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JENS SCHACHTSCHNEIDERS PRAXISGEDANKEN

Das Feuer erhalten

Neue MitarbeiterInnen bringen meist ein wertvolles Motivationspaket mit. Wenn alles gut läuft, entwickelt sich daraus in den kommenden Monaten ein stabiles Beschäftigungsverhältnis und wir Chefs wenden uns zufrieden neuen Herausforderungen zu.
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Christoph Killgus
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Jens Schachtschneider (Jahrgang 1962) gründete nach dem Besuch der Meisterschule 1986/87 (Baumschule) eine Staudengärtnerei in Neerstedt. Er war unter anderem Präsident des Nordwestdeutschen Gartenbauverbands und Gründungsmitglied des Stauden Rings. Er ist verheiratet mit Maike, die beiden Söhne Torben und Finn sind mittlerweile in unternehmerischer Verantwortung in einem von zwei Betrieben des Unternehmens.

Jens, hast Du heute noch etwas Zeit für mich? – In dieser Weise vom Mitarbeiter angesprochen, laufen sogleich viele Gedanken durch den Kopf. Dankbar ist man, wenn es sich dabei nur um eine bewilligte Kur oder eine anstehende kleinere Operation handelt. Schmerzhaft wird es, wenn ein/e wertvolle/r MitarbeiterIn den Abschied ankündigt. Dafür kann es gute Gründe geben, die in keinem Zusammenhang mit der betrieblichen Situation stehen. Zugleich dürfen wir uns auch nichts schönreden. „Ich möchte einfach mal was Neues ausprobieren", heißt in der ehrlichen Übersetzung manchmal eben auch: „Ich glaube, dass es mir woanders besser gefallen könnte."

Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz ist eine Summe vieler Faktoren, die wir Arbeitgeber grundsätzlich kennen, aber nicht immer ausreichend beachten. Wertvoll ist bekanntlich ein regelmäßiger, persönlicher Kontakt. Keine leichte Aufgabe, wenn die Anzahl der Mitarbeiter über die Jahre stetig gestiegen ist. Um einen persönlichen Kontakt zu gewährleisten, führen wir Jahresgespräche mit jedem Mitarbeiter. Dabei zählt die persönliche Weiterentwicklung zu den wichtigen Inhalten. Aber wie setzt man diese konkret um?

Weiterbildung ist mehr als Fachwissen

Wenn eine Tagung oder Studienreise ansteht, zu der man sich Monate zuvor leichtsinnigerweise angemeldet hat, so ringen wir in den Tagen zuvor mit uns: Kann ich es mir zeitlich wirklich erlauben? Sollte ich nicht besser absagen? Von der unsichtbaren Kette losgelöst stellen wir fest, wie wertvoll es ist, sich mit Berufskollegen auszutauschen, andere Betriebe zu besichtigen oder an interessanten Vorträgen teilzunehmen. Mit einem Motivationsschub im Gepäck treten wir anschließend die Heimreise an. Dieses gilt auch für unsere Mitarbeiter: einfach mal aus dem Hamsterrad herausspringen und neue Impulse erhalten.

Mit unseren Partnerbetrieben des Stauden Rings organisieren wir seit vielen Jahren gemeinsame Weiterbildungen für die Mitarbeiter. Anfangs waren wir Betriebsinhaber einem Gedankenfehler aufgesessen: Uns war es überragend wichtig, dass die entsendeten Mitarbeiter möglichst viel Fachwissen tanken. Sie erhielten diverse Hinweise mit auf den Weg, schließlich sollte es ja keine Vergnügungsreise werden. Diese Fehleinschätzung oder gar Angst galt es zu überwinden. Natürlich sollen die Mitarbeiter inspiriert nach Hause kommen. Zugleich ist es uns inzwischen ebenso wichtig, dass die Teilnehmer sich auch auf der persönlichen Ebene austauschen, den Gartenbau in seiner Vielschichtigkeit kennenlernen und letztlich Spaß an diesen Tagen haben! Zu diesem Gesamtpaket zählt die Unterbringung in den gleichen Hotels, in denen die Chefs ihre Tagungen abhalten. In anderen Branchen völlig selbstverständlich, gehört eine Flugreise beispielsweise nach Wien dazu, wenn dort beim Partnerbetrieb die Veranstaltung stattfindet.

Bei uns Chefs kommt spätestens jetzt die Frage der Kosten auf. In der Tat ein sensibles Thema in einer Branche, in der vieles knapp kalkuliert ist und die Erträge überschaubar sind. Schnell kostet eine Weiterbildung mit der Seminargebühr und den Reisespesen in Verbindung mit den Lohnkosten einen vierstelligen Betrag. Eine gern gestellte Frage in diesem Zusammenhang: „Was ist, wenn der Mitarbeiter mich anschließend verlässt?" Dazu ist mir eine schöne Antwort in Form einer Gegenfrage in Erinnerung geblieben: „Was ist, wenn dieser Dich nicht verlässt?" Wenn die Maßnahme tatsächlich in die Tausende geht, halte ich eine schriftlich fixierte Vereinbarung für angemessen.

