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Staudengärtnerei Klütz

Kleinod an der Ostsee

Anfang der 2000er-Jahre fand Julia Schmoldt über einen Abstecher im Ökolandbau schließlich den Weg zu einer eigenen Staudengärtnerei. Als Unternehmerin ist ihr wichtig, mit den Pflanzen und den Kunden zu arbeiten und nicht in erster Linie für Organisation und Büro.
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Margit Wild
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Der Weg in den Gartenbau war für Julia Schmoldt nicht vorgezeichnet: 1994 schloss sie in Großhansdorf bei Hamburg ihre Schulzeit mit einem guten Abitur ab. Damit stand ihr die berufliche Welt mit allen Studien- und Ausbildungsmöglichkeiten offen. Für die junge Frau mit zahlreichen Interessen war das allerdings eher Herausforderung. Entscheidungshilfe erhoffte sich Julia Schmoldt von einem Aufenthalt in Chile. Die Zeit dort war wertvoll, brachte in Sachen Berufsweg aber keinen Fortschritt. Zurück in Deutschland, setzte sie sich im Berufsinformationszentrum mit ihren Wünschen, Fähigkeiten und den Möglichkeiten auseinander. Die Arbeit mit Menschen stand dabei auf der Liste persönlicher Vorlieben ebenso wie die Freude an Tieren, an frischer Luft, Bewegung und Licht –„ich bin eine Sonnenanbeterin". So kam sie auf die Spur: „Gärtnerin – ja, das könnte das Richtige sein." Die Ausbildung in der Fachrichtung Blumen- und Zierpflanzenbau absolvierte Julia Schmoldt in der Gärtnerei Beier in Siek, die sie als „wunderschönen Familienbetrieb mit sehr netten Leuten" in Erinnerung hat.

Sprung in die Selbstständigkeit

Die Liebe führte Julia Schmoldt nach Mecklenburg-Vorpommern. Mit ihrem damaligen Partner startete sie an der Ostseeküste in die ökologische Landwirtschaft. Das nötige Wissen erwarb sie sich an an der Landwirtschaftsschule Rendsburg. Anschließend machte sie in Kleve noch einen Abschluss als staatlich geprüfte Landwirtin für ökologischen Landbau. Landwirtschaftsprojekt wie Partnerschaft entwickelten sich nicht wie erhofft. Zwischenzeitlich lernte sie ihren heutigen Mann kennen, einen Tierarzt.

Mit dem Verkauf von Stauden hatte Julia Schmoldt zuvor schon in kleinem Rahmen nebenbei angefangen, um die eher spärlichen Einnahmen aus der Ökolandwirtschaft zu ergänzen. Dazu gehörte ein Staudengarten. Mit ihrem neuen Partner wechselte sie den Ort. Die beiden wurden auf eine heruntergekommene alte Hofstelle aufmerksam – und wussten: das ist etwas für uns! Viel Arbeit war nötig, um das Anwesen auf Vordermann zu bringen. Möglich wurde das durch die Hilfe aus der Familie und von Freunden der alten wie der neuen Heimat. Förderlich zudem, dass ihr Mann in Klütz aufgewachsen ist, die Handwerker vor Ort kennt und seine Organisationsbegabung einbringen konnte.

An einem Oktoberwochenende halfen viele Freunde, die Pflanzen des vorigen Gartens umzuziehen. Die weiteren Gründungsjahre waren durchaus wild: 2003 kam das erste Kind zur Welt, die Gärtnerei wurde im Jahr darauf eröffnet. „Als der Sohn gerade mal 1 Jahr alt war, habe ich mit ihm auf dem Rücken hier viel gearbeitet und die Gärtnerei im Kleinen eröffnet mit vielleicht 150 verschiedenen Stauden."

