Begriffe ohne Inhalt?
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Vor allem bei Modebegriffen wie „Bioprodukte“, „Biokost“ „Genfood“ oder „genfreie Lebensmittel“ habe ich so meine Zweifel, ob Erfinder und Anwender dieser Begriffe wirklich wissen, was sie da von sich geben. Eigentlich ist doch jedes Stück Fleisch oder jedes Stück Obst oder Gemüse ein Bioprodukt, denn das griechische Wort „bios“ bedeutet „Leben“. Und warum werden ausgerechnet Rapsöl und Zucker, gewonnen aus genetisch veränderten Raps- oder Zuckerrübenpflanzen, als Genfood bezeichnet, wo weder im Öl noch im Zucker Gene (Erbanlagen) vorhanden sind?
Es ist wohl so, dass man einen (wenn auch noch so blöden) Begriff nur oft genug wiederholen muss, um das zu erreichen, was Sprachwissenschaftler als Bedeutungswandel bezeichnen. So ist ein „Bioprodukt“ nicht mehr nur ein Produkt aus einem tierischen oder pflanzlichen Lebewesen, sondern ein nach ganz bestimmten Richtlinien erzeugtes Produkt. „Genmais“ (also ob es Maispflanzen ohne Gene gäbe!) ist ein Mais, dessen genetische Struktur verändert wurde. Genau genommen sind aber nur jene Spezialfälle gemeint, in denen Gene aus fremden Organismengruppen oder gar künstlich zusammengesetzte Gene eingeführt wurden.
Was ist ein „botanisches Insektizid“? Ist das der Knüppel, mit dem man Läuse erschlägt? Der wäre immerhin der Botanik zuzuordnen, weil er aus Holz ist und damit zu griechisch „botanikos“ = „pflanzlich“ gehört. Und ist mit „chemischem Insektizid“ vielleicht nur ein synthetisch hergestelltes Insektizid gemeint? Und das botanische Insektizid ist dann aus pflanzlicher Substanz gewonnen?
Vollends verwirrt mich das „biologische Präparat“. Hat ein in der Pflanze oder einem anderen Lebewesen vorkommender Bestandteil oder Inhaltsstoff, der ja selbst als Stoffwechselprodukt pure Chemie ist, nichts mit Biologie zu tun? Werden mit den Begriffen „botanisch“ und „chemisch“ gar keine Eigenschaften der Insektizide beschrieben, sondern deuten auf Herkunft oder Herstellungsverfahren?
Das Phänomen der schönen Begriffe ist sicher oft auf geringes Hintergrundwissen, um nicht zu sagen Halbbildung und Gedankenlosigkeit zurückzuführen. Aber müssen wir uns deshalb dieser Haltung anschließen oder nicht besser nachdenken, bevor wir solche Begriffe benutzen?
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