändler am Blumengroßmarkt Karlsruhe, berichtet von signifikanten Preissteigerungen bei Eustoma. Im März erreichte der Großhandelspreis zeitweise 1,70 Euro, während er im Vorjahr noch zwischen 1,10 und 1,40 Euro lag.

Rainer Obermeyer vom Blumengroßmarkt Ulm kritisiert das „manchmal schon übertriebene Preisniveau“ auf dem Markt. Andreas Fagin vom Blumengroßmarkt Hamburg hebt die Problematik der sogenannten Schwellenpreise hervor, bei deren Überschreitung viele Verbraucher ihre Kaufbereitschaft verlieren. Er berichtet von einem Test, den ein Erzeuger in einem Hamburger Edeka-Laden durchgeführt hat: Ein 10er Bund Tulpen wurde für 9,99 Euro angeboten. Der Versuch musste rasch abgebrochen werden, da die nachgeorderten Stückzahlen auf die Hälfte des üblichen Volumens zurückgingen.

Die Preise sind ein aktuelles Top-Thema auf den Blumengroßmärkten. Die Aussichten für die nächsten zehn Jahre werden intensiv diskutiert. Im Februar wurden die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht, die sich mit den Auswirkungen des laufenden Renteneintritts der Baby-Boomer beschäftigte. Danach werden in den nächsten zehn Jahren rund ein Drittel der im deutschen Gartenbau Beschäftigten in Rente gehen. Was passiert dann?

Wenn viele Betriebe aufhören

„Eine Gärtnerei ist nur sehr schwer zu verkaufen“, so Andreas Fagin. In den Hamburger Anbaugebieten gäbe es noch etwa 100 Gartenbaubetriebe, in fünf Jahren könnten es rund 30 weniger sein“. In vielen Familienbetrieben würde mit Blick auf den anstehenden Renteneintritt und ohne geklärte Nachfolge wenig investiert.

Kein Nachfolger, kein Käufer: Da ist als „dritte Fruchtfolge“ die Umwandlung in Bauland eine denkbare Alternative. Für die Region Ulm sieht Rainer Obermeyer das als schwierig an: „Ich kenne einige Beispiele, wo dies selbst in Siedlungen, die rund um Gartenbaubetriebe entstanden sind, unmöglich war“. Was macht das mit Menschen, die ihren Lebensabend über den Verkauf des Betriebs oder zumindest über die Veräußerung des Grundstücks finanzieren wollten?

Jürgen Kuhl, Kräuterproduzent und Vorstandsmitglied des BGM Köln, weist auf einen zusätzlichen Aspekt hin. „Es wird viel Wissen verloren gehen“. Wenn die in der Regel spezialisierten Betriebe schließen, wird auch das dahinterstehende Spezial-Knowhow verschwinden.

Das wird auch die Blumengroßmärkte beeinflussen und damit Strukturen, die gefühlte Ewigkeiten die Versorgung des Blumenfacheinzelhandel sichergestellt haben. Der BGM Karlsruhe feiert in diesem Jahr das 60-jährige, der BGM Köln sogar das 90-jährige Jubiläum.

Günter Hecker, Vorstandsvorsitzender des BGM Köln, sieht die Situation pragmatisch. „Wer überlebt, hat eine gute Perspektive“, sagt der Gartenbau-Unternehmer, der in großem Stil Schnittblumen produziert.

Günter Hecker: „Die, die überleben, haben eine gute Perspektive“.
Günter Hecker: „Die, die überleben, haben eine gute Perspektive“. © BGM Köln/Wüstemann

Platz auf den Blumengroßmärkten

Wohin es für Großmärkte gehen könnte, kann man in Köln erkennen. Die Stadt will den Obst- und Gemüsegroßmarkt zum Ende des Jahres schließen. Einer dieser Obsthändler hat einen neuen Standort auf dem Blumengroßmarkt gefunden. Ein weiteres Zusammenspiel beider Produkt-Segmente ist immerhin denkbar.

Auf mehreren Blumengroßmärkten gibt es freie Flächen. Etwa in Hamburg, wo aufgrund weniger Anbieter die Vermarktungsfläche komprimiert wurde und Platz freigeworden ist. Allerdings leiden die Obst- und Gemüsegroßhändler ebenso wie die Erzeuger und Blumengroßhändler unter dem durch den Systemhandel ausgelösten Strukturwandel. In Düsseldorf wurde zum Ende des vergangenen Jahres der Obst- und Gemüsegroßmarkt von der Stadt aufgelöst. Ein Argument: Die Nahversorgung der Bevölkerung ist durch die Konzerne des organisierten LEH (Lidl, Aldi, Edeka, Rewe) sichergestellt – und diese Unternehmen kaufen nicht auf Großmärkten. Im Blumenhandel sieht es nicht anders aus. Nach Zahlen der AMI werden drei Viertel der an Endkunden verkauften Schnittblumen über den Systemhandel veräußert. Und der kauft auch nicht auf den Blumengroßmärkten.

Floristen gründen Werkstätten

Das Geschäftesterben ist bei den Floristen, der größten Kundengruppe der BGM, ungebrochen. Zudem ist ein Wandel in den Geschäftstypen erkennbar. Bei den Neugründungen geht es zum beträchtlichen Teil um „Werkstätten“. Einzelkämpfer, die ohne Ladengeschäft sozusagen aus der Garage heraus Firmen- und solvente Privatkunden betreuen. „Etwa ein Drittel aller Neukunden waren in jüngerer Zeit Werkstätten“, berichtet Michael Schoser vom BZG in Frankfurt am Main. Der Wandel ist so deutlich, dass eigene Marketing-Tools für diese Zielgruppe entwickelt werden.

Die Floristen-Werkstätten beschäftigen sich fast ausschließlich mit Schnittblumen. Das für die Blumengroßmärkte so wichtige Pflanzensegment spielt keine Rolle. Zudem kaufen diese Kunden zu hundert Prozent bedarfsgerecht, da sie die benötigte Ware mengenmäßig im Detail kalkulieren können.

Und sie kaufen auch nicht selten online. „Speziell in Zeiten mit wenig Warenbedarf, etwa im Januar und Februar, sparen sich die Floristen den Weg zum Blumengroßmarkt und kaufen online“, beobachtet Hans-Georg Biller vom BGM in Mannheim. Auf den Blumengroßmärkten wird darauf reagiert. Enzo Cozzolino ist ein BGM-Anbieter, der jüngst einen Online-Shop eingerichtet hat. Und der Kölner BGM-Vorstandsvorsitzende Günter Hecker berichtet ebenfalls von solchen Überlegungen.

Wer verkauft künftig Blumen?

Ein Fazit zur Situation: Die Blumengroßmärkte stehen vor großen Herausforderungen. Als Gast auf der letzten Versammlung der Vereinigung Deutscher Blumengroßmärkte hat Enzo Cozzolino treffend zusammengefasst: „Blumen und Pflanzen werden auch in Zukunft sicher weiterhin verkauft. Fragt sich nur, von wem?“

Die hervorragenden Umsätze zum Valentinstag 2025 zeigten: Die Menschen wollen trotz Krisengejammer und hoher Sparquote nicht auf Blumen verzichten. Der Verkaufsort des Vertrauens ist nach wie vor der Blumenfacheinzelhandel. Der BGM Köln konnte seinen Umsatz in den drei Tagen vor dem 14. Februar 2025 um über 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Andere Blumengroßmärkte berichteten von ähnlichen Erfolgen. Sooo schlecht sieht es also nicht aus. Jetzt darf nur der Mai nicht wieder verregnen …

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