Für Julia Schmoldt ist die Arbeit mit den Pflanzen schon immer motivierender als eine Bürotätigkeit: „Ich merke einfach, ich bin die Praktikerin, ich kann nicht stundenlang am PC sitzen – das geht für mich nicht!" Genau deshalb wollte und will sie mit dem Betrieb auch nicht immer größer werden. Denn das würde für sie als Unternehmerin bedeuten, sich auf Büro und Organisation konzentrieren zu müssen. „Ich wollte immer gärtnern und nicht nur wirtschaften!" Freilich heißt das wiederum viel Handarbeit. „Es macht bei uns gar keinen Sinn, irgendwelche Topfmaschinen einzusetzen." Viel wird über eigene Stecklinge, eigene Aussaat und Teilung aus dem Garten vermehrt.

Selbst und ständig

Ganz im Kleinen begann Julia Schmoldt ihre Staudengärtnerei. Selbst entscheiden zu können, das gefiel der Unternehmerin. Im Rückblick sieht sie auch die Stolperfallen, weil sich die Selbstständigkeit „auch recht gut verselbstständigen kann" und das Leben mehr als ganz ausfüllt. „Es gibt Tage, an denen ich einfach gern angestellt wäre in meiner eigenen Gärtnerei – mit früherem Feierabend, um bei gutem Wetter auch mal an den Strand zu gehen, statt am Abend im Büro noch an Aufträge, Bestellungen oder auch Unwettervorhersagen denken zu müssen." Als Selbstständige müsse sie auch der Versuchung widerstehen, perfektionistisch zu denken und zu handeln, weil es dafür einfach zu viel Arbeit gebe.

Die Selbstständigkeit war für die damals junge Familie nicht einfach. Es gab kein Babyjahr – „man musste immer gucken, dass es weiterläuft." Wenig Zeit miteinander zu haben, das war nicht einfach für die Kinder und für deren Eltern auch nicht. „Jedenfalls sind wir so nicht zu Helikoptereltern geworden", lacht Julia Schmoldt. In schöner Erinnerung hat sie, mit den damals kleinen Kindern immer vor Ort gewesen zu sein und dabei auch von dem gärtnerischen Anwesen mit seiner Atmosphäre profitiert zu haben.

Zwischendurch stellt sich immer auch mal die Frage: Wo hört die Arbeit mit Pflanzen auf – und wo fängt das Pflanzenhobby an? Das Gärtnereigrundstück ist gleichzeitig Privatgrundstück, auf dem die Familie lebt und der Schaugarten für die Kunden ist auch der Familiengarten. „Bewusst haben wir an manchen Tagen geschlossen und die Öffnungszeiten mittlerweile etwas zurückgefahren," erzählt Julia Schmoldt. An manchen Tagen ist der Schaugarten offen, aber es gibt keinen Verkauf, „sonst kommen wir mit der Produktion gar nicht mehr hinterher". Verkauft wird von Donnerstag bis Samstag.

Die Fläche von rund 1.500 m 2 ist aufgeteilt in einen Schaugarten, in dem es auch lauschige Sitzplätze gibt, und in einen Verkaufsbereich. Jeder Teil lässt sich jeweils für sich auch schließen, so wie es von den Umständen her nötig ist.

Gerne viel Zeit investieren Julia Schmoldt und ihre Mitarbeiter, um Kunden und Besucher zu beraten, denn dabei geht es um die Pflanzen und deren Verwendung, was Freude macht.

In der Urlaubsregion

Unter den Kunden sind viele Touristen. Das Ostseebad Boltenhagen liegt direkt vor der Haustür. Manche Touristen werden zu Stammkunden, die jedes Jahr zum Ende des Urlaubs noch vorbeischauen und mitnehmen, wofür das Gepäck noch Platz lässt. „Das sind Leute, die sagen: Bei uns gibt es einfach keine Staudengärtnerei mit Ihrer Auswahl." Landschaftsgärtner dagegen sind eher seltene Kunden. Dafür sind die Stückzahlen einzelner Sorten in der Gärtnerei zu klein. Außerdem bietet Julia Schmoldt für die Privatkunden lieber größere Pflanzen zu dann auch höheren Preisen an, mit denen Landschaftsgärtner nicht zurechtkommen – es sei denn, deren Kunden fragen ausdrücklich nach größeren Pflanzen, um im Garten schnell etwas zu sehen.

