„Gärtner müssen wieder mehr Gärtner sein"
Das Projekt TerZ (Einsatz torfreduzierter Substrate im Zierpanzenbau) soll helfen, die Torfanteile in den Produktionssubstraten im deutschen Zierpanzenbau zu senken. TerZ mit 24 teilnehmenden Produktionsbetrieben bendet sich im zweiten von vier Projektjahren (projekt-terz.de). Nach dem Stand der Dinge fragten wir die Koordinatorin Katja Arndt.
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DEGA GARTENBAU: Frau Arndt, Sie koordinieren das Projekt TerZ?
Katja Arndt: Ich habe zwei Funktionen in diesem Projekt. Ich bin zum einen Regionalkoordinatorin für die fünf teilnehmenden Betriebe hier in der Modellregion Nord. Ich begleite die Betriebe, indem ich etwa alle vier Wochen vor Ort bin, mit den Betriebsleitern durch die torfreduzierten Kulturen gehe und wir uns darüber austauschen. Wir schauen uns Pflanzen an, sprechen über die Kulturführung und eventuelle Anpassungen. Ich nehme auch immer Substratproben von diesen und den Vergleichskulturen im Standardsubstrat, um zu schauen, ob in der Analyse Unterschiede auftreten und zum Beispiel die Düngung angepasst werden muss. Wir sind insgesamt fünf Regionalkoordinatoren und Regionalkoordinatorinnen in Deutschland, die auf diese Art jeweils vier bis fünf Betriebe betreuen.
Die zweite Hälfte meiner Stelle beinhaltet die Gesamtkoordination deutschlandweit. Dabei geht es um die Abstimmung zwischen den Projektteilnehmern, Betrieben und dem Projektträger. Auch die Öffentlichkeitsarbeit spielt eine große Rolle, da wir die Ergebnisse aus der Praxis natürlich auch anderen Praxisbetrieben, die Interesse an einer Substratumstellung haben, zur Verfügung stellen möchten. Beispielsweise planen wir gemeinsame überregionale Informationsveranstaltungen.
DEGA GARTENBAU: Wie groß ist das Interesse von Seiten der Produzenten an dem Projekt TerZ?
Katja Arndt: Das Interesse ist groß! Die Produzenten spüren den von außen kommenden Druck immer mehr und verstehen, dass etwas getan werden muss. Die Projektbetriebe sind sich einig, dass es gut ist, sich auf diese Weise auf die Zukunft vorzubereiten. Dies spiegeln uns auch Betriebe, die zu unseren Informationsveranstaltungen kommen. Viele haben bereits eigene Erfahrungen mit torfreduzierten Substraten gesammelt. Man ist sich einig, dass eine Substratumstellung am besten in kleinen Schritten begonnen wird, um zunächst mögliche Änderungen in der Kulturführung in abgeschwächter Form zu registrieren. Dies erhöht die Kultursicherheit bei der Umstellung und die gemachten Erfahrungen fließen dann im nächsten Jahr bei einer weiteren Torfreduzierung positiv mit ein.
DEGA GARTENBAU: Gibt es bereits erste Ergebnisse?
Katja Arndt: Unser Projektziel mit maximal 50 Vol.-% Torf zu produzieren, haben dieses Jahr fast alle Projektbetriebe erreicht. Zwei Betriebe sind dabei etwas vorsichtiger, da sie den Gesamtbetrieb umstellen, was insgesamt auch machbar ist. Bei den Herbstkulturen wie Cyclamen und Poinsettien haben wir festgestellt, dass diese empfindlicher reagieren, wenn die Kulturführung nicht gut angepasst ist. Bereits im Vorjahr stellte sich heraus, dass die Torfreduzierung bei anspruchsvollen, länger stehenden Kulturen besonders in Kombination mit den extremen Witterungsbedingungen des Sommers 2020 durchaus zu Schwierigkeiten in der Produktion führen kann. Es gab hier neben Erfolgen auch Qualitätseinbußen und Ausfälle. Die enge Kulturbegleitung durch das Projekt war hier sehr hilfreich, um auf Veränderungen bei den pH-Werten und der Nährstoffversorgung im Substrat angemessen und rechtzeitig reagieren zu können.
Bei der Beet- und Balkonpflanzensaison sowie bei den Frühjahrsblühern hat die torfreduzierte Produktion überwiegend gut funktioniert und ist sehr gut zu bewerten. Teilweise mussten Bewässerung und Düngung leicht angepasst werden. Im Ergebnis waren keine bis geringe Unterschiede bei den fertigen Pflanzen zu beobachten.
