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Geplante Mindestlohn-Erhöhung auf 15 € ab 2026

Der Anfang vom Ende des Gemüse- und Obstanbaus in Deutschland?

Die anvisierte Erhöhung des Mindestlohns um 17 Prozent auf 15 €/Std. ab 2026 gefährdet nach Ansicht des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände den Produktionsstandort für Gemüse und Obst in Deutschland.

von VSSE erschienen am 11.04.2025
Spargelernte © VSSE e.V./Jürgen Rösner
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Der Verband warnt vor einem unumkehrbaren Verlust an landwirtschaftlichen Betrieben und einer weiteren Zuspitzung des Mangels an Nachfolgern für die Hofübernahme.

„Immer mehr Betriebe geben die Spargel- und Erdbeerproduktion auf. Mittlerweile müssen wir das sogar von Betrieben erfahren, von denen wir das nie erwartet hätten. Betriebsleiter äußern sich nun öffentlich, warum sie den Betrieb aufgeben und warum sie ihren Kindern von der Hofübernahme abraten. Bis vor ein paar Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Um den Produktionsstandort für Gemüse und Obst nicht noch weiter stark zu schwächen, fordern wir deswegen die Einfrierung des Mindestlohns von 12,82 € für die Landwirtschaft“, erklärt Simon Schumacher, Vorstandssprecher des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) und Ansprechpartner für Arbeit, Recht und Soziales im Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände.

Starker Rückgang der Spargel- und Erdbeerproduktion

Von 2022 bis 2024 seien laut Statistischen Bundesamt deutschlandweit die Anzahl der Betriebe im Spargelanbau um rund 10 Prozent auf 1.357 Betriebe, im Erdbeeranbau um mehr als 11 Prozent auf 1.702 Betriebe gesunken. Die Spargelanbaufläche sei um rund 9 Prozent gesunken, bei der Erdbeeranbaufläche seien es gar rund 12 Prozent. Seit Einführung des Mindestlohns in 2015 hätten fast 30 Prozent der Betriebe den Spargelanbau eingestellt. Die Erdbeerernte sei seither um 30 Prozent zurückgegangen. Einen weiteren Erdrutsch erwartet das Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände mit der drohenden Erhöhung des Mindestlohns auf 15 €/Stunde.

Gründe für Betriebsaufgaben: hohe Lohnkosten und unfaire Wettbewerbsbedingungen

In den letzten drei Jahren sei der Mindeststundenlohn von 9,82 € um 3 € auf 12,82 € gestiegen. Das seien mehr als 30 Prozent. Lohnkosten für Aushilfskräfte machten bis zu 60 % der Betriebsausgaben aus und hätten sich seit 2015 fast verdoppelt.

In Spanien seien die Produktionskosten bezüglich des Mindestlohns um ein Drittel günstiger, in Griechenland sei die Produktion um mehr als die Hälfte günstiger. Gleichzeitig gebe es in Deutschland mehr Auflagen bezüglich der Produktionsstandards.

Die europäische Mindestlohnrichtlinie EU-Richtlinie 2022/2041 sei umstritten. Auf dieser Richtlinie beruhe die Forderung nach 15 €/Stunde Mindestlohn. Dänemark und Schweden forderten, dass die Mindestlohnrichtlinie für nichtig erklärt werde, da der Art. 153 Abs. 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Regelungen zum „Arbeitsentgelt“ ausschließe. EuGH-Generalanwalt Athanasios Emiliou schließe sich der Auffassung an (Quelle: onlinebeck.de).

Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen bemängelten die fehlenden politischen Lösungen für die aktuelle Situation. Weiterhin führen sie den hohen bürokratischen Aufwand, Personalknappheit, hohe Arbeitsbelastung und keine Nachfolge für die Hofübergabe als weitere Gründe für die Betriebsaufgabe an.

Durchschnittlicher Verbraucherpreis kann Lohnkostensteigerung nicht auffangen

Aufgrund der hohen Inflation und der damit verbundenen Produktionskostensteigerung und dem Rückgang der Kaufkraft seien die durchschnittlichen Verbraucherpreise über alle Vermarktungswege hinweg in den letzten beiden Jahren auf etwa gleichem Niveau bei Spargel und bei Erdbeeren gelegen aufgrund der geringen Mengen bei gleichzeitig teilweise großen Verlusten etwas über dem Vorjahresniveau.

Im Wirtschaftsjahr 2023/2024 habe laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft der Selbstversorgungsgrad bei Obst nur bei 20 Prozent und bei Gemüse nur bei 37 Prozent gelegen. Laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) habe Spargel 2024 einen Selbstversorgungsgrad von knapp 85 Prozent verzeichnet, Erdbeeren einen von 50 Prozent. Dies sei bedingt durch die Saisonalität der Produkte und den hohen Identifikationsgrad der Bevölkerung mit Spargel und Erdbeeren.

„In der Pandemie und mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine haben wir erlebt, wie wichtig die inländische Produktion von Lebensmitteln ist. Auch die weltweit zunehmenden Wetterextreme legen es nahe, verstärkt auf die inländische Gemüse- und Obstproduktion zu setzen. Wir können uns nicht auf die Ernte in anderen Ländern verlassen. Auch hilft sie, Transportwege und damit CO2 einzusparen“, erläutert Anke Knaup, Ansprechpartnerin für Regionalität und Werbung im Netzwerk der Spargel- und Beerenverbände.

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