Eine große Scheune hat Julia Schmoldt dem Heimatverein zur Verfügung gestellt. Dort steht ein Kaffeeautomat für Kunden und Besucher.

„Gärtnerei der kleinen Stückzahlen"

Die kleine Gärtnerei, das will Julia Schmoldt auch bleiben. „Ich hätte gerade in der Coronazeit das Sortiment deutlich vergrößern und Gehölze und Rosen dazunehmen können – aber ich will bei den Stauden bleiben." Einjährige, Beet- und Balkonpflanzen gibt es ohnehin bei einem Kollegen am Ort.

Als „Gärtnerei der kleinen Stückzahlen" bezeichnet Julia Schmoldt ihren Betrieb schmunzelnd gerne selbst. Die Sortimentsbreite ist ihr wichtiger als die große Stückzahl bei einzelnen Sorten. „Wir haben ein großes Kräutersortiment, Steingartenpflanzen, Stauden für Schattenbereiche, Funkien, wir haben Gräser, die sehr beliebt geworden sind." Mittlerweile zählt bei der Sortenwahl auch mehr als früher: Was kommt mit dem regionalen Klima gut zurecht? Welche Pflanzen gedeihen auch bei Trockenheit und Hitze?

Bienen- und Insektenpflanzen gibt es in der Gärtnerei schon lange. Dass es über den Beeten surrt und schwirrt, ist der eindrücklichste Beweis dafür. Auf den selbst gefertigten Infoschildern wird darauf hingewiesen. „Bei den Leuten stelle ich da tatsächlich ein Umdenken fest. Mehr als früher fragen sie nach diesen Pflanzen. Da haben die Medien einiges erreicht!"

Der direkte Kontakt zählt

„Der Vorteil in der Gärtnerei ist für mich, dass die Kunden die Pflanzen hier erleben und selbst aussuchen können. Sie sehen die Pflanze nicht nur auf einem Foto. Nur in der Gärtnerei kann man auch den Geruch wahrnehmen! Glücklicherweise ist es bei Pflanzen schwieriger als bei anderen Produkten, den Verkauf zu digitalisieren", meint Julia Schmoldt.

In den Coronazeiten jetzt wurde sie schon öfter angefragt, ob sie Pflanzen nicht auch verschicken könne. Davon hält sie wenig. Sie sei kein „Internettyp" und findet es schade, wenn Innenstädte aussterben, weil der direkte Einkauf entfällt. Viel lieber pflegt sie den direkten Kontakt zu den Kunden.

Lange verwehrte sie sich einer Website für ihre Staudengärtnerei. Hier ließ sie sich von einem Praktikanten überzeugen, dass das sinnvoll ist – und hat festgestellt, dass tatsächlich viele Leute das Internetangebot nutzen und die Website für neue Besucher und damit mehr Umsatz sorgt. „Bei der Website musste ich einfach über meinen Schatten springen", grinst Julia Schmoldt.

Sie hat den Eindruck, dass das Gartenthema durch Corona gewonnen hat. „Viele haben gemerkt, wie schön ein Garten als Rückzugsort ist – und haben festgestellt, was in ihrem Garten noch fehlt. Wenn Leute nicht fortfahren können, machen sie es sich im Garten schön. Ich weiß nicht, wie lange dieser Trend anhält, aber mein Gefühl ist, dass es bleiben wird!" ist sie zuversichtlich.

Über manches Jahr hatte sie den Eindruck, trotz großem Einsatz nicht viel zu erreichen. Dass die Gärtnerei für Staudenfreunde besuchenswert ist, wurde durch Beiträge in Magazinen wie „Country" oder „Gartenflora" anerkannt und auch gefördert. In den ersten betrieblichen Jahren davor verteilte Julia Schmoldt viele Flyer. „Die Einheimischen haben uns unterstützt und ihre Gäste zu uns geschickt." Im Rückblick stellt die Unternehmerin fest: „Das hat alles Jahre gedauert. Man darf als Gründer einfach nicht zu früh aufgeben!"

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