• Geben Sie einen Suchbegriff ein
    oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

    Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
    Ein Blick auf den Sortenschutz

    Sortennamen nennen!

    In unserer Zeit, in der aus Marketingüberlegungen ständig und oft schnell neue Namen für Produkte erfunden werden, hat sich vielfach der Eindruck durchgesetzt, auch Sortennamen seien beliebig verwendbar oder eben auch nicht. Dass dies nicht so ist, unterstreicht Dr. Edgar Krieger mit einem engagierten Appell.
    Veröffentlicht am
    Dieser Artikel ist in der erschienen.
    PDF herunterladen
    Zwar haben leider nicht alle Sorten auch Handelsnamen, aber jede geschützte Sorte hat eine Sortenbezeichnung.
    Zwar haben leider nicht alle Sorten auch Handelsnamen, aber jede geschützte Sorte hat eine Sortenbezeichnung.GMH/BVE
    Artikel teilen:

    Neulich war ich beim Blumenhändler meines Vertrauens. Ich wollte zwei Blumensträuße kaufen. Das Geschäft war voller schöner, bunter Schnittblumen und Topfpflanzen. Ich schaute sorgfältig nach den Schnittblumen für meine Sträuße, suchte aus und wurde dabei von einem Floristen beraten. Er band wunderschöne Sträuße aus meiner Auswahl. Währenddessen fragte ich den Eigentümer des Ladens, ob er mir die Sortenbezeichnungen der Rosensorten in seinem Geschäft nennen könne. Neben einer Vase voll mit roten Rosen stand auf einem kleinen, handgeschriebenen Schild das Wort „Explorer". Der Florist schaute mich fragend an. Offensichtlich wusste er nicht, worauf ich hinauswollte. „Explorer", sagte er, „das ist der Name."

    In der Zwischenzeit hatte ich mit meinem Smartphone den Namen des Züchters herausgefunden. Ein CIOPORA-Mitglied. Die Sortenbezeichnung: Interonotov. Interonotov war eine Innovation im Bereich Rosen. Eine Innovation, die die Grundlage für ein Unternehmen ist, eine Geschäftsgrundlage, die Arbeitsplätze schafft, Familien versorgt und die Wirtschaft treibt. „Explorer" ist dagegen „nur" der Handelsname. Die Sortenbezeichnung ist das nicht. Den Begriff „Interonotov" kannte der Blumenhändler nicht.

    Sorten klar benennen

    Es gibt einen Artikel im Europäischen Sortenschutzrecht (GemSortVO), der liest sich so:

    • Artikel 17, Verwendung der Sortenbezeichnung: (1) Wer im Gebiet der Gemeinschaft Sortenbestandteile einer geschützten oder von den Bestimmungen von Artikel 13 Absatz 5 abgedeckten Sorte zu gewerblichen Zwecken anbietet oder an andere abgibt, muss die Sortenbezeichnung verwenden, die nach Artikel 63 festgesetzt wurde; bei schriftlichem Hinweis muss die Sortenbezeichnung leicht erkennbar und deutlich lesbar sein. Erscheint ein Warenzeichen, ein Handelsname oder eine ähnliche Angabe zusammen mit der festgesetzten Bezeichnung, so muss diese Bezeichnung als solche leicht erkennbar sein.
    • (2) Wer solche Handlungen in Bezug auf anderes Material der Sorte vornimmt, muss entsprechend anderen gesetzlichen Bestimmungen über diese Bezeichnung Mitteilung machen; dies gilt auch, wenn eine Behörde, der Käufer oder eine andere Person mit einem berechtigten Interesse um eine solche Mitteilung ersucht.
    • (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch nach Beendigung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes.

    Dieser Artikel in der GemSortVO birgt Sprengkraft. Absatz 2 sagt unter anderem: In der EU muss jeder Verkäufer von geschützten Blumen den Käufer auf Nachfrage über die Sortenbezeichnung informieren. Und damit sind nicht der Handelsname oder die Marke wie „Red Naomi!" (Schemocba), „Black Baccara" (Meidebenne), „Pink Kisses" (KLEDG12163), „Pink Lady" (Cripps Pink), „Kanzi" (Nicoter), „envy" (Scilate) oder eben „Explorer" (Interonotov) gemeint, sondern die Sortenbezeichnung (siehe die Klammern). Und das gilt auch nach Erlöschen des Rechts (Artikel 17 (3)).

    Der Absatz 1 dieses Artikels hat es auch in sich. Wer in der EU-Sortenbestandteile einer geschützten Sorte zu gewerblichen Zwecken anbietet oder verkauft, muss die Sortenbezeichnung verwenden. Was sind Sortenbestandteile? Artikel 5 (3) der GemSortVO hilft: Sortenbestandteile sind

    • ganze Pflanzen oder
    • Teile von Pflanzen, soweit diese Teile wieder ganze Pflanzen erzeugen können.

    Topfpflanzen sind ganze Pflanzen und somit Sortenbestandteile. Wer also Topfpflanzen verkauft, muss die Sortenbezeichnung nicht nur auf Nachfrage mitteilen, sondern sie verwenden, also sie auf das Etikett schreiben. Wer das nicht tut, sieht sich mit Artikel 94 (1) b) und (2) der GemSortVO konfrontiert:

    • (1) b) Wer die korrekte Verwendung einer Sortenbezeichnung im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 oder die einschlägige Information im Sinne von Artikel 17 Absatz 2 unterlässt, kann vom Inhaber auf Unterlassung der Verletzung oder Zahlung einer angemessenen Vergütung oder auf beides in Anspruch genommen werden.
    • (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig handelt, ist dem Inhaber darüber hinaus zum Ersatz des weiteren aus der Verletzung entstandenen Schadens verpflichtet.

    Soweit – so gut: zurück ins Blumengeschäft. Der Blumenhändler konnte mir die Sortenbezeichnungen der Rosen nicht nennen, weil er sie nicht kannte. Sie standen auch nicht auf dem Lieferschein für die Rosen. Auf der Webseite des Großhändlers, von dem er seine Blumen bezog, waren die Sortenbezeichnungen nicht angegeben. Ich empfahl dem Blumenhändler, bei seinem Verband nachzufragen.

    Alle in der Handelskette sind gefragt

    Die Frage ist, warum eine ganze Branche das Risiko eingeht, fortgesetzt Schutzrechtsverletzungen zu begehen. Transparenz und Nachhaltigkeit sind Megatrends in der heutigen Gesellschaft. Sie kommen uns zugute. Der Verbraucher muss wissen, was er kauft, damit er bei positiven Erfahrungen wieder danach fragen kann. So werden Marken befüllt und Markenversprechen erfüllt. Zwar haben leider nicht alle Sorten auch Handelsnamen, aber jede geschützte Sorte hat eine Sortenbezeichnung. Diese ist wie eine Identifikationsnummer, die sie das ganze Leben und danach trägt.

    Ich weiß, dass einige Sortenbezeichnungen nicht gerade leicht auszusprechen oder zu merken sind. Darüber könnten Züchter aus Marketing-Sicht nachdenken und sogenannte „sprechende Sortenbezeichnungen" verwenden. Schließlich hilft die Transparenz in der Produktions- und Handelskette dabei, den „schwarzen Schafen" unter den Anbauern das Leben schwerer zu machen, weil sie den Handel dazu motiviert, sich genauer anzuschauen, von wem Ware bezogen wird.

    Das Argument „unmöglich, zu aufwendig" kann ich nicht gelten lassen. Die Züchter haben die Bezeichnungen in ihren Katalogen stehen, die Anbauer können sie auf ihre Boxen schreiben, die Großhändler können sie dort stehen lassen und auf ihre Lieferscheine übernehmen. Mein Blumenhändler kann mir so, wenn ich ihn das nächste Mal frage, eine Antwort geben. 

    Schlussendlich muss man sagen: Natürlich kommen nicht regelmäßig Menschen wie ich zum Blumenhändler. Menschen wollen schöne Blumen zu schönen Anlässen kaufen (ich übrigens auch). Aber das Interesse der Züchter muss es sein, die Namen ihrer Innovationen und hart erarbeiteten Züchtungen sichtbar und erlebbar zu machen.

    Info

    CIOPORA Uniting Breeders , Protecting Innovation

    CIOPORA (www.ciopora.org) ist der Internationale Verband der Züchter vegetativ reproduzierbarer Gartenbaupflanzen. Züchter solcher Sorten halten zwei Drittel aller Sortenschutzrechte weltweit. Seit über 60 Jahren vertritt CIOPORA diese Züchter in allen Angelegenheiten des Schutzes des geistigen Eigentums. Mit seinen Aktivitäten fördert der Verband die Stärkung der Züchterrechte und den effektiven Schutz von Pflanzeninnovationen.

    Dr. Edgar Krieger ist Generalsekretär von CIOPORA. Als promovierter Rechtswissenschaftler verfügt er über umfangreiche Erfahrung im Bereich des Sortenschutzes und bekleidet seit 2004 die Position des CIOPORA-Generalsekretärs. Vor seiner Tätigkeit bei CIOPORA hat Dr. Krieger landwirtschaftliche Züchter im Sortenschutz beraten und in Gerichtsverfahren bis zum Europäischen Gerichtshof vertreten. Dr. Krieger hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften der Universität Bonn und einen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre der Fachhochschule Aachen. Er promovierte zum Thema Nachbau von geschützten Sorten in Deutschland an der Philipps-Universität Marburg.
    0 Kommentare
    Was denken Sie? Artikel kommentieren

    Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
    Schreiben Sie den ersten Kommentar.

    Artikel kommentieren
    Was denken Sie? Artikel kommentieren