Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
1. Gartenbautag Baden-Württemberg und Hessen

Verband und Politik im direkten Gespräch

Zum ersten Mal fand am 6. März 2025 in Heidelberg ein gemeinsamer Gartenbautag des Gartenbauverbands Baden-Württemberg-Hessen statt. Er stand im Zeichen des Dialogs zwischen Verbandsvertretern und der Landespolitik. Ein spannender Vortrag beschäftigte sich zudem mit dem schnell voranschreitenden Klimawandel (Beitrag am 17.03.25 aktualisiert).

von Christoph Killgus erschienen am 07.03.2025
In Heidelberg fand der erste Gartenbautag Baden-Württemberg und Hessen statt. Mit dabei: Landesminister Peter Hauk (dritter von rechts). © Christoph Killgus
Artikel teilen:

Der Verband Baden-Württemberg und Hessen entstand 2016 durch Fusion dreier Verbände. Gartenbautage hatte es davor und danach jahrzehntelang in Hessen gegeben, nun tatsächlich erstmals für den großen fusionierten Verband. Der Saal des Gesellschaftshauses Pfaffengrund in Heidelberg war gut gefüllt – und das, obwohl das großartige Frühlingswetter für Verkaufsstimmung und Arbeit in den Betrieben sorgt.

Große Erwarungen an die neue Bundesregierung

Eva Kähler-Theuerkauf, Präsidentin des Zentralverbands Gartenbau, nutzte die Chance, dass mit Peter Hau, dem Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg die Politik vertreten war, um die aktuellen Herausforderungen für den Gartenbau anzusprechen. Dies sind der Klimawandel, die hohen Energiekosten, Belastungen durch die ausufernde Bürokratie, der Wandel der Märkte und der Fachkräftemangel. Lösungen lassen sich am besten gemeinsam finden, so Eva Kähler-Theuerkauf – dafür stünde der vollzogene Zusammenschluss der Verbände auch beispielhaft.

Nachhaltigkeit sei mehr als ein Trend. Sie sei existentiell notwendig und kein nettes Beiwerk.

Der Klimawandel habe erhebliche Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit für die Betriebe. Diese passen sich daran an durch intelligente Bewässerungssysteme, eine effizientere Wassernutzung und die Kultur klimaresilienter Pflanzen. Die Umstellung sei freilich mit erheblichen Aufwendungen verbunden, dafür benötige der Gartenbau Fördergelder und Forschungsprogramme.

Die Branche stehe klar hinter der Torfreduktion in gärtnerischen Substraten. Der Weg dorthin müsse allerdings praktikabel sein. Die Betriebe brauchen dafür Begleitung, dafür setzt sich der Verband ein.

Innovation sei der Schlüssel, um erfolgreich zu bleiben. Dabei gehe es nicht nur um technische Neuerungen, sondern auch um neue Formen der Organisation. Smarte Steuerungssysteme für den Pflanzenbau, Robotik für den Arbeitsalltag, neue widerstandsfähige Züchtungen geben Perspektiven. Dafür sei eine verstärkte Investitionsförderung nötig.

Den Pflanzenschutz bezeichnete Eva Kähler-Theuerkauf als „riesiges Handlungsfeld“. Für zahlreiche Kulturen gebe es keine zugelassenen Mittel mehr. Der Klimawandel bringe neue Schädlinge und Krankheiten mit sich. Deshalb seien flexible und beschleunigte Zulassungsverfahren nötig. In Deutschland gebe es vier Behörden, die bereits in der EU zugelassene Mittel nochmals überprüften, kritisierte Eva Kähler-Theuerkauf. Damit für Lückenindikationen auch kurzfristig Lösungen gefunden werden, brauche es einen starken Verband.

Von der künftigen Bundesregierung erwartet Eva Kähler-Theuerkauf Antworten bei den hohen Energiepreisen und der ausufernden Bürokratie. Die Einführung des den Energiebereich betreffenden ETS2 ab 2027 werde viele Gartenbaubetriebe vor neue Herausforderungen stellen. Das Energieeffizienzprogramm müsse deshalb fortgeführt und noch besser ausgestattet werden. Ohne diese Unterstützung werde der Gartenbau den Transformationsprozess kaum schaffen.

Der Mindestlohn sei in den letzten zehn Jahren enorm gestiegen. Dieses Mehr an Kosten könne nicht an den Verbraucher weitergegeben werden. Deshalb sei es wichtig, dass künftig die Mindestlohnkommission die Festlegung übernehme. Die Politik dürfe sich dabei nicht weiter einmischen.

