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    Fachtagung Gartenbau 2025 in Mittelfranken

    Zukunftsweisende Trends und Strategien

    Das AELF Fürth-Uffenheim lud zur Fachtagung Gartenbau am 6. Februar 2025 ein. Experten präsentierten innovative Konzepte zu Sortimentsgestaltung, Nachhaltigkeit und digitalen Hilfsmitteln. Die Veranstaltung bot wertvolle Einblicke in die Zukunft der Branche.

    von Teresa Hausberger und Sophia Seidl, Referendarinnen AELF Fürth-Uffenheim erschienen am 08.04.2025
    Die Veranstalter und Referenten der Fachtagung Gartenbau von links: Thomas Lohrer, HSWT; Uta Hübner, AELF Fürth-Uffenheim; Eva-Maria Geiger, LWG Veitshöchheim; Simone Schüßler, Blumen Betz; Reinhard Steinhilber, Gärtnerei Steinhilber; Engelbert Kötter, freier Gartenbau-Marketingtechniker und freier Fachjournalist. © Gundula Holm, AELF Fürth-Uffenheim
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    Wie die Einzelhandelsgärtnerei der Zukunft gestaltet sein könnte und warum der Gärtner zunehmend die Rolle eines „Menschenbeobachters“ einnehmen muss, erläuterte Engelbert Kötter, staatlich geprüfter Gartenbau-Marketingtechniker und freier Fachjournalist. In seinem Vortrag thematisierte er die zentralen Herausforderungen und Strategien im Umgang mit den Pflanzen der Zukunft – sowohl „um ihrer selbst willen“, „um der Menschen willen“ als auch in der Endverkaufsgärtnerei.

    Der Klimawandel verändert die Vegetation grundlegend: Neue Arten entstehen, invasive Arten breiten sich aus, und es treten neuartige Schädlinge und Krankheiten auf. Doch auch das Verhältnis zwischen Mensch und Pflanze wandelt sich. Finanzielle Unsicherheiten und wirtschaftliche Krisen führen zu Kaufzurückhaltung, während Trends wie vegane Ernährung und Selbstversorgung die Pflanze stärker in den Fokus rücken. Viele Menschen suchen in ihrer häuslichen Umgebung nach Sicherheit und Selbsterfüllung. Pflanzen symbolisieren dabei Entspannung, Genuss und Lebensfreude. Diese veränderte Beziehung kann der Gärtner nutzen, um den Wert seiner Produkte zu kommunizieren.

    „Verkaufen war gestern – Beziehungspflege ist die Zukunft“ Engelbert Kötter

    Kötter verdeutlichte dies anhand des Sortiments der Einzelhandelsgärtnerei der Zukunft. Dazu zählen beispielsweise trockenheitsverträgliche Pflanzen oder strahlungsresistente Rosen. Moderne Züchtungen robuster Zierpflanzen, kombiniert mit Bewässerungsautomatik und Langzeitdüngern, bieten praktische Lösungen für Kunden. Der Mehrwert der Pflanzen wird immer wichtiger: Einige Pflanzen sind durch ihren dekorativen Wert besonders für Social Media interessant, andere fördern die Artenvielfalt oder eignen sich für Gemeinschafts- und Schulgärten. Ergänzende Angebote wie Rezepttipps zur Selbstversorgung, Blumen-Abonnements, Gartenworkshops oder Kräuterkochkurse machen Pflanzen zu einem umfassenden Lifestyle-Produkt.

    „Verkaufen war gestern – Beziehungspflege ist die Zukunft“, betonte Kötter. Es genüge nicht mehr, Ware lediglich anzubieten. Die Einzelhandelsgärtnerei werde zu einem Ort der Zuflucht, Entspannung, Bildung und Erlebnisse. Dabei rückt nicht nur die Pflanze, sondern vor allem der Kunde in den Mittelpunkt. In einer Zeit von Unsicherheit und Ängsten bietet der Gärtner Verlässlichkeit, Fairness und Ehrlichkeit. Als „Breitbandgärtner“ vereint er die Rollen des „Menschenbeobachters“ und „Pflanzenverstehers“.

    Wie entwickelt sich der Sommerflor?

    Eva-Maria Geiger, stellvertretende Leiterin des Instituts für Erwerbs- und Freizeitgartenbau an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim, gab den Gärtnern einen Einblick in die Entwicklungen der Beet- und Balkonpflanzenbranche. Der bisherige Trend, geprägt durch klassischen Balkon- und Gartenschmuck sowie die Bepflanzung von Gräbern und Verkehrsinseln, wird zunehmend spezialisierter.

