
Wurzeln stärken, Zukunft gestalten
Anregende Gedanken, Impulse und der Blick über den eigenen Tellerrand – begleitet von lockerem Austausch: So zeigte sich der erste „Green Next“-Onlinekongress der grünen Branche. Veranstaltet wurde er am 26. und 27. August 2025 vom freien Beraternetzwerk 360 Grad über die Akademie-Plattform von beyond-flora mit Rupert Fey.
von Dr. Gisela Fischer-Klüver, Hannover erschienen am 09.09.2025Die Impuls-Tage für die Zukunft im Grünen Markt standen unter dem Motto „Wurzeln stärken, Zukunft gestalten“. Jeweils zwei Berater spielten sich die Bälle während eines Vortrags zu.
Erlebnisse schaffen
Die deutliche Konsumentenzurückhaltung im Handel trifft auch die Grüne Branche. Aufgrund der vorherrschenden Unsicherheit wird es in den kommenden Monaten voraussichtlich keinen Schub beim privaten Konsum geben, analysierte der Handelsexperte Prof. Dr. Thomas Vogler, Mercator Consulting, das HDE-Konsumbarometer. Zusammen mit dem Unternehmens-Coach Blumen- und Pflanzeneinzelhandel Andreas Sudeck, Sudeck-Concept, analysierte er den Markt der Grünen Branche.
Nach dem Plus für den Gartenbau während der Pandemie orientieren sich die Verbraucher um. Sie verschieben ihre Prioritäten weg von Pflanzen und Gärten in Richtung Urlaub.
Erfolgreich seien die Unternehmen, die ihren Kunden Erlebnisse bieten. Dazu gehören Gartencenter mit Gastronomie und Events. Der Bereich Floristik bleibe kritisch. Die Gastronomie erweist sich als positiv für Gartencenter, so das Fazit der Experten. Die Aussicht auf das Weihnachtsgeschäft sei eher gut, wohl auch, weil der Bereich Accessoires stark zugenommen hat.
Die Branche sollte verstärkt auf ihre Kunden zugehen. Die dafür nötigen Kundendaten seien allerdings oftmals kaum vorhanden. Hilflose Kunden auf der Verkaufsfläche führten zu Umsatzeinbußen. So solle mehr Aufklärung zu torfreduzierten Erden erfolgen. Denn wenn Verbraucher ihre Pflanzen nicht mehr so gut zum Wachsen bringen wie früher, kaufen sie weniger.
Wer sich auf seine Kernkompetenz fokussiere, gewinne Kunden langfristig zurück, so die Erfahrungen in der Floristik. Es gehe um das Punkten mit Kreativsortimenten statt Standardprodukten. Wichtig sei, die Kunden mit Pflanzen zurückholen.
Das Bild des Branchenbarometers ist uneinheitlich
Während 30 % der Gartencenter im Jahr 2025 ein Umsatzplus von etwa 15 % im Vergleich zum Vorjahr angaben, berichten 50 % von einem Umsatzminus. „Jeder Unternehmer hat es also selber in der Hand“, lautet die Botschaft. Betriebsgröße und -lage sind dabei keine Erfolgsfaktoren. Dagegen wirken auch kleinere Erlebnisse auf der Fläche zusammen mit guten Verkäufern. Zu Workshops in einem Endverkaufsbetrieb kommen viele zu zweit und kaufen hinterher noch ein.
Da Stauden und Baumschulpflanzen zu den größten Warengruppen zählen, riet Sudeck hier für ein stärkeres Marketing. Menschen über Social-Media in den Handel zu holen und eine Kundenbindung aufzubauen, sei dagegen schwer.
Es gibt Tendenzen und Bestrebungen, personallose Verkaufsstellen zu öffnen, berichtete Vogler. Innerhalb vieler Städte stehen viele kleine, oft frequenzstarke Ladenflächen leer, die genutzt werden könnten und gleichzeitig als Schaufenster für das außerhalb liegende Gartencenter dienen.
Die gestiegenen Kosten führetn dazu, dass mittlerweile auch gut geführte Betriebe in Schwierigkeiten kommen. Hier lautet die Empfehlung, die Mitarbeiter zu coachen und alle Kalkulationen genau anzusehen.
Die drei Gewinner-Tipps der beiden Vortragenden lauten:
- Sortimente gezielt auf Gewinnergruppen im Sortiment ausrichten,
- Erlebnis- und Zusatzangebote stärken und
- die veränderten Prioritäten der Kunden berücksichtigen.
„Beratung 360 Grad“ ist ein gemeinsames Projekt mehrerer unabhängigen Berater für den grünen Markt. Die seit 2021 aktive Gruppe startete während der Corona-Zeit mit ihren besonderen Herausforderungen.