Politiker in die Betriebe einzuladen, ist immer eine besonders lohnende und erfolgreiche Aktion Eva Kähler-Theuerkauf

Politische Sichtbarkeit sei absolut entscheidend – vor und nach einer Bundes- wie auch Landtagswahl. Politiker in die Betriebe einzuladen, sei dabei immer eine besonders lohnende und erfolgreiche Aktion. Eva Kähler-Theuerkauf ermunterte die Betriebe, sich dafür zu melden und sich für Einladungen zur Verfügung zu stellen. Auch der Dialog mit der Politik auf der IPM ESSEN und der Grünen Woche in Berlin sei förderlich.

Die anstehende Regierungsbildung sei von entscheidender Bedeutung, so Eva Kähler-Theuerkauf. Wohin die Reise gehe, sei noch schwer absehbar. Nur mit raschen Entscheidungen könne auf die Herausforderungen reagiert werden. Insbesondere die wirtschaftliche Lähmung der letzten Jahre müsse baldmöglichst überwunden werden. Im Blick auf die Koalitionsverhandlungen habe sich der Zentralverband Gartenbau dort eingebracht: Die Bürokratiekosten müssen sinken und die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müsse auf europaweiter Basis geschehen ohne zusätzliche nationale Alleingänge. „Ich muss nicht immer Klassenbester sein“, formulierte die ZVG-Präsidentin.

Für ihre Leistungen auf der Landesgartenschau Wangen in den Bereichen Friedhof und Wechselflor wurden mehrere Betriebe geehrt – nicht alle sind auf dem Bild vertreten: Gärtnerei Haug aus Oberteuringen (2. von links), Gärtner Kuhn aus Argenbühl (3. von links), Gärtnerei Grad aus Bad Wurzach-Arnach (4. von links), Gärtnerei & Blumenwerkstatt Gutmair aus Isny (5. von links), außerdem Gärtnerei Scheffler aus Opfenbach, Gartenbau Friedrich aus Friedrichshafen, Gärtnerei & Floristik Vögele aus Langenargen, Gärtnerei Weißhaupt aus Meckenbeuren. Auf dem Bild links GVBWH-Präsident Gerhard Hugenschmidt, rechts Landesminister Peter Hauk.
Für ihre Leistungen auf der Landesgartenschau Wangen in den Bereichen Friedhof und Wechselflor wurden mehrere Betriebe geehrt – nicht alle sind auf dem Bild vertreten: Gärtnerei Haug aus Oberteuringen (2. von links), Gärtner Kuhn aus Argenbühl (3. von links), Gärtnerei Grad aus Bad Wurzach-Arnach (4. von links), Gärtnerei & Blumenwerkstatt Gutmair aus Isny (5. von links), außerdem Gärtnerei Scheffler aus Opfenbach, Gartenbau Friedrich aus Friedrichshafen, Gärtnerei & Floristik Vögele aus Langenargen, Gärtnerei Weißhaupt aus Meckenbeuren. Auf dem Bild links GVBWH-Präsident Gerhard Hugenschmidt, rechts Landesminister Peter Hauk. © Christoph Killgus

Es reicht, wenn EU-Gesetze 1:1 umgesetzt werden

Peter Hauk, Landesminister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, stellte die Region als „Toskana Baden-Württembergs“ vor. Dabei schmerze es, dass es zwischen Basel und Mannheim keine größere Gewächshausanlagen gebe.

Auf die von Eva Kähler-Theuerkauf angesprochenen Energiekosten ging der Minister unmittelbar ein. Er könne keine kurzfristige Entlastung versprechen. Es bleibe auch zweifellos nötig, die fossilen Energien zu verteuern. „Wir müssen die Transformation schaffen und zu neuen Energieträgern kommen.“ Dabei sei gut, dass mit ETS2 Energie europaweit gleich teuer gemacht werden solle und damit für gleiche Wettbewerbsbedingungen gesorgt werde. Gleichzeitig sei es Vorhaben der CDU/CSU, über Klimafonds für Entlastungen zu sorgen.

„Wir müssen die Transformation schaffen und zu neuen Energieträgern kommen“ Peter Hauk

Zu klären sei auch die Frage von Ausnahmen, damit Betriebe, welche die Transformation nicht kurzfristig schaffen, überleben können, aktiv bleiben und weiterhin Flächen bewirtschaften.

