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Mitarbeiter finden

Woher nehmen und nicht stehlen?

Längst hat sich die Aufgabe, Auszubildende oder gar fähige Führungskräfte für den eigenen Betrieb zu finden, zur ganz großen Herausforderung entwickelt. Das gilt für ganze Branchen ebenso wie für einzelne Unternehmen. Wenn dabei etwas feststeht, dann das: Es gibt keine Patentlösungen!

von Text: Christoph Killgus erschienen am 14.09.2024
Der Ball, motivierte Mitarbeiter zu finden, liegt heutzutage mehr denn je beim einzelnen Betrieb und nicht bei der Branche insgesamt. © Grünes Medienhaus/FvRH
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Noch vor gar nicht so vielen Jahren war das Thema Mitarbeitermangel eines, das von Experten auf Vorträgen zwar klar und deutlich angesprochen wurde, im Alltag aber – so lange es eben noch nicht superdrängend war – meist doch bis auf Weiteres wieder zur Seite gelegt wurde. Man mag über dieses Verhalten klagen, es ist ein typisch menschliches, wie wir an so manch anderer drängender Baustelle sehen.

Kein branchenspezifisches Problem

Mittlerweile ist der Mangel an Mitarbeitern mit Macht überall angekommen. An Restaurants selbst in beliebten Urlaubsregionen finden sich Hinweise auf reduzierte Öffnungszeiten, weil nicht genügend Kräfte für die Küche und den Service vorhanden sind. Kindertagesstätten müssen ihre Betreuungszeiten einschränken, manchmal sehr kurzfristig, was Familien vor enorme Probleme stellt. Im öffentlichen Nahverkehr und bei der Deutschen Bahn werden teils von jetzt auf nachher Verbindungen gestrichen – als Begründung reicht dafür tatsächlich krankes oder einfach fehlendes Personal aus. Bis vor wenigen Jahren wäre so etwas allenfalls als Witz verstanden worden. Besonders herausfordernd ist die Situation in der Pflege und im medizinischen Bereich, wo man auf Hilfe angewiesenen Menschen nicht einfach kurzfristig absagen kann.

Für den Gartenbau ist es kein Trost, dass er mit dem Mitarbeitermangel nicht alleine ist – im Gegenteil: Der Blick auf die anderen Branchen macht klar, dass der Wettbewerb gerade um motivierte angelernte Teilzeitkräfte, die in der Lage sind, sich schnell einzuarbeiten, erst noch ordentlich Fahrt aufnehmen wird. Und gerade diese Mitarbeiter gewinnen für die Zukunft immer mehr an Bedeutung!

Teilzeitkräfte und Quereinsteiger im Blick

Zu den Branchen-Entwicklungen gehört, dass sich die Nachfrage nach dem Grad der Qualifizierung sehr verändert hat und sicherlich weiter verändern wird. Haben Gartenbau-Betriebe früher wesentlich davon gelebt, dass es Mitarbeiter mit einer guten Gärtner-Ausbildung gab, die durch Meister, Techniker und Ingenieure im Betrieb ergänzt wurden, sieht die Realität heute anders aus. Durch die starke Technisierung mit vielen Vorteilen benötigen Betriebe nur wenige hochqualifizierte, motivierte und besonders einsatzbereite Mitarbeiter mit der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Für die verbleibenden Handarbeiten ist dagegen keine mehrjährige Ausbildung mehr nötig – es reicht, wenn motivierte und arbeitsbereite Leute gefunden werden, die auch aus einem ganz anderen Beruf kommen können. Nicht selten sind das Frauen (und zunehmend auch Männer), bei denen eine Teilzeitmitarbeit gut zu ihrer Phase der Familienentwicklung passt. Und die Erfahrung zeigt: wer sich in einem anderen Beruf bewährt hat, ist in aller Regel auch als Quereinsteiger ein guter Kollege!

Im Grunde ist das keine schlechte Entwicklung: Bei der Suche nach Mitarbeitern muss man sich nicht auf die eigene Branche beschränken. Im Gegenteil: Lieber einen motivierten, mitdenkenden und anpackenden Quereinsteiger als einen Gärtner, der diese Eigenschaften in etwas weniger ausgeprägter Form mitbringt. Mit Ausnahme freilich der wenigen unbedingt nötigen hochqualifizierten Leitungspersonen, die sich teils kaum mehr finden lassen.

Allgemein-Werbung für die Branche reicht nicht

Was uns bei der Herausforderung nach Mitarbeitern im Gartenbau (leider) nicht weiterbringt ist die Meinung, man könne diese Aufgabe als Branche lösen. So hilfreich ein gewisses Grundrauschen ist, das den Gärtnerberuf beispielsweise attraktiv in sozialen Medien darstellt, so wenig nutzt es freilich dem einzelnen Betrieb. Zumal die werbenden Angebote gerade für junge Leute aus allen möglichen Richtungen kommen.

Angesprochen wurde die zunehmende Bedeutung von Quereinsteigern. Hier gibt es einen zunehmenden Bedarf an neuen qualifizierenden Angeboten. Die klassische Berufsausbildung ist dafür nicht zielführend: Zum einen dauert sie viel zu lange, um Interessenten schnell zu vollwertigen Mitarbeitern zu machen. Zum anderen bleibt die Bezahlung während der Ausbildung hinter dem zurück, was Quereinsteiger erwarten. Hier brauchen wir Kurse, die als Bausteine nötiges Wissen schnell und praxisorientiert vermitteln. Dass heutzutage über digitale Angebote und Online-Kurse ohne Reise- und Unterbringungsaufwand viel möglich ist, kommt dem entgegen.

