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Dicke Luft?

Mein Ficus benjamina, den ich vor Jahren wegen seiner frischgrünen Farbe und leichten Pflege als Zimmerpflanze gekauft habe, ist in der Öffentlichkeit plötzlich zu einem technischen Luftfilter geworden. Und was er alles kann: Luftschadstoffe wie Formaldehyd, Trichlorethylen, Benzol, Nikotin und Kohlenmonoxid vernichten, Sauerstoff erzeugen, Luftfeuchte erhöhen.

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Nachdem wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, dass Schadstoffe vor allem über den Wurzelbereich abgebaut werden, sind technische Meisterwerke auf dem Markt, die Raumluft mittels Ventilatoren ansaugen, durch das Substrat führen und gereinigt wieder entlassen. Technische Beschreibungen definieren die Leistung der Pflanze und werten den Pflanzenfilter als Problemlöser gegen Umweltgifte.

Bei mir macht sich da Skepsis breit. Unumstritten ist die luftreinigende Wirkung von Pflanzen. Das funktioniert draußen wie drinnen. Bei den Untersuchungen beispielsweise der NASA hat es sich aber um ein abgeschlossenes Innenraum-Ökosystem gehandelt – ohne nennenswerten Lufttausch. Ein kräftiges Lüften in der Praxis bringt da einige Unruhe in die Daten.

Ein Mensch benötigt pro Stunde bei mittlerer Arbeitsleistung etwa 30 Liter Sauerstoff. Eine Schefflera von 1,50 m Höhe produziert in der gleichen Zeit etwa einen Liter. Das würde bedeuten: 30 Schefflera für einen Menschen. Allerdings nur bei Tag und optimalen Licht- und Standortbedingungen. 30 Schefflera in einem Raum treiben die Luftfeuchte dermaßen in die Höhe, dass in kurzer Zeit erste Bauschäden entstehen.

Als Gärtner sollten wir uns überlegen, ob wir tatsächlich die wissenschaftlich untersuchten Leistungen von Zimmerpflanzen in den Vordergrund stellen und als Verkaufsargumente nutzen. Das gleiche gilt für Pflanzenfilter-Systeme, bei denen keiner weiß, ob der Kunde nicht genervt auf das Geräusch des Ventilators reagiert, ob alle Stoffe in harmlose Bestandteile zerlegt werden, oder ob der Filter eines Tages zum Sondermüll zählt.

Wir laufen Gefahr, etwas zu versprechen, was im Praxisalltag nicht eindeutig zu beweisen ist. Treten die gesundheitsfördernden Aspekte von Zimmerpflanzen beim Kunden nicht ein, machen wir uns unglaubwürdig.

Stellen wir doch Pflanzen lieber als das vor, weswegen sie gerne gekauft werden: als Dekorationselement, als Raumteiler und Sichtschutz, als Balsam für die Seele, um anderen ein Freude zu bereiten und um Natur in die eigenen vier Wände zu holen. Dass Pflanzen auch Sauerstoff produzieren, die Luftfeuchte erhöhen und Schadstoffe aus der Luft filtern, kann ja dann unverbindlich erwähnt werden.

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