    Zukunftsweisende Gartenpflanzen zeichnen sich durch Pflegeleichtigkeit aus Eva-Maria Geiger

    Eine Umfrage im Rahmen der Landesgartenschau 2023 in Freyung zeigte, dass Verbraucher beim Kauf von Sommerflor vor allem Wert auf trockenheitsresistente Pflanzen legen. Weitere wichtige Kriterien sind die Attraktivität für blütenbesuchende Insekten, eine anhaltende Blühfähigkeit über den Sommer sowie Pflegeleichtigkeit. Diese Aspekte sollten bei der Weiterentwicklung bestehender Kulturen und der Züchtung neuer Sorten verstärkt berücksichtigt werden.

    Geiger identifizierte zwei zentrale Trends für die Zukunft der Gartenpflanzen: „Homing & Slow Life“, bei dem das eigene Zuhause als sozialer Mittelpunkt dient, sowie die Klimatisierung von Städten durch Begrünung – beispielsweise durch Bäume als Schattenspender und Biotopvernetzung. In Österreich wurde hierzu der Ausbildungsberuf des Klimagärtners eingeführt, um Fachwissen zu ökologischen Grün- und Wasserflächen, Dach- und Fassadenbegrünung sowie naturnaher Gestaltung zu bündeln.

    Zukunftsweisende Gartenpflanzen zeichnen sich durch Pflegeleichtigkeit aus. Sie lassen sich gezielt produzieren, sind robust in der Anwendung und verfügen über Eigenschaften wie Selbstreinigung. Geiger betonte zudem die Bedeutung klimaresilienter Pflanzen, die auch unter veränderten klimatischen Bedingungen stabil bleiben. Ebenso relevant sind Pflanzen, die zur Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 beitragen, beispielsweise durch nachhaltige Produktion, Förderung von Biodiversität und Verbesserung des Stadtklimas.

    Ein weiterer Trend betrifft Selbstversorgerpflanzen, die zum Naschen einladen, sowie Pflanzen mit besonderem Social-Media-Potenzial, welche Lifestyle-Aspekte bedienen und Unternehmen ermöglichen, Kunden-Communities anzusprechen und sich im Markt abzuheben.

    Im Jahr 2024 führte die LWG Veitshöchheim Kultur- und Gartenleistungstests neuer Sortimente in Zusammenarbeit mit Züchtern, Jungpflanzenfirmen und Beratern durch. Getestet wurden Beet- und Balkonpflanzensorten, Sommerstauden sowie Kleingehölze. Für 2025 ist zudem die Aufnahme von Genusspflanzen geplant. Geiger präsentierte dem Publikum eine Auswahl an Pflanzen zu den genannten Trends. Weitere Informationen zu Sorten und Kulturtipps sind auf der Website der LWG verfügbar.

    Nachhaltigkeitsparcours in der Gärtnerei

    Reinhard Steinhilber, Inhaber eines Produktions- und Endverkaufsbetriebs in Neustadt an der Waldnaab, erläuterte die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie in seinem Unternehmen. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind für ihn zentrale Anliegen, die er aktiv vorantreibt.

    Die Nachhaltigkeitskriterien der Gärtnerei umfassen unter anderem die regionale Eigenproduktion, die seit 2018 vollständig pestizidfreie Produktion, den Einsatz natürlicher Pflanzenschutzmethoden durch Nützlinge, die Verwendung von Mikroorganismen sowie die Reduzierung des Torfanteils. Als Beispiel führte Steinhilber den Weihnachtsstern an, der ohne chemische Pflanzenschutzmittel hergestellt wird. Weitere Maßnahmen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie beinhalten ein Pfandkisten-System, LED-Beleuchtung im Verkaufsbereich, den Verzicht auf Folien in der Floristik, Werbung über eine Kunden-App, die Rücknahme von Töpfen zur Weitergabe ins Recycling, ein Pfandflaschen-System für Eigendünger, eine Pelletsheizung sowie die Nutzung von Regenwasser zur Bewässerung.

    Mit dem Weihenstephaner Modell ist eine energiesparende Klimaführung in der Zierpflanzenproduktion möglich Reinhard Steinhilber

    Auch im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus (GaLa-Bau) spielt Nachhaltigkeit eine bedeutende Rolle. Hier werden Upcycling und der Einsatz von Mikroorganismen groß geschrieben. Zudem engagiert sich das Unternehmen in der Sensibilisierung jüngerer Generationen für nachhaltige Pflanzenproduktion, beispielsweise durch Verkostungsangebote für Kindergärten und Schulen.

    Steinhilber zeigte anhand des Weihenstephaner Modells, dass eine energiesparende Klimaführung in der Zierpflanzenproduktion möglich ist. Je nach Jahreszeit und Sonneneinstrahlung können dabei bis zu 80 % der Heizenergie eingespart werden, ohne dass die Qualität der Pflanzen beeinträchtigt wird.

    Eine Besonderheit des Betriebs ist die „Lieblingspflanze“, eine eingetragene Wort-Bild-Marke mit Logo auf den Töpfen. Diese fungiert als hauseigene Marke und repräsentiert die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens.

