Vielfalt am Bodensee
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Dr. Jörg Hirsche, Leiter des Gartenbaureferats am Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in München verwies auf die Bedeutung derartiger Präsenzveranstaltungen. Sie vermitteln die Vielfalt des bayerischen Gartenbaus.
Nicht hektisch den Energieträger wechseln
Markus Konrad, Technikberater am AELF Augsburg, ging auf die Preisentwicklung gängiger Energieträger und die Energieträger der Zukunft ein. Durch den Angriffskrieg auf die Ukraine ist Gas zu einer Waffe geworden, rund die Hälfte des nach Deutschland gelieferten Erdgases kam bislang aus Russland. Die Preisexplosionen bis Mitte 2022 ließen Gas- und Strompreise auf das bis zu Zehnfache des Preises von Anfang 2022 steigen. Auch wenn die Zukunftsmärkte wieder deutlich moderatere Preise prognostizieren, haben sich viele Gartenbaubetriebe 2022 nach Alternativen umgesehen oder bereits umgestellt – oder stellen für 2023 solche Überlegungen an. Aufgrund des mit Abstand geringsten Wärmepreises geriet die Befeuerung mit Hackschnitzeln zunehmend in den Fokus. Die hohen Investitionskosten machen diesen Energieträger aber für die meisten Einzelhandelsgärtnereien unattraktiv.
Für die Energieträger der Zukunft mahnte Markus Konrad bei der Betrachtung zu mehr Vernunft. Weder Wärmepumpen noch Wasserstoff-Lösungen seien derzeit praxisstauglich und auch preislich nicht attraktiv. Seine Empfehlung zur Umstellung auf alternative Energieträger lautet, derzeit abzuwarten und lieber bei Themen wie Kultursteuerung und Kooperation nachzujustieren.
Preise mutig erhöhen
In gewohnt pointierter Art und Weise erinnerte Jörg Freimuth, Geschäftsführer des Bayerischer Gärtnerei-Verbands, daran, dass es in den letzten hundert Jahren immer wieder fundamentale Krisen im Gartenbau gegeben hat. Von Beschaffungskrisen über Energiekrisen (Ölkrisen) bis hin zu Absatz- und Vertrauenskrisen (Atomunglück in Tschernobyl, EHEC). Auch aus politischen und gesellschaftlichen Vorgaben haben sich schon Krisen entwickelt. Andere wie die Diskussion um den reduzierten Mehrwertsteuersatz kommen regelmäßig wieder.
Am Beispiel der Wasserknappheit verdeutlichte Jörg Freimuth, dass Krisen regional sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können. Während in Nordbayern diese Krise längst angekommen ist, sind die südlichen Regionen davon bislang weitgehend verschont geblieben. Mit dem Abtauen der Gletscher könne sich dies aber schnell ändern.
In den vergangenen Jahrzehnten haben Krisen immer dafür gesorgt, dass der Gartenbau geschrumpft ist. Für den bayerischen Gartenbau taxiert Herr Freimuth diesen jährlichen Aderlass auf zwei Prozent. Corona, Energiepreisexplosion, Inflation und Fachkräftemangel führten zu einer noch nie da gewesenen Müdigkeitskrise bei den Betriebsleiterinnen- und leitern. Schließlich appellierte Jörg Freimuth eindringlich an die Gartenbaubetriebe, über Preiserhöhungen nachzudenken. Die zuletzt gesehenen Erhöhungen um 8 bis10 Prozent würden nicht ausreichen.
Erfolg mit einem Unverpackt-Laden
Sophie und Markus Altmann, Gärtnerei Altmann in Hilpoltstein, haben vor zwei Jahren in 3. Generation ihre Gärtnerei übernommen ( www.gaertnerei-altmann.de ). Es stellte sich die Frage nach neuen Wegen. Die zündende Idee hatte schließlich Sophie Altmann: eine Endverkaufsgärtnerei mit Unverpackt-Laden („blumig bis unverpackt"). Auch wenn das Umfeld sie eher davon abbringen wollten, blieb das Ehepaar Altmann bei dem Vorhaben und begann im Sommer 2019 mit den Planungen. Bei der Finanzierung der Kosten für den Umbau (insgesamt rund 150.000 Euro) ging die Familie Altmann alternative Wege. Über ein Crowdfunding kamen in nur 30 Tagen gut 31.000 Euro zusammen. Auch über die Aktion „Obstbaumschnitt für 50 Euro" wurde Kapital generiert.
