Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Herbsttagung 2022 des Bundesverbands Zierpflanzen

Gemeinsam Wege aus der Krise finden

Möglichst viele Betriebsinhaber sollten Kontakte zu Politikern suchen und auf die Situation des Gartenbaus vor Ort aufmerksam machen. So lautete der Appell von Frank Werner, dem Vorsitzenden des Bundesverbands Zierpflanzen auf der Herbsttagung des Verbands Ende Oktober in Hamburg.
Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Sie arbeiten mit im Vorstand des Bundesverbands Zierpflanzen im Zentralverband  Gartenbau. Von links: Alexander Kientzler, Oliver Krebs, Leo Thissen, Jens Schachtschneider, Thomas van Megen, Christoph Schönges, Frank Werner, Bert Schmitz, Bernhard Klein, Eva Kähler-Theuerkauf, Stefan Fleischle; es fehlt der neu in den Vorstand gewählte Dieter Boland.
Sie arbeiten mit im Vorstand des Bundesverbands Zierpflanzen im Zentralverband Gartenbau. Von links: Alexander Kientzler, Oliver Krebs, Leo Thissen, Jens Schachtschneider, Thomas van Megen, Christoph Schönges, Frank Werner, Bert Schmitz, Bernhard Klein, Eva Kähler-Theuerkauf, Stefan Fleischle; es fehlt der neu in den Vorstand gewählte Dieter Boland.Dr. Gisela Fischer-Klüver
Artikel teilen:

Die nicht mehr vorhandene Energiesicherheit bereitet den unter Glas produzierenden Zierpflanzenbaubetrieben große Sorgen. „Die Energiekosten sind innerhalb der letzten zehn Monate in schwindelerregende Höhen gestiegen, das gilt inzwischen auch für nachwachsende Energieträger", so Werner. So sei der Preis für Holzpellets gegenüber dem Vorjahr auf das Drei- bis Vierfache gestiegen. Dazu kommt eine wachsende Unsicherheit auch bezüglich der möglichen CO 2 -Besteuerung. Der Umstieg auf neue Energieträger wird daher für den Gartenbau deutlich erschwert, obwohl viele Produzenten bereits den Schritt zu nachhaltigen Energieträgern getan haben.

Inzwischen schauen auch die Kunden näher auf die Produktionsweise von Zierpflanzen. Werner ist überzeugt, dass eine nachhaltige Produktion in naher Zukunft Voraussetzung für den Kauf von Blumen und Zierpflanzen sein wird.

Auch Versicherungen und Banken schauen zukünftig genauer auf eine nachhaltige Produktion. Fossile Brennstoffe im Betrieb bedeuten möglicherweise den Weg zu höheren Zinsen und Beiträgen, warnte Werner.

Praktikable Alternativen noch kaum ausgereift

Interessante Alternativen wie Wärmepumpen, Geothermie, Wasserstofftechnik, Agriphotovoltaik sind derzeit noch nicht ausgereift, so Frank Werner. Mögliche Energieeffizienzmaßnahmen wurden in den meisten Gartenbaubetrieben umgesetzt und ausgereizt, sodass sich hier kaum noch Energieeinsparungen realisieren lassen. Energie lasse sich nur noch durch Flächenstilllegung und -reduzierung erreichen. Es bleibe eine noch bessere Optimierung der Klimastrategien und eine mögliche Sortimentsänderung. Fraglich sei, ob der Absatz dann noch funktioniere.

Laut einer aktuellen Umfrage mit 1.000 Rückmeldungen aus dem Gartenbau sieht die Hälfte den Fortbestand ihres Betriebs kritisch. Die enormen Herausforderungen für den deutschen Gartenbau wurden bei einem parlamentarischen Frühstück des Zentralverbands Gartenbau (ZVG) an die Politiker vorgetragen. Das Thema Energie stand an erster Stelle.

Steigende Kosten und die Verfügbarkeit von Betriebsmitteln nannte Frank Werner als weitere Herausforderungen. Dies führe zu Auswirkungen auf den Pflanzenmarkt. Mittlerweile haben schon einige Gärtnereien ihre Produktionen gestoppt oder ausgesetzt. „Am Großmarkt Köln wird diesen Winter eine große Poinsettien-Menge fehlen", so Werner. Die Sorge, dass ein möglicher Verkaufspreis die Produktionskosten nicht abdecken kann, sei hoch. In diesen Zeiten sei das Verbraucherverhalten kaum noch vorherzusagen.

