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Serie Jens Schachtschneiders Praxisgedanken (30)

Vom Allzeitnörgler und dem Arbeitskavalier

Im Betrieb kommen viele Charaktere zusammen. Jeder bringt seine Eigenschaften und -arten mit. Wunderbare und spezielle. Eine bunte Ansammlung von Menschen. Im Betrieb gilt es, zu einem Team zusammenzuwachsen.

von Text: Jens Schachtschneider, Neerstedt; Bild: Grünes Medienhaus/BVE erschienen am 06.09.2024
Es ist die große Aufgabe der Chefs und Führungskräfte, aus den unterschiedlichen Charakteren ein Orchester zu bilden, in dem jeder seinen Platz und seine Rolle findet. © Grünes Medienhaus/BVE
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Um die Herausforderung deutlich zu machen (und vielleicht auch uns selbst zu erkennen), nachfolgend eine Vorstellung der menschlichen Vielfalt. Alle Typen sind in männlicher Form vorgestellt, wohlwissend, dass es sie ebenso weiblich gibt.

Keiner kann es ihm recht machen, dem Allzeitnörgler. Und sollte es tatsächlich mal gelingen, so gilt es diesen Moment zu genießen und in Erinnerung zu behalten. Denn die Stimmung schlägt so schnell um wie das Wetter im Gebirge. Der Umgang ist nicht einfach. Man verspürt selbst Schuldgefühle und möchte seine Stimmungslage verbessern. Zugleich stellt man auf Dauer fest, dass dieses Ziel unerreichbar bleibt.

Ungleich angenehmer ist der Vierundzwanzigsiebenlächler. Kaum etwas kann seine gute Laune trüben. Jeder darf sich glücklich schätzen, der mit einem solchen positiven Gemüt ausgestattet ist. Ich habe schon mal scherzhaft gefragt, ob es ihn auch schlecht gelaunt gäbe. „Ja, aber nur selten und nur für kurze Zeitâ€, bekam ich zur Antwort. „Bleib wie du bistâ€, kann man da nur als Rückmeldung geben.

Kavaliere halten die Türe auf oder lassen den Einkäufer von nur zwei Artikeln an der Kasse vor. Es gibt allerdings auch welche, die anderen weniger beliebte Tätigkeiten überlassen. Der Begriff Arbeitskavalier ist für diese Kollegen eine schmeichelhafte Bezeichnung. Ein „Mitarbeiter†ist er jedenfalls nicht, denn genau die Mitarbeit vermeidet er bestmöglich. Er hält sich lieber in der Deckung und Reserve und tritt erst dann mit der gebotenen Vorsicht in Erscheinung, wenn er dazu aufgefordert wird.

Im Kontrast dazu gibt es den Arbeitsehendenzupacker. Davon kann man gar nicht genug im Betrieb haben. Sie wissen was zu tun ist – ohne jede Handlungsanweisung. Allerdings ist auch hier ein gelegentlicher Dialog ratsam. Ich erinnere mich an einen früheren Mitarbeiter, der während der stressigsten Versandzeit unterwegs überall noch Töpfe aufrichtete und zusammenrückte, sich dabei jedoch verlor und die vordringliche Tätigkeit stand nicht mehr im Mittelpunkt des Handelns.

Meinen Respekt gegenüber anderen drücke ich unter anderem mit eigener Pünktlichkeit aus. Diese steht für mich zudem für Zuverlässigkeit und sogar Glaubwürdigkeit. Daher haben es Späterkommer traditionell schwer in unserem Betrieb. Die Mitarbeiter kennen diese Macke des Seniorchefs, falls es denn eine ist. Es sei angemerkt, dass es um die sich unregelmäßig wiederholenden wenigen Minuten geht und nicht um Sondersituationen, in die jeder von uns geraten kann. Allerdings müssen wir Chefs die von uns erwartete Pünktlichkeit selbst vorleben – beispielsweise bei Lohnzahlungen.

Haben Sie auch in Ihrem Betrieb einen oder mehrere Chefbeiseitenehmer? Welch ein Glücksfall! Er ist überaus wertvoll, daher gilt es ihn zu schützen und zu pflegen. Auf keinen Fall dürfen wir ihn mundtot machen. Er gibt wertvolle Tipps, wenn man sich mit einer unbedachten Handlung oder Bemerkung in der Belegschaft oder gegenüber einzelnen Kollegen das Maul verbrannt hat. Denn „nobody is perfect†– schon gar nicht wir Chefs!

