
Torfreduzierung im Zierpflanzenbau geht in die nächste Runde
Das Projekt TerZ hat gezeigt: Im Zierpflanzenanbau ist eine Reduktion des Torfanteils in Kultursubstraten auf etwa 50 Vol.-% bei vielen Kulturen ohne Folgen für die Kultursicherheit und das betriebswirtschaftliche Ergebnis möglich. Mit weiter steigendem Torfverzicht nehmen die Herausforderungen jedoch zu. Diese nimmt das Nachfolgeprojekt TerZ 100 in den Blick.
von HSWT erschienen am 19.05.2025Voraussetzung für eine Kultur in torfreduzierten Substraten ist eine Anpassung der Kulturführung an die Erfordernisse der jeweiligen Substratmischung. Das Projekt TerZ zeigte, dass die Torfreduktion bei Kulturen wie Cyclamen und Poinsettien schwieriger ist als bei anderen. Außerdem steigen mit einem Torfverzicht von über 50 Prozent die Herausforderungen sprunghaft an.
Mit zunehmendem Torfverzicht und dem damit verbundenen vermehrten Einsatz von Grüngutkompost, Rindenhumus, Holzfasern und Kokosprodukten nimmt die Variabilität der chemischen, physikalischen und biologischen Eigenschaften der verwendeten Substrate immer mehr zu. Für die Betriebe bedeutet dies einen steigenden Aufwand aufgrund fortlaufender Kontrollen des Ernährungszustands der Kulturen und der Anpassung von Bewässerungs- und Düngestrategien. Hinzu kommen Herausforderungen beim Transport und der Vermarktung bis zum Endverbraucher, die bisher in der gärtnerischen Praxis keine Rolle spielten und in ihrer Tragweite derzeit noch nicht vollständig absehbar sind. Hier setzt das Projekt TerZ 100 an.
In fünf bundesweiten Modellregionen werden im Projekt TerZ 100 regionaltypische Zierpflanzenbetriebe bei der Umstellung auf eine weitestgehend torffreie Produktion unterstützt.
In fünf bundesweiten Modellregionen werden im Projekt TerZ 100 regionaltypische Zierpflanzenbetriebe bei der Umstellung auf eine weitestgehend torffreie Produktion unterstützt. Die Beratung der Betriebe zu auftretenden Schwierigkeiten und notwendigen Veränderungen bei der Bewässerung und Pflanzenernährung wird begleitet von engmaschigen Analysen der eingesetzten Substrate im Kulturverlauf.
Daneben werden in jeder Region Fragestellungen im Zusammenhang mit der Torfreduzierung im Topfpflanzenanbau unter die Lupe genommen.
Da mit den erhöhten Anforderungen der torffreien Produkte auch Anpassungen entlang der Wertschöpfungskette zu erwarten sind, untersucht eine sechste Projektgruppe die Handelsbeziehungen und Vermarktungswege der einzelnen Modellbetriebe, um diese im Blick auf die veränderten Produkteigenschaften zu optimieren.
Haltbarkeit und Qualität auf dem Vermarktungsweg untersuchen
Zur Sicherung der Produktqualität von Topfpflanzen in stark torfreduzierten Substraten insbesondere durch eine ausreichende Wasserversorgung auf dem Transportweg sowie am Point-of-Sale (POS) ist eine ganzheitliche Optimierung der Prozesskette während der Vermarktung erforderlich.
In Zusammenarbeit mit Produzenten und Vermarktungseinrichtungen wird die Haltbarkeit von Topfpflanzen während des Vermarktungsprozesses von den Landwirtschaftskammern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen untersucht. Neben der Simulation der Vermarktung in den Versuchseinrichtungen soll ein Teil der Pflanzen auf dem realen Vermarktungsweg messtechnisch begleitet werden. Unter anderem soll der Wasserversorgungszustand der Pflanzen kontinuierlich erfasst werden. Eine optische Bonitur nach dem Transport sowie der weiteren Entwicklung unter Endverkaufsbedingungen soll Rückschlüsse auf die Qualitätserhaltung der Pflanzen bis zum POS ermöglichen.
