Von Hannover nach Hohenheim
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Das ZBG wurde 1957 am Institut für Gartenbauökonomie der Leibniz Universität Hannover als „Arbeitskreis Betriebswirtschaftliche Beratung im Gartenbau", später „Arbeitskreis für Betriebswirtschaft im Gartenbau", gegründet. Die Finanzierung des gemeinnützigen, eingetragenen Vereins erfolgt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie durch die für die Landwirtschaft zuständigen Landesministerien. Sein bisheriger Sitz ist das Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der Universität Hannover. Demnächst nun zieht das ZBG an die Universität Hohenheim.
Seit Gründung geht es dem ZBG um betriebs- und arbeitswirtschaftliche Auswertungen, die Untersuchung von Buchführungsergebnissen von Einzelbetrieben und Entwicklung von Kennzahlen sowie die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, erläuterte Prof. Dr. Hartmut Stützel, Leibniz Universität Hannover und Vorstandsvorsitzender des ZBG. Das ZBG führte alle wichtigen Akteure zusammen: die Betriebe, Buchstellen, den Bund, später auch die Länder mit ihrem Beratungswesen und die Universität. Der Arbeitskreis erhielt die satzungsgemäße Aufgabe, die Gartenbaubetriebe durch Untersuchungen, Forschung und Schulung bei der Betriebswirtschaft zu unterstützen und Bund und Ländern Entscheidungshilfen zu liefern.
Jedes Jahr erschienen Kennzahlenvergleiche, Datensammlungen und Beratungsbriefe, um die Praxis zu unterstützen. Gartenbauerhebungen wurden ausgewertet und Studien zu aktuellen Fragestellungen angefertigt. Wichtig war die Integration in die Gartenbaufakultät der heutigen Leibniz Universität Hannover.
Der Gartenbau braucht die Wissenschaft
Die Universitätsleitung entschied mit dem zuständigen Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, die Forschung und Lehre für den Gartenbau in Hannover einzustellen. Dieser Beschluss steht im Widerspruch zu den Empfehlungen der Fachleute wie dem Wissenschaftsrat, der die Bereitstellung von 15 bis 20 Professuren für den Gartenbau als sinnvoll erachtet. „Dass nun alles anders kommt, gibt denjenigen Recht, die die Effektivität von Forschungsevaluationen infrage stellen", so Stützel, „Deutschland führt derzeit einen Großversuch in vivo zu der Fragestellung durch, ob Gartenbauwissenschaften überhaupt einen Platz an einer Universität haben sollten."
Stützel glaubt nicht, dass sich ohne Systemverständnis die Anbausysteme –wie gesellschaftlich und politisch gefordert – transformieren lassen. Schließlich gehe es um das Zusammenwirken von ökologischen, technischen und biologischen Komponenten sowie um Ressourcenschonung, Biodiversität, Nachhaltigkeit und sicherer Versorgung mit Nahrungs- und Zierpflanzen. Zudem seien wissenschaftlich ausgebildete Menschen mit Systemverständnis auch in Landesämtern und Ministerien gefragt. Der Gartenbau habe eine besonders hohe Anbauintensität und benötige einen hohen Kontrollaufwand. So sei es kein Zufall, dass der Nützlingseinsatz vor allem für gartenbauliche Kulturen erforscht wurde. Auch Bilderkennung und Robotik sei vor allem für Kulturen mit hohen Qualitätsanforderungen und hohem Wert relevant.
Das ZBG hat ab 1. Januar 2023 seinen neuen Standort an der Universität Hohenheim. Damit sieht Stützel das Fortbestehen des ZBG in einem exzellenten wissenschaftlichen Umfeld gesichert. Alle am Gartenbau Beteiligten sollten die Universität Hohenheim auf dem Weg zu Stärkung seiner gartenbaulichen Kompetenz unterstützen.
Eine Chance für Hohenheim
Das ZBG wird in Hohenheim an die Fakultät Agrarwissenschaften angegliedert, die laut Prof. Dr. Stephan Dabbert, Rektor der Universität Hohenheim, einzige Vollfakultät für Agrarwissenschaften in Deutschland, die tatsächlich noch alle Zweige der Landwirtschaft abdeckt. Dort wiederum wird das ZBG angebunden an das Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre.
Der neue ZBG-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Christian Lippert wird entsprechend der Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität und dem ZBG die wissenschaftliche Betreuung des ZBG übernehmen. Prof. Dabbert sieht in der Aufnahme des ZBG eine Chance, auch den eigenen Standort weiterzuentwickeln. Die drei Fakultäten Natur-, Agrar- und Wirtschafts- und Sozialwissenschaften konzentrieren sich auf bestimmte Forschungsrichtungen wie Bioökonomie und digitale Transformation. Ein Kernthema lautet, welche Rolle biologische Prozesse im Wirtschaftsprozess spielen.
Als Super-Lösung bezeichnete Cem Özdemir, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, in einem digitalen Grußwort den Umzug des ZBG nach Hohenheim. Das BMEL und die Länder werden laut Özdemir das ZBG weiter unterstützen, „denn der Gartenbau braucht auch in Zukunft ein starkes Standbein in unseren Universitäten."
Der Dekan der Agrarwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Ralf Vögele, möchte die Gartenbauwissenschaften langfristig etablieren, auch wenn nicht alle Bereiche abgedeckt werden können. Man sei auf einem guten Wege, könne aber kein Ersatz für Hannover sein. Langfristig sei ein Master-Studiengang Gartenbauwissenschaften in deutscher Sprache möglich. Externe Kooperationspartner könnten fehlende Module abdecken.
Das Leitbild der gut vernetzten, drittmittelstarken „Top-Agrarfakultät in Deutschland" beinhaltet Biodiversität sowie die Entwicklung nachhaltiger Verfahren in der Agrar- und Ernährungswirtschaft.
Betriebsvergleich zentrale Aufgabe
„Die Durchführung des Betriebsvergleichs war von jeher eine zentrale Aufgabe des ZBG", sagte dessen Geschäftsführer Robert Luer. Zusammen mit der Beratung und den Steuerkanzleien wird jedes Jahr aufs Neue daran gearbeitet, den politischen Entscheidungsträgern eine umfangreiche Datenbasis zum Gartenbau in Deutschland bereitzustellen. Der Betriebsvergleich 4.0 ist heute Herzstück des ZBG, dessen großer Mehrwert die Datenverdichtung auf der Startseite im Cockpit ist. Auch eine Ursachenanalyse bei geringer Rentabilität ist damit möglich. Aktuell plane man Schnittstellen zu gärtnerischer Software und anderen Datenbanken, um unterschiedliche Datensätze zusammenzuführen, was die Entbürokratisierung unterstützen kann und tiefergehende Auswertungen zum Beispiel zum Nachhaltigkeitscontrolling ermöglicht.
Diesjähriger Meilenstein war die vollautomatisierte Datenübertragung von Kassensystemen aus Endverkaufsgärtnereien. Das internationale statistische Jahrbuch „Flowers and Plants” (Blumen und Pflanzen) mit einer umfassenden Sammlung von Produktions- und Handelsdaten für die Zierpflanzen- und Blumenindustrie hat das ZBG im Auftrag der Interessensvertretungen für Zierpflanzenproduzenten AIPH (International Association of Horticultural Producers) und Union Fleurs (International Flower Trade Association) erstellt.
In turbulenten Zeiten sei der Bedarf an Daten hoch. Das zeigen die Anfragen in der Corona-Pandemie und der aktuellen Energiekrise. Die Kombination verschiedener Datenquellen sei auch in Zukunft ein wichtiges Aufgabengebiet.
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