
„Partnerschaften sind schon immer wichtig für Selectaâ€
Per Klemm ist geschäftsführender Gesellschafter der Selecta-one-Gruppe, weltweit führendem Züchter, Produzenten und Vermarkter innovativer Zier- und Nutzpflanzen. Seit geraumer Zeit engagiert er sich mit Gedanken und Kommentaren auf dem Portal LinkedIn, die immer wieder zu gutem Austausch führen. Das war Anlass für ein Gespräch am Unternehmenssitz in Stuttgart.
von Mit Per Ansgar Klemm sprach Christoph Killgus am 8. Mai 2025 am Unternehmenssitz in Stuttgart-Mühlhausen erschienen am 17.09.2025LinkedIn als Plattform für Austausch und Unternehmenskultur
Wie haben Sie LinkedIn für sich als Plattform des Austausches entdeckt? Per Klemm: Ich war zunächst einfach als Leser auf LinkedIn unterwegs und habe an der einen oder anderen Stelle etwas kommentiert. Allmählich kam die Motivation, selbst aktiv zu werden. Dann habe ich überlegt, wie ich die Themen Arbeitgebermarke und Attraktivität als Arbeitgeber nach außen und innen kommunizieren kann. Je weiter man in den Süden dieser Welt geht, umso mehr sind die Menschen digital unterwegs. Selbst Leute, die im Gewächshaus einfach in der Ernte sind, haben dort ein LinkedIn-Profil. Für mich ist LinkedIn auch eine Möglichkeit, an unsere 5.000 Mitarbeiter zu kommunizieren – viel direkter und niedrigschwelliger als über E-Mail. Das Ziel dabei ist immer, dass ich einen Impuls gebe, der die Mitarbeitenden betrifft. Mir ist wichtig, dass die Leute mitbekommen, wie ich denke, wie ich ticke, und möglichst einfach in Kontakt treten können. Eine E-Mail zu schreiben ist oft eine höhere Schwelle, posten oder kommentieren auf LinkedIn ist viel einfacher. Es erreichen mich darüber auch Leute, mit denen ich ansonsten kaum in Kontakt kommen würde.Förderung des internen Austauschs und Wertevermittlung
Wie nutzen Sie LinkedIn gezielt, um internes Engagement im Unternehmen zu fördern? Per Klemm: Ich gebe meinen Leuten auf LinkedIn Feedback zu ihren Posts und stärke sie damit. Das Zeichen dabei ist: Es ist ausdrücklich erwünscht, dass Mitarbeitende auch nach außen erzählen, was im Unternehmen passiert. Gleichzeitig ist klar, was öffentlich werden darf und was intern bleiben muss. Bei sensiblen Projekten gibt es Geheimhaltungsvereinbarungen, gerade wenn Patente entstehen sollen. Ich bestärke andere außerdem, indem ich positive Kommentare abgebe. Wenn jemand einen negativen Kommentar von mir lesen würde, würde der sich vermutlich überlegen, ob er sich noch einmal ähnlich äußern wird. Es geht mir auch darum, Werte zu vermitteln. Ich will einen Eindruck davon geben, wo wir hinwollen und wofür wir stehen. Ich bekomme direktes Feedback. Neulich hat mir jemand aus seinem Netzwerk eine Nachricht weitergeleitet von jemandem, der meine Posts offensichtlich liest und meinte: „Es gefällt mir, wie die bei Selecta one denken. Ich glaube, das Unternehmen ist in guten Händen.†Das zeigt, dass LinkedIn tatsächlich Wirkung hat.Bedeutung von LinkedIn für das Recruiting und Außenwirkung
Wie beeinflusst LinkedIn das Bild Ihres Unternehmens, insbesondere im internationalen Kontext? Per Klemm: Gerade in Ostafrika, wo wir mit unseren Produktionsstandorten sind, nutzen viele Menschen LinkedIn, mehr als etwa in Deutschland oder Holland. Viele unserer aktuellen oder zukünftigen Mitarbeiter lesen Posts. Das hat einen direkten Einfluss darauf, wie unser Unternehmen wahrgenommen wird. Wenn beispielsweise unser Produktionsleiter in Kenia, ein Franzose, nach kurzer Zeit einen positiven Post über die Arbeitsbedingungen absetzt, ist das für potenzielle Bewerber eine enorme Werbung und zeigt, dass bei uns ein gutes Klima herrscht. Das hat für die Zielgruppe vor Ort einen deutlichen Effekt. Genau solche Posts erreichen Menschen, die überlegen, ob sie zu uns kommen sollen.Außerdem entstehen durch LinkedIn durchaus auch persönliche Kontakte, die ökonomische Vorteile bringen können. Nach einem meiner letzten Posts sind drei Finanzierungspartner direkt auf mich zugekommen und haben nach einer Zusammenarbeit gefragt. Das ist ein unmittelbarer ökonomischer Nutzen.