Stickstoff-Immobilisierung frühzeitig erkennen
Um Qualitätseinbußen oder gar Ausfälle durch die N-Immobilisierung bei Substraten mit zellulosereichen Ausgangsmaterialien wie Holzfasern zu vermeiden, wird von der LVG Hannover-Ahlem untersucht, wie mittels engmaschiger Substratanalytik bei verschiedenen Kulturen in den Betrieben rechtzeitig durch eine Anpassung der Düngung reagiert werden kann. Dazu werden Pflanzen in den Modellbetrieben und an der Versuchsanstalt kultiviert. Neben der Standarduntersuchung der verfügbaren Nährstoffe in den jeweiligen Substraten im Laufe der Kultur werden im Labor Brutversuche zur Charakterisierung des N-Haushalts der verwendeten Substrate angelegt.
Die Substratproduzenten der Betriebe werden in die Optimierung des Substrats und des gesamten Kulturverfahrens einbezogen, so dass zu Projektende Informationen zu den erforderlichen Anpassungen der Substrate und Kulturmaßnahmen bezüglich der Stickstoffversorgung der Pflanzen vorliegen.
Shelf-life ausgewählter torffrei erzeugter Zierpflanzen
Das LfULG in Dresden-Pillnitz und die LVG Heidelberg untersuchen gemeinsam den Einfluss der Torfreduktion und der Kulturführung auf die Haltbarkeit wichtiger Zierpflanzenarten beim Endverbraucher. Die Pflanzen werden in torfreduzierten oder torffreien Substraten einmal unter optimalen Wachstumsbedingungen kultiviert sowie definierten Stressfaktoren wie Lichtmangel, Trockenstress, Nährstoffmangel und -überschuss ausgesetzt.
Anschließend wird die Haltbarkeit beim Endkunden in Shelf-life Versuchen unter definierten Umweltbedingungen geprüft. Aus den Ergebnissen werden Empfehlungen zur Pflege abgeleitet, die den Gartenbaubetrieben als Grundlage für die Beratung ihrer Kunden dienen sollen.
Prüfung und Etablierung von Vor-Ort-Methoden zur Abschätzung des Nährstoffstatus‘
Das Projekt TerZ hat gezeigt, dass die regelmäßige Kontrolle des Nährstoffstatus‘ ein wesentlicher Baustein für den erfolgreichen Umstieg auf torfreduzierte Kultursubstrate ist. Allerdings bedeuten diese Analysen einen recht hohen Aufwand und manchmal stehen die Ergebnisse nicht schnell genug zur Verfügung. Eine sinnvolle Ergänzung zu den Laboruntersuchungen könnten daher Schnelltestverfahren sein, mit denen die Betriebe wichtige Kenngrößen wie den pH-Wert sowie den Salz- und Stickstoffgehalt selbst messen können. Zum Teil werden solche Schnelltests schon am Markt angeboten. Allerdings sind die Ergebnisse teilweise nur schwer interpretierbar.
An der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) sollen daher Schnelltestverfahren entwickelt werden, die zuverlässige Ergebnisse liefern und auf Grundlage der etablierten VDLUFA-Richtwerte interpretiert werden können. Nach Überprüfung der analytischen Leistungsfähigkeit werden die Schnelltests gemeinsam mit Modellbetrieben praxistauglich gemacht. Ziel ist es, den Betrieben Verfahren an die Hand zu geben, mit denen sie – ergänzend zu Substratanalysen im Labor – den Nährstoffstatus ihrer Kulturen engmaschig überwachen können.
Optimierung der Handelsstrukturen
Ein weiteres Team an der HSWT untersucht, welchen Einfluss die Torfreduktion auf die Ausgestaltung der Vermarktung hat, wie diese von Verbesserungen in der Kulturtechnik und Logistik beeinflusst wird und wie die Vermarktung betriebsspezifisch optimal gestaltet werden kann.
Zunächst wird durch die Befragung der Modellbetriebe sowie durch Dokumenten- und Prozessanalysen ein Verständnis der Handelsbeziehungen entwickelt.
Im zweiten Schritt sind strukturierte Interviews vorgesehen. Damit soll eine Risikobewertung der Anpassung der Kulturführung durch die Betriebe als Schätzer für die wahrgenommene Unsicherheit der Produktion und Vermarktung erfolgen. Neben den Produktionsbetrieben werden bei indirekter Vermarktung auch repräsentative Unternehmen aller weiteren Akteursgruppen analysiert.
Auf Basis der erhobenen Daten werden abschließend Handlungsempfehlungen für die Unternehmen erarbeitet, um auf Grundlage der im Projekt entwickelten Ansätze zur Optimierung des Produktions- und Logistikprozesses geeignete Vermarktungsstrategien auszuwählen.
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