Zum Tea zur Queen

Nirgendwo lässt sich Team- und Weiterbildung, das Rauskommen und der Ausdruck von Wertschätzung besser verbinden als auf einer betrieblichen Studienfahrt. Die Vorbereitung und Umsetzung ist eine große Herausforderung. Über zehn Länder Europas haben wir in den Jahren bereist. Ausdrücklich waren dies keine Betriebsausflüge, sondern Weiterbildungsreisen. Nur so können wir sie im Jahresabschluss geltend machen. Dennoch ist es ein Spagat zwischen steuerrechtlichen Vorgaben und einem Programm, dass den Mitarbeitern zusagt. Besonders gut kommen Fahrten in die Berge an. Viele Pflanzen der Alpenflora haben Stammplätze in unseren Sortimenten. Diese an den Naturstandorten zu entdecken, ist nicht nur ein besonderes Erlebnis, sondern zugleich ein über jeden Zweifel erhabener gärtnerischer Programmpunkt. Auf unserer Englandreise zählte natürlich der weltberühmte Kew Garden zu den Reisezielen. Dieser ist 120 ha groß, so haben wir hierfür einen ganzen Tag eingeplant. Der Bus sollte uns gegen Abend wieder abholen und zurück zum Hotel bringen. Gleichzeitig habe ich darauf hingewiesen, dass der 17 ha Privatgarten des Königshauses am Buckingham Palace besichtigungswürdig sein soll. Wer also früher mit dem Kew Garden fertig ist, könnte versuchen auch hier noch Einlass zu erhalten. Abends hörte ich dann im Bus, dass alle Mitarbeiter in kleinen Gruppen – ausschließlich vom gärtnerischen Ehrgeiz gepackt – nachmittags der Empfehlung gefolgt sind. Die Grenadier Guards versperrten jedoch den Eingang und es wurde nichts mit dem Tea im Garten mit der Queen. So blieb noch etwas Zeit für Big Ben und Tower Bridge. Es gelingt nun mal leider nicht jeder gärtnerische Programmpunkt… Ein Blick auf die Kosten: Wir kalkulieren etwa 100 € pro Tag und Mitarbeiter für Bus, Drei-Sterne-Hotel, Eintrittsgelder und reichlich Proviant im Bus. Der Mitarbeiter zahlt selbst nur individuelle Dinge wie das Bier an der Hotelbar. Bei fünf Tagen sind es 500 €. Da wir alle zwei Jahren auf Tour gehen, sind das 250 € pro Jahr oder gut 20 € pro Monat – ein leistbarer Betrag! Ich gebe zu, die Umsetzung ist dennoch nicht einfach. Aber eine Tagesfahrt zur Landesgartenschau in Verbindung mit einem zweiten Programmpunkt lässt sich mit etwas gutem Willen organisieren.

Gute Weiterbildungsangebote finden

Anbieter von Weiterbildungen gibt es viele. Schön ist dabei ein räumlicher Abstand zum Alltag. Die Bildungsstätte Gartenbau in Grünberg bietet ein umfassendes Programm. Insider wissen, dass die abendlichen Gespräche in der Bayernstube ebenso wertvoll sind wie die Vorträge im Hörsaal. Geboten wird ein Rundumpaket, das besser kaum sein könnte. In Grünberg befindet sich zudem der Bundessitz der Junggärtner, die auch auf regionaler Ebene interessante Angebote vorhalten. Ebenso laden unsere Gartenbauverbände vor Ort regelmäßig zu Seminaren ein. Bei uns im Norden gibt es zudem die Landwirtschaftskammern, die für Mitarbeiter Schulungen anbieten. Wenn das Gesuchte nicht zu finden ist, kann man zu einem Thema Referenten einladen.

Eine Initiative im Norden

Gestatten Sie mir eine kleine Schleichwerbung für eine Initiative von drei Gärtnern aus dem Norden: Seit drei Jahren am Start ist „Die Pflanzenschule", die mit ihren Kursen gezielt Produktion, Dienstleistung und Handel im Gartenbau verbindet. Beispielsweise lernen Mitarbeiter im Einzelhandel bei Betriebsbesichtigungen, woher ihre Pflanzen kommen und welche Ansprüche diese im Garten haben. Im Schulungsteil werden Themen wie das Führen eines Beratungsgespräches, arbeitswirtschaftliches Denken oder körperschonendes Arbeiten vermittelt. Erstmals bietet „Die Pflanzenschule" am 19./20. August im Rahmen der „Oldenburger Vielfalt" ein Seminar gezielt für Betriebsinhaber und Führungskräfte im Ammerland an. Das Programm ist kurzweilig gestaltet. Nähere Information finden Sie unter www.diepflanzenschule.de.

Es gibt nichts Wertvolleres als Mitarbeiter

Wenn Sie mich abschließend fragen, ob wir im Betrieb aufgrund der vorgestellten Aktivitäten von begeisterten Mitarbeitern überflutet sind, so muss ich ehrlich einräumen: Nein, leider nicht. Und doch bin ich überzeugt, dass kaufmännisch betrachtet keine Anlageform eine höhere Rendite bringt, als die Investition in Mitarbeiter!

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