Meinung: Nur Schwarz oder Weiß?
Wir alle wollen und sollen mündige Bürger sein, die zu jedem Thema eine Meinung haben. Das ist gut und auf dem Kontinent, auf dem wir leben, zum Glück wesentlicher Teil unserer Kultur. Manchmal geht mir diese Kultur aber zu weit, und zwar dann, wenn in ihr nur noch schwarz oder weiß gedacht und gesprochen wird. Die Graustufe, die oft einen Kompromiss enthält, fällt mittlerweile allzu häufig unter den Tisch. Auch die Medien, meine Kolleginnen und Kollegen, tragen dazu bei, dass die Graustufe immer seltener vorkommt.
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Um im Medien-Dschungel noch gehört zu werden, muss man immer lauter rufen und mit immer grellerer Aufmachung daherkommen. Wer dieses System verstanden hat, kann damit viel Aufmerksamkeit erreichen. Die Graustufe aber bleibt dabei auf der Strecke. Das funktioniert auch deshalb, weil die Zielgruppe – wir Verbraucher – in der Regel ein kurzes Gedächtnis hat. So kann man fast im Wochenrhythmus neue Säue durch das Dorf treiben.
Glyphosat ist im Gartenbau gerade so ein Thema, bei dem die Graustufe auf der Strecke bleibt und viele Interessengruppen immer wieder kreativ ihren Standpunkt vertreten. Jeder hat da seine eigene Wahrheit und propagiert sie. Um die Sache immer wieder anzuheizen, kommen dann so nette Themen wie Glyphosat im Bier passend zur politischen Diskussion auf den Tisch. Ein besseres Beispiel für das Schwarz-Weiß-Denken gibt es kaum. Aber, man höre und staune, es geht auch anders. So gibt es zu diesem Thema einen Vorschlag, der der Graustufe gleicht: Verbot des Wirkstoffs für den Haus- und Kleingarten, Reduzierung mit dem Ziel des Ausstiegs für die Profis mit gleichzeitiger Unterstützung zur Entwicklung neuer, praxisgerechter Methoden und eine Zulassung für eine festgelegte kurze Übergangszeit. Der Vorschlag findet sich in einem Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion und tauchte aus den Reihen dieser Partei bereits im Herbst 2015 auf. Mit diesem Kompromiss könnten vermutlich viele leben. Er ist weder einfach schwarz noch einfach weiß.
Wenn es um schwarz und weiß geht, müssen übrigens wir uns auch als Verbraucher selbst an die Nase fassen. Lippenbekenntnisse in Weiß, handeln dann in Schwarz. Anders lässt es sich kaum verstehen, dass zwar alle bereit sind, etwas für die Umwelt zu tun, aber die meisten letztendlich nicht gewillt sind, faire Preise für landwirtschaftliche Produkte zu zahlen. Dann schon lieber eine Spende für eine der NGOs, die die Missstände in unseren Augen anprangert.
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