Kein Unternehmen ist wie das andere. Auch jeder Berater ist einzigartig und blickt mit seinem eigenen Know-how und seiner Erfahrung auf das Geschehen. In diesen komplexen Zeiten bietet das Netzwerk umfassende strategische Unterstützung an. Die Berater setzen dabei auf die Kraft der Zusammenarbeit und des interdisziplinären Austauschs.
Erfolgsfaktor Kooperationen
Auch für Teilnahmer an einer freiwilligen Kooperation sind vertragliche Regeln nötig, klare Absprachen zu Rechten, Pflichten und Dauer, erklärte Rupert Fey, beyond-flora. Er beleuchtete mit Nicole Klattenhoff den Wert von Kooperationen im Gartenbau. Kooperationsmitglieder verfolgen gemeinsame Ziele wie Marktstärkung, Innovationen oder Kostenvorteile bei Gemeinschaftsbestellungen. Jeder soll profitieren, beispielsweise durch Ressourcenverteilung, Erfahrungsaustausch, Kosteneinsparung oder eine bessere Marktpräsenz.
Das Ziel der PlusPlants-Gruppe mit neun Betrieben zwischen Westerstede und Köln ist eine gemeinsame B2B-Marke für nachhaltige Produktion in Deutschland. Die marktfern gelegenen Betriebe erhöhen mit der Kooperation ihre Sichtbarkeit. Kunden werden angesprochen über gemeinsames Marketing, Kundentage oder Messen. Die Mitarbeiter der teilnehmenden Betriebe tauschen sich regelmäßig aus. Gemeinsame Projekte betreffen die Arbeitswirtschaft oder neue Kulturverfahren. PlusPlants setzt auch gemeinsame Markt- und Nachhaltigkeitsziele auf. Geschäftsführer Rupert Fey betonte die Bedeutung der Moderation, um den Zusammenhalt zu bewahren.
Nicole Klattenhoff ist unter anderem Geschäftsführerin der Kooperation Staudenring mit acht Betrieben im deutschsprachigen Raum. Synergieeffekte für die einzelnen Betriebe ergeben sich aus dem gegenseitigen Nutzen einzelner Kompetenzen, gemeinsamen Digitalprojekten, höherer Sichtbarkeit auf Social Media, Weiterbildung, Führungskräfteentwicklung und Verkaufstraining, Einkaufsvorteilen, aber auch dem Kennzahlenvergleich untereinander.
Die rund 30 Mitglieder der Kooperation Euro Plant Tray mit dem Ziel der Etablierung von Mehrwegtrays in Europa unter Beteiligung der gesamten Wertschöpfungskette bilden ein breites Spektrum aus einigen Gärtnern, mehreren Vermarktern, dem Einzelhandel und Verbänden. Die Finanzierung erfolgte über Crowdfunding mit rund 1.500 Teilnehmern, auch Privatleuten. Über 4 Mio. Euro kamen zusammen.
Die genossenschaftlich strukturierten Gärtner von Eden mit 48 Mitgliedern im deutschsprachigen Raum transportieren eine gemeinsame Marke an Privatkunden. Die Betriebe unterstützen sich gegenseitig. Ein Mitarbeiteraustausch bleibt aufgrund der gleichen Arbeitskleidung und der Fahrzeugbeschriftung nach außen unsichtbar. Es besteht kein Gebietsschutz, aber Mitglieder dürfen bei Neuaufnahmen ein begründetes Veto einlegen.
Kooperationen bringen Herausforderungen mit sich. Jeder Unternehmer muss sich an die Regeln halten und auch mal zurückstecken können. Vertrauen und Toleranz sind die Basis. „Das kann gleichzeitig ein Persönlichkeitstraining für Unternehmer sein“, so Klattenhoff. Fey berichtete von harten Diskussionen: „Aber am Ende gehen alle immer gemeinsam durch die Tür“. „Wenn die Menschen zusammenpassen, lässt sich vieles lösen“, ermutigte Fey. „Bevor wir uns die Betriebe ansehen, sehen wir uns die Menschen dahinter an“, ergänzte Klattenhoff.
- Kooperationsformen im Mittelstand: Analyse verschiedener Modelle und ihrer Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit (IfM Bonn, 2002)
- Kooperationen als Erfolgsfaktor – Wie Synergien die Innovationsfähigkeit steigern (DIN, 2023)
- Die Rolle von Netzwerken im Mittelstand – Bedeutung von Netzwerken für Wachstum und Entwicklung (Fraunhofer, 2023)
- Kollaboration im digitalen Zeitalter – Chancen und Herausforderungen durch digitale Technologien (ZEW, 2023)














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