In Deutschland seien Diskussionen um eine weitere Reduktion von Arbeitszeit fraglich zu sehen. „Mit 30 Stunden pro Woche werden wir weltweit gesehen nicht wettbewerbsfähig bleiben“, so der Minister. Richtig sei dagegen, für Flexibilität bei Arbeitszeitmodellen zu sorgen. Das könne die tägliche Arbeitszeit ebenso betreffen wie möglicherweise auch die Lebensarbeitszeit. Auch Rentner müssten, wenn sie wollen, sich noch einbringen können. Das müsse steuerlich unterstützt werden. Ein Allheilmittel sei das nicht, aber ein möglicher Ansatz.

Peter Hauk bedauerte, dass das Thema Klimaschutz im Wahlkampf nicht präsent gewesen sei. Dies wäre auch im Sinn des Gartenbaus gelegen, der mit teurer Energie und Wasserknappheit klarkommen müsse.

Starke Kritik äußerte Peter Hauk an Bürokratie und Restriktionen. Angesichts des Klimawandels gewinne beispielsweise die Wasserspeicherung an Bedeutung. Es sei in manchen Regionen aber kaum möglich, Speicherbecken zu bauen. „Die Schutzgüter, die wir in den letzten 50 Jahren zu Recht geschaffen haben, dürfen die nötige Transformation nicht völlig ausbremsen“, erklärte Hauk.

Schließlich dürfe die deutsche Politik auf europäische Vorgaben nicht immer noch eins draufsetzen. EU-Gesetze sollten 1:1 umgesetzt werden. Schließlich sei es EU-Anliegen, zu einer Harmonisierung zu kommen.

Beim Thema Pflanzenschutz zeigte sich der Minister resigniert. Seit Jahren trete er für eine Harmonisierung auf EU-Ebene ein. Die letzten Bundesregierungen gleich welcher Couleur hätten diese allerdings nicht vorangetrieben. Man habe eben doch immer gern noch einen eigenen Hebel in der Hand behalten. Das sei insofern verständlich, weil die Gefährlichkeit von Wirkstoffen eben unterschiedlich beurteilt würden. Der Bio-Anbau zeige immerhin, dass es mit der Harmonisierung auf EU-Ebene gehe, wenn man wolle.

Bei Glyphosat hat sich Peter Hauk die Gefährdungsbeurteilung im Blick auf den Wasserschutz sehr genau angesehen. Dabei habe er noch nie eine Untersuchung von Seiten einer EU-Behörde gesehen, die so klar von keinem Risiko spreche. Solche Stellungnahmen gelte es genauso zu akzeptieren wie in den Fällen, in denen sie willkommener seien.

Das Veto-Recht des Umwelt-Bundesamts müsse abgeschafft werden. Die Behörde habe keine zusätzliche fachliche Expertise und verlangsame die Zulassungsprozesse. Zudem gebe es drei andere mit der Zulassung beschäftigten Behörden in Deutschland.

Im Blick auf den Fachkräftemangel dankte Peter Hauk allen Betrieben, die ausbilden.

Politisches Ziel sei es, die rezessive Situation und Stimmung auch im Gartenbau zu stoppen. Man müsse schon fast sagen: „Halten Sie durch!“, so der Minister. Und ermutigte: „Sie werden gebraucht – Ihre Produkte werden gebraucht!“

Baden-Württemberg vorbildhaft bei Gartenschauen

Gerhard Hugenschmidt, Präsident des Gartenbauverbands Baden-Württemberg Hessen, dankte ausdrücklich dem Zentralverband Gartenbau (ZVG) für die tolle Arbeit, die in Berlin geleistet werden und den Gartenbau unterstütze. Ebenso dankte er Minister Peter Hauk für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Große Sorgen bereitet Hugenschmidt die Zunahme invasiver Schaderreger. Durch den Japankäfer seien massive Schäden zu befürchten. In der Lombardei sei es teils zu Kahlfraß an Gehölzen gekommen. Ein Versicherungsschutz greife hier nicht. Es gebe intensiven Kontakt zum Landesministerium (MLR) und zum Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ).