Durch LinkedIn entstehen durchaus auch persönliche Kontakte, die ökonomische Vorteile bringen können. Per Klemm
Innovation und Partnerschaften im Unternehmen
Selecta setzt stark auf Partnerschaften, auch international. Können Sie Beispiele dazu nennen?Per Klemm: Partnerschaften sind fester Bestandteil unserer DNA. Seit den 1960er Jahren hat mein Vater internationale Kooperationen aufgebaut, damals mit Israel und Italien. Das war gerade, was Israel betraf, für einen deutschen Unternehmer sehr ungewöhnlich.. Die holländischen Mitbewerber produzierten damals noch im eigenen Land. Wir sind früh Partnerschaften eingegangen.
Ein weiteres Beispiel ist die Ãbernahme von Stawest Ende der 90er Jahre und der Aufbau von Züchtungs- und Vertriebspartnerschaften in vielen Ländern. Im Züchtungsbereich arbeiten wir eng mit einem Spin-Off der University of Sydney zusammen. Seit über 15 Jahren entwickeln die Kollegen für uns vor allem Mandevilla und Verbenen, die wir dann weltweit exklusiv vermarkten. Die Lizenz teilen wir, und die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend – besonders, weil akademisches Know-how einfließt.
Wichtig ist unsere exklusive Vertriebspartnerschaft mit Ball in den USA und Kanada. Seit 2009 läuft der umfassende Vertrag, inzwischen mehrfach verlängert. Wir arbeiten eng und vertrauensvoll zusammen. Das war im Markt so nicht erwartet worden und ist für beide Seiten ein großer Gewinn.
Unsere Offenheit für Partnerschaften unterscheidet uns von einigen Mitbewerbern. Wir pflegen enge, auf Augenhöhe funktionierende Beziehungen. Diese sind ein wichtiger Bestandteil für unseren Erfolg.
Züchtung und Herausforderungen: Klimawandel, Pflanzenschutz und Marktmechanismen
Wie wirken sich Klimawandel und neue regulatorische Anforderungen auf Ihre Züchtungsstrategie aus? Per Klemm: Im Zierpflanzenbau gibt es zwei große Treiber für Innovation: Erstens die starke Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Zweitens die Anpassung an den Klimawandel – also die Entwicklung von Sorten, die abiotischem und biotischem Stress besser standhalten. Bei der Züchtung im Gemüsebau wird ein Mehrwert, etwa durch Resistenzen, klar vergütet. Saatgut kostet in dem Fall mehr, weil höhere Erträge möglich sind. Im Zierpflanzenbau gibt es diesen Mechanismus leider noch nicht: Der Mehrwert zeigt sich da in der Regel im Marktanteil und viel zu selten im Preis. Das ist ein Kernproblem, weil die Ertragskraft der Betriebe unter Druck gerät. Beim Klimawandel geht es nicht nur um Trockenheit und Hitze, sondern auch um Extremniederschläge. Die Pflanzen müssen viel robuster werden. Manche Kulturen wie Impatiens sind zeitweise komplett verschwunden, bis widerstandsfähige Sorten kamen. Viele Produkte werden sich im Portfolio verschieben: Was heute funktioniert, könnte in zehn Jahren unbrauchbar sein – und neue Kulturen wandern durch Züchtung ins Sortiment der Zierpflanzengärtner. Der Verbraucher kennt heute oft gar nicht mehr die Herkunft und die Verwendung von Pflanzen. Die Ansprüche sind gestiegen, alles muss sofort perfekt aussehen. Aber die Bereitschaft, Mehrwerte auch zu bezahlen, ist kaum vorhanden.