DEGA GARTENBAU: Sind mit dem Projekt alle notwendigen Fragestellungen erfasst?
Katja Arndt: Nicht alle Fragen lassen sich mit dem Projekt umfassend beantworten. Wie ist das mit den Endverbrauchern? Wie gehen diese mit Pflanzen in torfreduzierten Substraten um? Müssen wir von Seiten der Gärtner informieren? Können die Verbraucher so einfach wie bisher mit ihren Pflanzen umgehen? Wie sind die Verbraucher bisher informiert? Vermutlich legen die Verbraucher ihren Fokus bisher eher auf Punkte wie Insektenfreundlichkeit, ein Thema, das bisher recht stark in den Endverkaufsbetrieben beworben wird. Mir wird aus den Betrieben gespiegelt, dass das Thema Torfersatz noch nicht in großem Maße bei den Verbrauchern angekommen zu sein scheint. In diesem Bereich ist aber bereits die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) tätig.
DEGA GARTENBAU: Wie sieht es mit den Kosten aus?
Katja Arndt: Die Frage kommt natürlich auch immer wieder auf und ist sehr wichtig für die Betriebe. Die betriebswirtschaftliche Begleitung durch das Projektteam TerZ-BWL am Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf unter Leitung von Prof. Dr. Krusche wird dieser Fragestellung nachgehen. Ziel der betriebswirtschaftlichen Begleitung ist es, aussagekräftige Erkenntnisse über die kulturspezifischen Kosten bei einem über mehrere Jahre begleiteten Umstieg auf stark torfreduzierte Kultursubstrate im Zierpflanzenbau zu gewinnen, um daraus die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Substratumstellung im Rahmen des TerZModell- und Demonstrationsvorhabens besser einschätzen und darstellen zu können. Hier fließen die Substratkosten, der zeitliche Aufwand in der Kultur, aber zum Beispiel auch Ausfälle mit ein. Bisher hat sich nach Auswertung der Daten aus der Einführungsphase 2020 gezeigt, dass unter anderem die preislichen Unterschiede bei den Substraten weniger zwischen den Kulturvarianten „Standard“ und „TerZ“ innerhalb eines Betriebes, als vielmehr zwischen den Betrieben an sich auftreten. In mehr als der Hälfte der Fälle jedoch waren die torfreduzierten Substratvarianten im Vergleich zu den Standardsubstraten teurer. Etwa ein Viertel der Betriebe bezahlte für das Standardsubstrat und das torfreduzierte Substrat den gleichen Preis. Bei einigen anderen Betrieben und Kulturen war das torfreduzierte Substrat wiederum preiswerter als das betriebseigene Standardsubstrat. Einfluss auf den Substratpreis haben eine Vielzahl von Faktoren wie Liefermenge, Substratzusammensetzung etc.
Vom Arbeitsaufwand her betrachtet, muss der Gärtner mit torfreduzierten Substraten näher an der Kultur sein, da diese Substrate oft ein weniger gutes Puffervermögen haben und die Nährstoff- und pH-Werte größeren Schwankungen unterworfen sind. Betriebswirtschaftlich liegen hier aber noch keine Auswertungen vor, die einen tatsächlichen zeitlichen Mehraufwand belegen würden.
DEGA GARTENBAU: Wie zuverlässig ist die Verfügbarkeit der neuen Zuschlagstoffe als Torfalternative?
Katja Arndt: Die bei einem Treffen anwesenden Substrathersteller sahen schon gewisse Schwierigkeiten, die alternativen Rohstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen, wenn plötzlich alle Gärtner ihr Substrat umstellen würden. Dazu meinte ein Berater treffend, dass sich bei vorhandener Nachfrage auch der Markt bilden wird. Wir müssen davon ausgehen, dass es künftig nicht mehr nur das eine Substrat, sondern eine große Variabilität geben wird. Es könnte auch sein, dass ein einzelner Gärtner nicht jedes Jahr das gleiche Substrat nutzen kann. Die Gärtner müssen wieder mehr Gärtner sein und wieder neue Erfahrungen mit den unterschiedlichen Substratzuschlagstoffen sammeln.
DEGA GARTENBAU: Wie geht es weiter nach Projektende im März 2023?
Katja Arndt: Überlegt wird, Beraterstrukturen für die Substratumstellung auszuweiten. Hierfür läuft derzeit ein Projektantrag bei der FNR. Auch über die Aufklärung der Verbraucher muss sicher nachgedacht werden.
Die Fragen stellte Dr. Gisela Fischer-Klüver, Hannover.
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