    Erfolgreich (Fertig-)Sträuße verkaufen

    Wie sich Blumen und Pflanzen auf unterschiedlichen Absatzwegen erfolgreich verkaufen lassen, erläuterte Simone Schüßler, verantwortlich für die Floristik-Abteilung und den Verkauf bei Blumen Betz in Forchheim. Das Unternehmen beschäftigt derzeit sieben Mitarbeitende, darunter zwei Florist-Meisterinnen, drei Vollzeit-Floristinnen, eine Teilzeit-Floristin sowie eine Schülerin als Aushilfe. Als erfahrene Floristin mit über 25 Jahren Berufserfahrung gewährte sie wertvolle Einblicke in moderne Vertriebsstrategien und die Herausforderungen der Floristikbranche. Sie hob hervor, dass neben dem Direktverkauf der Blumenautomat und der Online-Shop bedeutende Umsatzträger sind.

    „Je bequemer ich es dem Kunden mache, desto lieber wird er bei mir einkaufen“ Simone Schüßler

    Besonderes Augenmerk legte Schüßler in ihrem Vortrag auf den Blumenautomaten, der seit 2022 direkt am Parkplatz von Blumen Betz steht. Mit zwölf Fächern und einer konstanten Temperatursteuerung ermöglicht er den Kunden, rund um die Uhr frische Sträuße in verschiedenen Größen zu erwerben. Die Einführung des Automaten brachte jedoch auch neue Anforderungen mit sich, wie einen erhöhten Straußbedarf sowie die regelmäßige Wartung und Befüllung – auch nachts und am Wochenende.

    Schüßler unterstrich die Bedeutung von Frische, Vielfalt und Verlässlichkeit: „Wer einen Blumenautomaten aufstellt, gibt seinen Kunden ein Versprechen“, betonte sie. Neben dem stationären Verkauf bildet auch der Online-Shop von Blumen Betz eine weitere Säule des Geschäftsmodells. Kunden können aus einer Bildergalerie wählen, individuelle Bestellungen aufgeben und ihre Sträuße entweder liefern lassen oder selbst abholen – im Laden oder am Automaten. Ergänzend wies Simone Schüßler darauf hin, dass Kunden ihre Sträuße aus einer möglichst großen Vielfalt an Schnittblumen nach ihrem persönlichen Geschmack auswählen und den gewünschten Strauß individuell in Auftrag geben können. Die Blumensträuße der Gärtnerei Betz werden daher bewusst als „Ideensträuße“ bezeichnet, nicht als „Fertigsträuße“.

    Der Blumenautomat mag zunächst wie eine große Herausforderung wirken und erfordert Vertrauen gegenüber den Kunden. Doch laut Schüßler zahlt sich dieses Engagement aus: „Hält man dieses Versprechen, macht ein Blumenautomat viel Freude.“ Abschließend fügte sie hinzu: „Je bequemer ich es dem Kunden mache, desto lieber wird er bei mir einkaufen.“

    Einsatz von ChatGPT in der Praxis

    Thomas Lohrer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) gewährte interessante Einblicke in die Möglichkeiten und Grenzen von ChatGPT. Zu Beginn seines Vortrags erläuterte er die Funktionsweise des KI-Chatbots und ging auf zentrale Herausforderungen wie Halluzinationen und Verzerrungen durch Trainingsdaten ein.

    Im Rahmen des Forschungsprojekts „Analyse und Bewertung des Einsatzes von KI-Chatbots wie ChatGPT in der gärtnerischen Praxis und Fortbildung (ACHOR)“ untersuchte die HSWT in vier Projektphasen die Nutzung von ChatGPT. Dabei wurden die erste Kontaktaufnahme mit KI-Chatbots, eine umfassende Testung der Funktionen, ein Faktencheck zur Verlässlichkeit der Antworten sowie die Auswahl und der Vergleich verschiedener Prompt-Techniken durchgeführt.

    Für ChatGPT gibt es praktische Einsatzmöglichkeit im Marketing, in der Kundenkommunikation oder bei der Erstellung fachlicher Texte Thomas Lohrer

    Lohrer hob insbesondere die praktischen Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT hervor, etwa im Marketing, in der Kundenkommunikation oder bei der Erstellung fachlicher Texte. Er betonte jedoch die Notwendigkeit einer kritischen Überprüfung der generierten Inhalte.

    Der Vortrag schloss mit einem Überblick über aktuelle Entwicklungen rund um ChatGPT sowie einem fortlaufenden KI-Newsletter für die grüne Branche. Abschließend stellte Lohrer fest, dass die Entwicklung der KI rasant voranschreitet und appellierte an die Zuhörenden, künstliche Intelligenz dort einzusetzen, wo sie sinnvoll genutzt werden kann.

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