Wertvoll ist es, wenn man aus der Belegschaft Hinweise bekommt, dass es irgendwo im Betrieb brennt. Wichtig ist allerdings, sich zunächst selbst ein Bild der Situation zu machen und sich umzuhören. Sonst besteht die Gefahr, von einem Dramatiker in große Aufregung versetzt zu werden, der gerne aus einer Mücke den berühmten Elefanten erwachsen lässt. Im günstigen Fall hat ihn die Situation nur emotional stark berührt. Mit ein paar einfühlsamen Worten hat man das Feuer schnell gelöscht. Schwieriger ist es, wenn der Dramatiker selbst zum Zündeln neigt, also statt einen Feuerlöscher zu bedienen mit einer ungeschickten oder gar gewollten Kommunikation die Flammen erst so richtig entfacht.

Wertvoll sind unsere Seelentröster. Sie spüren, wenn jemand den Kopf hängen lässt oder werden direkt angesprochen. Eine vertrauensvolle Schulter, an der man sich anlehnen mag. Wo man sich offen aussprechen kann, der einem zuhört und ein Taschentuch parat hält, wenn eine Träne rollt. Sie treffen den richtigen Ton und wissen mit dem entgegengebrachten Vertrauen sorgsam umzugehen. Ebenso erkennen sie, wenn es gefährlich wird. Auch in diesem Fall wissen sie was zu tun ist. Wir sind sehr froh, einige Personen mit diesem großartigen Talent in unserem Betrieb zu wissen, die so manches Mal hilfreiche Unterstützung geben.

Kennen Sie die Spezies der Sichselbstnichtreflektierer? Sie betrachten kritisch ihre Umgebung, vielfach mit einem guten analytischen Vermögen ausgestattet. Jedoch gelingt ihnen nicht in vergleichbarer Qualität der Blick in den Spiegel. Wenn dieser zugleich zur Gruppe der Kritikblockierer zählt, so wird es kompliziert. Hinweise, und seien sie noch so gut formuliert, werden persönlich genommen. Dieses verbessert nicht die beidseitige Stimmung, zudem blockiert es eine positive Veränderung. Ganz anders sieht es mit dem Kritikerfolgreichumsetzer aus. Sie sind vergleichbar mit einer gesunden Jungpflanze, die nur gute Bedingungen wie Licht, Wärme, Nährstoffe und vielleicht einen Tonkinstab benötigt und schon entwickelt sich Prächtiges. Es sind die Führungskräfte von morgen, wenn sie es nicht schon sind. Ein Geschenk für jeden Chef und jedes Unternehmen.

Das anfängliche Mauerblümchen gehört zu meinen persönlichen Lieblingen im Betrieb. Man muss ihnen nicht schmerzhaft die Flügel stutzen, sondern braucht ihnen nur zu zeigen, dass sie welche besitzen und ein wenig Hilfestellung geben, diese zu entfalten. Schon fliegen sie los und erfreuen sich selbst und uns. Wichtig für sie ist ein harmonisches Umfeld, Zuspruch und Erfolgserlebnisse. Wo kann dieses besser gelingen als in einer Gärtnerei? Sehr bald entwickeln sie sich zu geschätzten Persönlichkeiten, die dem Betrieb oft lange verbunden bleiben. Es gilt jedoch achtsam zu bleiben. Auf atmosphärische Störungen reagieren sie weiterhin sensibel.

Eine wichtige und wertvolle Funktion hatte bereits im Mittelalter der Hofnarr. Er lockerte die Stimmung auf und mit einem lockeren Spruch wurden sich zuspitzende Situationen entschärft. Er besaß größere Freiheiten und durfte sich selbst gegenüber dem König Dinge herausnehmen, wofür andere in den Kerker verschwanden. Nicht jeder Spruch ist glücklich, jedoch vermisst man ihn, wenn diese Position unbesetzt ist.

Und dann gibt es noch den Grasnelkenblattzähler. Ihn findet man vermutlich in jeder Gärtnerei, selbst wenn keine Stauden kultiviert werden. Er will stets das Allerbeste für den Kunden und den Betrieb, ist allerdings wenig entscheidungsfreudig und besitzt scharfe Adleraugen. Er erkennt Unterschiede, wo andere keine feststellen können. In seiner Neigung zum Perfektionismus liefert er hervorragende Arbeit ab, allerdings leider nicht in der gewünschten Zeit.

Mitarbeiter können durchaus in mehrere Rollen der Auflistung schlüpfen. Positive und negative sowie weitere nicht aufgezählte. Es ist die große Aufgabe der Chefs und Führungskräfte, daraus ein Orchester zu bilden, in dem jeder seinen Platz und seine Rolle findet. Vielleicht auch jemanden herauszunehmen, für den im Ensemble kein Platz vorhanden ist. Eine ebenso anspruchsvolle wie wunderbare Herausforderung!

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