Eine Denkherausforderung für unsere Branche (im übrigen auch für andere Branchen) besteht also darin, das Heil für die Zukunft nicht mehr ausschließlich und vielleicht noch nicht einmal überwiegend in den klassischen Ausbildungswegen zu sehen und zu suchen, sondern offen zu werden für modularisierte Schulungsangebote – und diese auch zu entwickeln. Dieses Umdenken fällt uns vor allem deshalb schwer, weil wir hierzulande völlig zu Recht stolz waren und sind auf die über Jahrzehnte bewährte duale mehrjährige Berufsausbildung.

Jeder Betrieb ist gefragt

Der Ball, Mitarbeiter zu finden, liegt heutzutage beim einzelnen Betrieb und nicht bei der Branche insgesamt. Das zeigt sich daran, dass wir im Gartenbau nicht wenige Betriebe haben, die sich wirklich schwer tun, Mitarbeiter zu finden. Es gibt aber auch solche, die berichten, sie hätten damit noch nie Schwierigkeiten gehabt. Die Arbeitsbedingungen, die Atmosphäre in einem Betrieb, die Offenheit für individuelle Wünsche des Mitarbeiters und natürlich auch die Höhe der Entlohnung werden im Zweifelsfall eine viel größere Rolle gerade für Quereinsteiger spielen als die Frage, ob eine Branche im allgemeinen attraktiver ist als eine andere.

Es ist erfreulich und mutmachend in der Praxis zu hören, dass man mit flexiblen Arbeitszeiten, die heute so hohen Stellenwert haben, gute Erfahrungen macht und da viel mehr möglich ist, als man vor Jahren gedacht hätte. Auch hier helfen die digitalen Möglichkeiten. Per Handy und mit Nachrichten- und Arbeitszeit-Apps lässt sich ohne großen Aufwand auf individuelle Wünsche eingehen, ohne dass ein Betrieb organisatorisch untergeht und den Überblick verliert.

Kinder für Pflanzen und Natur  begeistern

Im Blick gerade auf Gelegenheitsmitarbeiter und Quereinsteiger empfiehlt es sich für Betriebe, mit fantasievollen Aktionen Kinder und Jugendliche anzusprechen und damit auch etwas für die eigene Zukunft zu tun. Manche Gärtnereien haben zum Beispiel die Chancen entdeckt, die das Programm der „Europa Minigärtner“ mit sich bringt und öffnen ihre Türen für Kinder, die regelmäßig in den Betrieb kommen und die gärtnerische Arbeit dort kennen und lieben lernen. Die Anfrage nach einem Ferienjob während der Schul- und Studienzeit ist später nicht weit – und möglicherweise bleibt hier und da auch jemand als Azubi hängen.

Ehrenamtlich Engagierte tun sich leichter

Die für viele Betriebe drängendste Frage ist: Wie bekomme ich einen engagierten Betriebsleiter oder Produktionsleiter? Ein Patentrezept gibt es nicht. Wesentlich ist eine gute Vernetzung innerhalb der Branche. Wo man sich über die Betriebe hinweg kennt, ergeben sich leichter Möglichkeiten, geeignete Personen auf eine freie Stelle anzusprechen. In unserer Zeit ist es ein wenig aus der Mode gekommen, sich berufsständisch zu engagieren – schnell heißt es: Ich habe genügend im eigenen Betrieb zu tun, vom Einsatz für einen Verband verspreche ich mir wenig. Die Wahrheit ist – wer ehrenamtlich tätig ist, kennt mehr Kollegen und wird sich unterm Strich leichter tun, neue Mitarbeiter zu finden. Übrigens auch deshalb, weil ehrenamtliches Engagement die eigenen Kommunikationsfähigkeiten fördert, die wiederum dafür wichtig sind, mit Mitarbeitern gut umzugehen.

Der Strohhut ist so schlecht nicht

Um noch einmal auf den Gartenbau insgesamt zu kommen: Schon immer wird da von manchen in der Branche bedauert, dass unser Beruf ein Strohhut-Image habe, das nicht mehr stimme. Natürlich gibt es Gründe für diese kritische Sicht – und wer mit technikinteressierten jungen Leuten spricht, wird darauf verweisen, dass der Gartenbau genügend Betätigung mit Maschinen, Geräten, mit Steuerung und Robotern bietet.

Gleichzeitig gilt: Kern der Faszination für unseren Beruf ist und bleibt die Pflanze und die Bechäftigung mit ihr. Der berühmte und bei manchen von uns so unbeliebte Strohhut ist bei vielen anderen durchaus positiv besetzt. Wenn eine etwas romantische Vorstellung von unserem Beruf Menschen dazu motiviert, in der Gärtnerei wegen einer Ausbildung oder Mitarbeiter anzuklopfen, dann ist das wunderbar. Emotionen sind auch für Berufsentschiedungen nicht unwichtig – vielleicht sollten wir hier und da noch mehr dafür tun, dieses romantische Bild zu fördern?

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