Ein altes Gewächshaus direkt im Anschluss an den Blumenladen, aber räumlich getrennt, dient seit Frühjahr 2021 als Unverpackt-Laden. Die gut 800 verschiedenen Produkte werden alle aus der Region bezogen oder sind biologisch produziert. Nicht der „reinen Lehre zu verfallen”, also nur unverpackte Ware zu verkaufen, sei ein notwendiger Kompromiss gewesen. Ohne eine Mitgliedschaft in einer Unverpackt-Kooperation wäre es nicht gegangen. Der Weg in die Gewinnzone nach drei Jahren ist das Ziel. Obwohl der Umbau mit den Hygieneeinrichtungen, Regal- und Kassensystemen, 80 Lebensmittelspendern, Käsetheke und Gemüsekühlung viel Geld verschlungen hat, sei der Unverpackt-Laden auf einem guten Weg und trägt aktuell bereits mit 25% zum Gesamtumsatz bei. Mit dem Alleinstellungsmerkmal „einziger Unverpackt-Laden im Landkreis” kann geworben werden. Instagram und Co. helfen. Die nach der Übernahme formulierten Ziele sind zu großen Teilen erreicht worden, der Weg war dabei beschwerlich und erforderte Mut. Die Belastungen durch die Übernahme des Betriebes, die Familiengründung und den Umbau ließen sich nur über die Begleitung durch einen Coach meistern.
Tulpen und viele Gräber
Am Rand von München führt Stefan Strobel zusammen mit seiner Gattin Sonja seit 2018 in 3. Generation einen Zierpflanzenbaubetrieb ( www.gartenbau-strobel.de ). Demut und große Beharrlichkeit zeichneten schon die beiden älteren Generationen aus. Die Nachfolger bleiben auf diesem Erfolgsweg. Auf insgesamt 5 Hektar Fläche (1,2 Hektar unter Glas/Folie) werden Topfpflanzen, Sommerschnitt, Herbstzauber und Weihnachtssterne kultiviert. Als Besonderheit werden im Betrieb 350.000 Münchner Tulpen produziert ( www.muenchnertulpe.de ). Neben dem Münchner Großmarkt zählen Landgard, Gärtnerkollegen und Baumärkte zu den Kunden. Heute können vier Familien vom Betrieb leben.
Das Betriebsgelände umfasste ursprünglich nur einen Hektar. Vater Rudolf ergriff vor einigen Jahren die Möglichkeit, direkt gegenüber weitere vier Hektar landwirtschaftliche Fläche zu erwerben, dies erwies sich als kluge Investition in die Zukunft. Im Jahr 2021 ergab sich für die Gärtnerei Strobel eine weitere Möglichkeit, in die Zukunft zu investieren. Von einem Gärtnerkollegen ohne Nachfolger konnten 3.000 Pflegegräber übernommen werden. In solchen Fällen tagt der sonst sich quartalsweise nur zusammenfindende Familienrat. Nun musste der Betrieb Strobel plötzlich mit gut 5.000 Pflegegräbern umgehen. Zum Glück konnten die meisten Mitarbeiter des Kollegen übernommen werden. Nun zählt die Gärtnerei Strobel über 50 Mitarbeiter. Durch die Übernahme der Pflegegräber ergaben sich viele Synergieeffekte. Das größte Risiko für seinen Betrieb sieht Stefan Strobel dabei im Wandel der Friedhofskultur. Zwischenzeitlich gibt es eine Zusammenarbeit mit einem der größten Bestatter vor Ort.
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