Im Zierpflanzenbau gibt es zwei große Treiber für Innovation: Erstens die starke Reduktion von Pflanzenschutzmitteln.Zweitens die Anpassung an den Klimawandel. Per Klemm
Engagement im globalen Süden: Verantwortung und soziale Projekte
Sie engagieren sich in Ostafrika und betonen Bildung und Beschäftigung. Wie setzen Sie diesen Anspruch konkret um? Per Klemm: Unser Engagement in Ostafrika verbindet soziale Verantwortung mit nachhaltiger Unternehmensentwicklung. Wir sehen klar eine Verantwortung für die Menschen in der Region. Unsere Mitarbeitenden sollen so abgesichert sein, dass sie sich und ihre Familien versorgen können, ohne jeden Tag existenzielle Sorgen zu haben. Ein praktisches Beispiel: Nach dem Kauf von La Villetta in Kolumbien haben wir für die Farm Arbeitsbusse eingeführt, um die langen Anfahrten vor allem der weiblichen Mitarbeitenden zu verkürzen, und bieten Mittagessen auf der Farm an. Am Standort in Wagagei in Uganda betreiben wir eine eigene Klinik, die jährlich 40.000 Patienten versorgt und 400 Geburten durchführt. Für externe Patienten gilt eine etwas höhere Gebühr, für Mitarbeitende weniger. Jeder zahlt etwas, damit die Leistung auch wertgeschätzt und nicht ausgenutzt wird. Wir sind Fairtrade-zertifiziert und verkaufen entsprechende Produkte. Vor Jahren haben wir überlegt, alle auf der Farm produzierten Stecklinge über Fairtrade in den Handel zu bringen und auf jeden Steckling nur 1 Cent aufzuschlagen, also hin bis zum Einzelhandel es bei dem einen Cent zu belassen. Die „Fairtrade-Marge†von 1 Cent in der Wertschöpfungskette sollte, so war der Gedanke, an die Mitarbeitenden durchgereicht werden. Das hätte einen viel stärkeren Hebel ergeben, ohne dass dies bei Verbrauchern zu einer erkennbaren Belastung geführt hätte. Das wollte der Einzelhandel aber nicht. Heute geben wir die erhaltenen 5 Cent pro Weihnachtsstern direkt und vollständig an die Mitarbeitenden weiter. Das Beispiel eines unserer Mitarbeiter zeigt, was möglich ist: Dieser hat als Supervisor in Kenia begonnen, war später General Manager in Äthiopien und verdient inzwischen das gleiche wie ein europäischer Kollege. Im Verlauf hat er ein MBA-Studium absolviert, finanziert durch uns. Dadurch konnte er auch seinen drei Kindern jeweils eine universitäre Ausbildung ermöglichen. Solche Karrieren sind die effektivste Form von Entwicklungshilfe – nicht über externe Gelder, sondern durch wirtschaftliche Teilhabe.Internationalität im Management und kulturelle Kompetenz
Wie spiegelt sich Ihre internationale Ausrichtung in der Führungsstruktur wider? Per Klemm: Unser Extended Management Team umfasst 30 Führungskräfte aus vielen Ländern wie Kenia, Äthiopien, Kolumbien, Frankreich, Griechenland, Spanien, Holland, Italien und Deutschland. Für uns zählt: Wir sind kein Unternehmen aus Stuttgart mit 15 Entscheidern, sondern wirklich international organisiert. Wer die Kultur vor Ort versteht, nimmt Anforderungen anders wahr.Bei einem Fest in Kenia haben unsere Teams typische Alltagsszenen nachgestellt: Die Unterschiede zwischen kenianischer und ugandischer Kultur waren für alle sichtbar und spiegeln den Umgang im Alltag wider. Unsere Mitarbeiter vor Ort bringen ihre eigenen kulturellen Prägungen ein . Das kann etwa der Stellenwert von Gemeinschaft, Religion oder Leistungsorientierung sein. Das bereichert den Arbeitsalltag.
Wer die Kultur vor Ort versteht, nimmt Anforderungen anders wahr. Per Klemm









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