Ziel ist es, für jede Fachrichtung in Baden-Württemberg mindestens einen Schulstandort zu erhalten, für den Zierpflanzenbau zwei Gerhard Hugenschmidt

Leider lasse die Qualität der Beschulung nach – zum Nachteil der Azubis. Forderung von Seiten des Verbands nach Landesfachklassen gebe es seit 15 Jahren – aber noch keine Umsetzung. Derzeit erarbeite der Verband mit seinen Fachgruppen einen Anforderungskatalog, was Schulen für die einzelnen Fachrichtungen erfüllen müssen. Angesichts der Schließung von Schulstandorten und weiter Anfahrtswege sei es besonders, eine Unterbringung für Azubis zu garantieren. Ziel sei es, für jede Fachrichtung in Baden-Württemberg mindestens einen Schulstandort zu erhalten, für den Zierpflanzenbau zwei.

Von dem in Hessen diskutierten Ansatz, regionale Standorte zu erhalten und dafür Gärtner und Fachwerker gemeinsam zu unterrichten, hält Gerhard Hugenschmidt nichts. Dies schmälere die Qualität der Ausbildung. Landesfachklassen seien viel sinnvoller.

Der Verband setzt sich auch für eine Ausnahmeregelung in der Ausbildung ein, damit diese auch dort möglich ist, wo es keinen Meister gibt. Das sei insbesondere im Friedhofsgartenbau wichtig. Im Grunde sei das gesetzlich bereits jetzt möglich, die zuständigen Stellen würden sich mit der Umsetzung dennoch schwertun.

In Baden-Württemberg seien die Gartenschauen bis 2036 gesetzt. Die Landesregierung erkenne die Bedeutung von Grün für die Städte. Es gehe dabei aktuell um eine Erhöhung der Fördermittel, deren Wert durch die Inflation abgenommen habe. Schwieriger sei die Gartenschau-Situation in Hessen: Dort stehe die nächste Gartenschau 2027 an, dann eine Beteiligung an der BUGA 2029. Anschließend seien keine weiteren Veranstaltungen geplant. Hugenschmidt appellierte an den anwesenden Landesminister Peter Hauk, seinen Kollegen in Hessen gleichen Parteibuchs in dieser Sache doch „anzuschieben“.

Die Silberne Ehrennadel des Verbands erhielt Felix Trauth (zweiter von links) fast 30 Jahre gelebtes Ehrenamt. Er war langjähriger Kreisgärtnermeister zunächst für die Gruppe Karlsruhe und später für die fusionierte Gruppe Bruchsal-Karlsruhe. Links Peter Hauk der baden-württembergische Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, außerdem ZVG-Präsidentin Eva Kähler-Theuerkauf und Landesverbandspräsident  Gerhard Hugenschmidt.
Die Silberne Ehrennadel des Verbands erhielt Felix Trauth (zweiter von links) fast 30 Jahre gelebtes Ehrenamt. Er war langjähriger Kreisgärtnermeister zunächst für die Gruppe Karlsruhe und später für die fusionierte Gruppe Bruchsal-Karlsruhe. Links Peter Hauk der baden-württembergische Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, außerdem ZVG-Präsidentin Eva Kähler-Theuerkauf und Landesverbandspräsident Gerhard Hugenschmidt. © Christoph Killgus

Auf die Folgen des Klimawandels einstellen

Der Wetterexperte Frank Böttcher war von den Veranstaltern eingeladen, zum Thema „Mit dem Klimawandel planen – vom Wissen zu Wettbewerbsvorteil“ zu sprechen. Ihm gelang es, fesselnd und verständlich unerfreuliche und unbequeme Informationen zu vermitteln. Dass er Wissen und Erkenntnisse ideologiefrei und nicht oberlehrerhaft, dafür immer wieder mit trockenem Humor weitergibt, trägt sicherlich zur Akzeptanz und nachfolgenden Handlungsbereitschaft seiner Zuhörer bei.

Mit einer aktuellen Info des Klimadiensts Kopernikus stieg Frank Böttcher in seinen Vortrag ein: „Noch nie gab es auf unserem Planeten so wenig Eis wie gestern“.

Nur 1% der Brände auf der Erde werden durch Blitzeinschläge ausgelöst: „Der Rest ist von Menschen verursacht – gewollt oder durch Dummheit“.

Die Klima-Veränderungen seien sehr schnell, so Frank Böttcher. „Ich komme kaum hinterher, meine Folien zu aktualisieren“.