Mit Überzeugungskraft und Beharrlichkeit punkten

„In Krisenzeiten haben Blumen und Pflanzen noch immer ihren Absatz gefunden", so Werners motivierende Aussage. Allerdings gebe es viel Gegenwind. Sollte die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Pflanzenschutzverordnung wie geplant in Deutschland umgesetzt werden, führe dies zwangsläufig zu einem großflächigen Kahlschlag bei Gartenbaubetrieben aller Sparten. Kritisch beurteilte Werner, dass die vielen neuen, unerfahrenen Abgeordneten der letzten Bundestagswahl oftmals kaum über Hintergrundwissen zum Gartenbau verfügten.

Weitere Herausforderungen gebe es beim Wasserverbrauch sowie der Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Dies hemme das Wachstum der Betriebe und sei ein weiterer Preistreiber für Pflanzen. Auskömmliche Löhne seien nötig, der von der Politik diktierte Mindestlohn liege aber deutlich zu nah an dem vieler qualifizierter Arbeitskräfte. Eine immer weiter steigende Bürokratie zwinge die Betriebsleiter noch weit nach Feierabend an den Schreibtisch.

Gärtner seien krisenerprobt und flexibel, wie auch die beiden Corona-Jahre zeigten. Sachkenntnis, Überzeugungskraft und Beharrlichkeit seien zielgerichteter als brennende Autorreifen. Gemeinsam gelte es, unter Mithilfe der berufsständischen Verbände den Gartenbau als Ganzheit nach vorn zu bringen, so Frank Werner.

Auch Chancen sind sichtbar

Auf die Besonderheiten des Hamburger Anbaugebiets Vier- und Marschlanden ging Andreas Kröger, Präsident Wirtschaftsverband Gartenbau Norddeutschland, ein. Auch er betonte die Notwendigkeit staatlicher Unterstützung und eines für den Gartenbau ohnehin zu spät kommenden Gaspreisdeckels. Die derzeitige Krise fordere ihren Tribut, die Betriebe würden weniger werden. Damit sinke auch die Zahl der Großmarktbetreiber, deshalb werden die Kosten für die restlichen Betreiber steigen. Allen sollte klar sein, dass der die Demokratie verteidigende Krieg in der Ukraine nicht ohne Kosten auch für uns bleibe. „Wer meint, dafür nicht bezahlen zu müssen, der irrt", so Kröger.

Jürgen Mertz, Präsident des ZVG, brachte seine Enttäuschung über die Politik zum Ausdruck. Es sei bei der Dreier-Koalition schwierig, überhaupt an Politiker heranzukommen und verstanden zu werden. Gespräche erforderten mühsame Nacharbeit, seien aber ausschlaggebend. In der politischen Denkweise zähle der Gartenbau in der Regel zu der Landwirtschaft. Klarstellungen seien eine Mammutaufgabe.

Welchen wirtschaftlichen Verlauf die aktuelle Krise nehmen werde, entscheiden maßgeblich die Verbraucher. Der Umsatz von Bio-Obst und Gemüse sei bereits um ein Drittel gesunken und habe sich in den Discounterbereich verlagert. Der Verbraucher spare. Mertz zitierte eine Studie, nach der Verbraucher mit einem Netto-Gehalt von über 3.500 € ihr Einkaufsverhalten nicht verändern werden. In seinem eigenen Gartencenter würden 25 % der Kunden 60 % zum Umsatz beitragen und vermutlich ihr Einkaufsverhalten beibehalten, prognostizierte Mertz seine positive Botschaft. Drei Punkte gelte es dabei zu beachten:

  • Kostensteigerungen müssen fair und transparent rechtzeitig eingepreist werden.
  • Negativschlagzeilen über überhöhte Preise in den Medien müssen unbedingt vermieden werden.
  • Vom Produzenten über den Handel bis hin zu den Endverkaufsgärtnern und sonstigen Vermarktern müsse jeder mit im Boot sein, um gemeinsam auskömmliche Preise zu generieren. „Auch wir im Endverkauf dürfen den Bogen nicht überspannen", sagte Mertz.
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren