
Geschichte und Gestaltung in Chenonceau
Die Gärten von Schloss Chenonceau sind ein außergewöhnliches Beispiel für die Verbindung von historischer Gartenkunst, moderner Pflege und künstlerischer Innovation. Von den Renaissanceanlagen über die großzügigen Parkstrukturen bis hin zum zeitgenössischen Russell Page Garten spiegeln die Anlagen Leidenschaft für Pflanzen und Gestaltung wider.
von Christoph Killgus erschienen am 27.12.2024Im Schloss Chenonceau und seinen Gärten wird großer Wert auf die Pflanzenpflege und die Gestaltung der Außenanlagen gelegt. Aber auch im Schloss selbst finden sich überall Blumenarrangements, die wöchentlich ausgetauscht werden. Im Sommer stammen die Pflanzen dabei aus den schlosseigenen Gärten.
2Verantwortlich für die gärtnerischen Anlagen ist seit 2018 der US-amerikanische Gartenexperte und Gartendesigner Nicholas Tomlan. Er war von 2015 bis 2018 als Botanischer Direktor am Château de Chenonceau tätig und bringt seine langjährige Erfahrung ein, die er unter anderem bei den renommierten Longwood Gardens in Pennsylvania gesammelt hat.
Der Springbrunnengarten, ursprünglich von Katharina von Medici angelegt, hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Während in der Renaissance beispielsweise eine Voliere und künstliche Grotten Teil der Anlage waren, präsentiert sich der Garten heute im italienischen Stil, wie er Anfang des 20. Jahrhunderts gestaltet wurde. Die Beete dort werden zweimal jährlich neu bepflanzt. Die Herbstpflanzung bleibt dabei von Mitte Oktober bis Anfang Mai erhalten.
3Der Historische Garten geht auf Diane de Poitiers zurückgeht. Diane war Mätresse von König Heinrich II. von Frankreich und einflussreiche Adelige. Sie war maßgeblich an der Umgestaltung und Erweiterung des Schlosses beteiligt und ließ prachtvolle Gärten anlegen. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, einen Park anzulegen, da Überschwemmungen des Flusses Cher immer wieder die Flächen zerstörten, begann Diane mit der Anlage einer großen Terrasse. Die Befestigungen dafür wirken fast militärisch.
Der heutige Park, der im 19. Jahrhundert entstand, orientiert sich noch an den Strukturen des 16. Jahrhunderts. Das ist die Zeit, aus der auch alle Gebäude des Anwesens stammen.
Bemerkenswert ist, dass die Grundform des Gartens ursprünglich ein Kreuz war. Heute finden sich acht Dreiecke im Garten, was zur Renaissancezeit nicht üblich war, da damals meist nur rechteckige Formen verwendet wurden.
Der sandige Boden im Tal erfordert besondere Vorsicht bei der Pflanzenwahl, da bei Stürmen Bäume leicht umkippen können. Deshalb wurden viele Eichen gepflanzt.
4Während früher bis zu 50 Gärtner für die Pflege zuständig waren, sind heute noch sechs feste Mitarbeiter damit betraut. Auch die Technik der Fontänen im Schlosspark hat sich verändert. Dabei sind moderne Lösungen nicht unbedingt immer besser: Die frühere Druckpumpe arbeitete sehr zuverlässig, während die heutige Elektropumpe gelegentlich ausfällt.
5Ein besonderes Highlight der Schlossgärten ist der Russell Page Garten, der im Juni 2019 eröffnet wurde. Dieser Garten ist nicht nur Russell Page (1906–1985) gewidmet, einem der bedeutendsten englischen Gartengestalter des 20. Jahrhunderts, sondern auch François-Xavier Lalanne, einem französischen Bildhauer und Graveur, mit dem der Garten einen künstlerischen Dialog führt.
Die Gestaltung des Gartens basiert auf Originalzeichnungen Pages, die er einst für die Familie Menier – Eigentümer des Schlosses seit 1913 – angefertigt hatte, die aber damals nicht realisiert wurden. Unter der Leitung der Kuratorin Laure Menier und von Nicholas Tomlan wurde diese Vision verwirklicht.
Der Garten beeindruckt durch fantasievolle Tierfiguren von Lalanne, die eine poetische und verträumte Atmosphäre schaffen. François-Xavier Lalanne, als vielseitiger Künstler verwurzelt in alten französischen Traditionen, verband Disziplinen wie Stadtplanung, Ingenieurwesen, Architektur, Bildhauerei, Landschaftsgestaltung und Poesie und schuf eine künstlerische Welt, in der Humor und poetische Kraft nah beieinanderliegen.
Wasser ist für Russell Page ein zentrales Element, um Atmosphäre im Garten zu schaffen, und so spielt es auch in diesem Garten eine wichtige Rolle. Der Garten ist nicht nur ein botanischer Raum, sondern ein künstlerisches Werk.
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