Wir würden vor allem auf die Änderungen der Lufttemperaturen schauen. Dabei wirke in der Atmosphäre nur ein geringer Teil (1,3%) der durch den Klimawandel zusätzlich auflaufenden Energie. 91% der zusätzlichen Energie wird in den Ozeanen als großer Puffer gespeichert. Wegen dieser Pufferfunktion der Ozeane dauere es rund 30 Jahre, bis das, was durch die höhere CO2-Gehalte für die Temperaturentwicklung angelegt sei, im Klima durchschlage. Momentan haben wir demnach das Klima, das durch die CO2-Gehalte von vor 30 Jahren angelegt wurde. Allem Anschein nach scheine sich aktuell allerdings dieser lange Zeitraum für die Erwärmung zu verkürzen. Nicht auszuschließen sei, dass bereits 20250 ein Temperatur-Anstieg von 3 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erreicht werde. Dies habe man in der Klimaforschung erst für 2100 erwartet.

Der Klimawandel werden durch sich selbst verstärkende Prozesse beschleunigt. Wenn beispielsweise in Grönland Schmelzwasserseen entstehen, werden durch deren dunkle Wasseroberfläche 90% der einfallenden Strahlung in Wärme umgewandelt, während auf Eis und Schnee zuvor 90% reflektiert wurden.

Einen Temperaturanstieg von +3 °C habe es in der Erdgeschichte vor 3 bis 4 Mio. Jahre gegeben. Damals sei der Meeresspiegel 20 m höher gewesen als der heutige. Es sei zu erwarten, dass der Meeresspiegel aufgrund der heute höheren CO2-Konzentrationen als damals noch höher ausfallen werde.

Wie sehr die Zahl der Tornados bei uns zunehmen wird, sei schwer zu sagen, meinte Frank Böttcher. Es gebe zwar eine viel höhere Zahl von Beobachtungen als vor einigen Jahren. Allerdings hätten die Aufzeichnungsmöglichkeiten mit der Handyverbreitung deutlich zugenommen. Ob Stürme zunehmen werden, sei ebenfalls schwer vorherzusagen, weil sich mit dem Klimawandel auch die Bahnen der Stürme verändern. Die Datenlange weise aktuell jedenfalls nicht auf eine große Zunahme von Orkantiefs hin. Eine Zunahme der Gefahr durch Tornados und Gewitterstürme in den nächsten 30 Jahren sei durchaus wahrscheinlich – dagegen nicht für Sturmschäden in der Fläche.

„Die jetzigen Jahre, die uns schon warm vorkamen und wärmer sind als die Jahre davor, werden im Blick auf die nähere Zukunft die kühlsten sein“ Frank Böttcher

Die Vorschau bis 2050 lasse einen weiteren deutlichen Temperaturanstieg erwarten. „Die jetzigen Jahre, die uns schon warm vorkamen und wärmer sind als die Jahre davor, werden im Blick auf die nähere Zukunft die kühlsten sein“, führte Frank Böttcher aus.

Nach Meinung Frank Böttchers wurde vor etwa zwei Jahren ein klimapolitischer Kipppunkt überschritten, bis zu dem mit stemmbaren Ausgaben ein dramatischer Klimawandel noch habe aufgehalten werden können. Die Chance, mit relativ wenig Geld das Klima zu stabilisieren, sei verpasst. Nun gehe es schlicht darum, Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu verbinden – und das mit erheblichen Kosten.

Zu erwarten sei, dass trockene Jahre werden trockener werden und nasse Jahre noch nasser. Beides mache Wassermanagements sehr wichtig, unter anderem die Wasserspeicherung.

Die Anzahl trockener Tage im Frühjahr habe sich in den letzten Jahren um 50 bis 80% vergrößert. Gärten würden immer trockener – und brauchen teils zu viel Wasser. Wichtig sei, bei Gärten viel stärker auf Terrassierung zu achten, damit bei Starkregen die wertvolle Erde nicht weggeschwemmt wird.

Die ansteigenden Temperaturen werden dazu führen, dass manche Regionen dieser Erde de facto unbewohnbar werden, so der Wetterexperte. Das Thema Migration werde deshalb noch ganz groß werden. Er mahnte, dieses Thema nicht zu verdrängen, sondern im demokratischen Kontext zu besprechen und es nicht Populisten zu überlassen.

Viele geeignete Gehölze könnten künftig aus Kanada kommen, wo die Pflanzen gewohntermaßen mit großen Temperaturschwankungen umgehen.

Mit einem Verweis auf den nässesten Ort in Indien mit 26.000 mm Jahresniederschlag ermutigte Frank Böttcher: Die Menschen dort gehen mit dieser extremen Situation konstruktiv um. Die Erfahrung zeige, dass die Kreativität erwache, wenn Lösungen dringend nötig sind.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren