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„Zukunftsperspektiven Garten“ in Hamburg

Die passenden Pflanzen empfehlen

Eine optimale Pflanzenauswahl ist bereits die halbe Miete, um Erfolge im Garten zu erzielen. Und genau dabei können Gärtner kompetent beraten, damit die Verbraucher nicht die Lust am Garten verlieren.

von Dr. Gisela Fischer-Klüver, Hannover erschienen am 16.04.2025
Geum ‘Total Tangerine’ © Staudengärtnerei Gaissmayer
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„Beratung für die Pflanzenauswahl findet nicht in großen Gartenmärkten statt, sondern hier sind die Gärtner, die diese Pflanzen kultivieren, Ansprechpartner“, sagte der Staudengärtner Dieter Gaißmayer, Illertissen, Vorstand der Stiftung Gartenkultur und Spezialist für klimataugliche Stauden und Gehölze, auf einer Veranstaltung der Firma Neudorff „Zukunftsperspektiven Garten“ in Hamburg.

„Die Gärtner sollten die Verbraucher so kompetent beraten, dass diese erlebbare Erfolge mit ihren Pflanzen haben“ Dieter Gaißmayer

Bei der Pflanzenauswahl sind drei Kriterien entscheidend, um Verbrauchern Erfolg in ihren Gärten zu bieten: Toleranz gegenüber Klimastress, Attraktivität mit Zusatznutzen wie Essbar und Insektenfreundlichkeit. „Die Gärtner sollten die Verbraucher so kompetent beraten, dass diese erlebbare Erfolge mit ihren Pflanzen haben“, betonte der Staudenexperte. Die enorme Neuheitenflut bei Pflanzen sieht er kritisch, denn diese böten kaum Vorteile für längerlebige Gartenerfolge.

Viele Stauden haben sich bei ihm in Illertissen, im bayerisch-schwäbischen Landkreis Neu-Ulm, etwa 25 Kilometer südlich von Ulm und 30 Kilometer nördlich von Memmingen in Mittelschwaben, seit über 20 Jahren bewährt.

Sie halten dem Klimawandel stand

Stauden, die dem Klimawandel mit Hitze- und Dürreperioden, Kälte, Spätfrost und Starkregen standhalten:

  • Die wertvolle Gartenpflanze Alchemilla epipsila remontiert im Gegensatz zur allseits bekannten Alchemilla mollis nach einem Rückschnitt und punktet im Spätsommer/Herbst mit einer Nachblüte. Der zierliche Frauenmantel mit langer Blütezeit bildet schöne, dichte Blatthorste. Die recht standfeste Staude trotzt Starkregen und ist auch eine hervorragende Schnitt- und Trockenblume. Die schöne Schnittblume A. epipsila zählt zur „SlowFlower“-Bewegung, die für Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit steht.
  • Seit 40 Jahren zeigt sich die Elfendistel Morina longifolia top am gleichen Standort und präsentiert sich durch ihre dekorativen, immergrünen Blatthorste und der attraktiven walzenförmigen Blüten- und Samenstände sehr gut als Gartenpflanze. Auf sonnigen und durchlässigen Standorten ist sie absolut winterhart und sehr langlebig.
  • Für die aus Nordamerika stammende Färberdistel Baptisia australis ist Hitze und Trockenheit kein Problem.
  • Die Blätter des Meerkohls Crambe maritima entfalten sich eindrucksvoll in nur wenigen Tagen, perfekt, um Kinder zu begeistern. Der Staudenspezialist setzt sich dafür ein, dass Pflanzenwissen in den Lehrplan von Schulen aufgenommen wird und entwarf dafür eine Rubrik „Kinderpflanzen“.
  • Die kaum von Schnecken heimgesuchte Nelkenwurz Geum ‘Total Tangerine’ wurde zur Leitpflanze bei der Chelsea Flower Show gewählt.
  • Eine weitere Empfehlung ist Rosa glauca, denn die bis zu 10 m lief wurzelnden Rosen sind in der Regel unempfindlich gegenüber Trockenheit. Optimal sei der Bezug wurzelnackter Pflanzen, die ein besseres, schnelleres Wachstum zeigen.

Solcherart fachlicher Hintergründe möchte der Staudenspezialist mit der gemeinnützige Stiftung Gartenkultur verbreiten, die Trägerin und Betreiberin des Museums der Gartenkultur in Illertissen ist (www.museum-der-gartenkultur.de). Weitere Empfehlungen sind Gehölze wie der Blasenbaum Koelreuteria paniculata und Gingko biloba.

Punkten mit Mehrwert

Attraktive Pflanzen mit Mehrwert wie Küchen- und Würzkräuter, essbare Blüten, Heilpflanzen, Anti-Aging- oder Nasch-Pflanzen sind bei Verbrauchern beliebt und lassen sich mit speziellen Geschichten emotional gut vermarkten. Dazu gab Gaißmayer folgende Empfehlungen:

  • Die Austernpflanze Mertensia maritima punktet mit Austernaroma und sollte im Topf kultiviert werden.
  • Die würzig duftende Staude Meum athamanticum mit filigranem, fein zerteiltem Laub und weißen Doldenblüten eignet sich beispielsweise für Quark- oder Suppenzubereitungen.
  • Die in Russland als „goldene Wurzel“ bekannte Rhodiola rosea bildet langlebige, perfekt halbkugelige Horste und ist eng mit Sedum verwandt. Der dicke, fleischige Wurzelstock duftet nach Rosen und wurde früher in Europa als preiswerter Ersatz für das kostspielige Rosenöl genutzt. Rhodiola rosea gilt als Anti-Aging-Pflanze schlechthin. In Sibirien gab man früher frisch Verheirateten getrocknete Wurzelstücke mit in die Flitterwochen.
  • Das rankende Kraut der Unsterblichkeit Gynostemma pentaphyllum (Jiaogulan) soll ungefähr dieselbe Wirkung wie Ginseng besitzen und findet in der Traditionellen Chinesischen Medizin Einsatz.
  • Die Inkagurke Cyclanthera pedata, eine stark rankende Kletterpflanze, kann bis zu 4 m hoch werden und eignet sich durch ihre frühe Verzweigung gut als Sichtschutz.
  • Die als Heilpflanze geltende, rasch wachsende Artemisia annua wird bis zu 2 m hoch.
  • Der bereits im März blühende Hartriegel Cornus mas ‘Schoenbrunner Gourmetdirndl’ produziert die attraktiven und sogar essbaren „Dirndl“-Früchte.
  • Die Maibeere Lonicera kamtschatika produziert essbare, bis 1,5 cm lange, hell- bis schwarzblaue Früchte, die als „Superfood“ gepriesenen Haskap-Beeren.
  • Die ertragreiche Haselnuss ‘Rotblättrige Zellernuss’ punktet mit rötlicher Blattfarbe.
  • Die schwarzen süßen Früchte der Maulbeere Morus nigra, deren Blätter Seidenraupen als Futter dienen, können ab Ende Juni bis in den Frühherbst geerntet werden.
Insekten- und tierfreundliche Pflanzen wie 
<i>Verbena bonariensis </i>
sind gefragt.
Insekten- und tierfreundliche Pflanzen wie Verbena bonariensis sind gefragt. © Staudengärtnerei Gaissmayer

Insekten- und tierfreundlich

„Gartengestaltung darf sich nicht nur auf Wildbienen fokussieren. Ein vielfältiger Lebensraum erhöht die Biodiversität und lockt Heuhüpfer, Käfer, Igel und Vögel in den Garten“, so Gaißmayer.

  • Beispielhaft empfahl er bereits im Vorfrühling blühende Geophyten wie die kaum Arbeit verursachende Chionodoxa luciliae, die früh im Jahr Insektenfutter bietet.
  • Auch der Frühjahrsblüherin Galanthus nivalis sollte die Möglichkeit gegeben werden, nach der Blüte vollständig einzuziehen, statt abgemäht zu werden.
  • Die als Hummelschaukel bekannte Salvia uliginosa ist besonders auch für Kinder interessant, zudem schmecken ihre essbaren Blüten pfefferig.
  • Einfach blühende Pfingstrosen wie Paeonia peregrina nennt der Staudenexperte gern zusammen mit gefüllten Pfingstrosen, die zwar weniger als Insektenfutter, dafür aber als erhaltenswertes Kulturgut Bedeutung haben.
<i>Salvia uliginosa</i>
Salvia uliginosa © Staudengärtnerei Gaissmayer

Dieter Gaißmayer wendet sich gegen einen Absolutismus. Für ihn kommt es auf die Zusammenstellung der Pflanzen an, wobei verschiedene Kriterien gleichermaßen gelten dürfen. Am Ende macht es die Mischung. Tiere und Menschen sollen etwas von den Pflanzenschönheiten haben. „Wir müssen wieder vermehrt zusammenhängend denken“, sagte Gaißmayer.

Diskussionsrunde zur Zukunft der Gärten – von links: Neudorff-Geschäftsführer Richard von Herman, Biologe und Journalist Horst Mager, Neudorff-Mitarbeiterinnen Martina Utenbier und Sabine Klingelhöfer, Referentin Judith Bardolini, Staudenexperte Dieter Gaißmayer und Moderatorin Judith Rakers.
Diskussionsrunde zur Zukunft der Gärten – von links: Neudorff-Geschäftsführer Richard von Herman, Biologe und Journalist Horst Mager, Neudorff-Mitarbeiterinnen Martina Utenbier und Sabine Klingelhöfer, Referentin Judith Bardolini, Staudenexperte Dieter Gaißmayer und Moderatorin Judith Rakers. © Dr. Gisela Fischer-Kluever
Neudorff aus Emmerthal Gärtnern sollte zum Bildungsauftrag werden

Der Firma Neudorff aus Emmerthal bei Hameln ging es beim Presse-Event „Zukunftsperspektiven Garten“ Mitte Juni in Hamburg darum, neueste Informationen und Trends sowie Erkenntnisse aus der Konsumforschung mit Multiplikatoren wie Journalisten, Bloggern, Influencern und Vertretern aus dem öffentlichen Dienst zu teilen, damit alle Beteiligten das Thema Garten vermitteln können.

Judith Barbolini, Unit Director und Expertin für Konsumforschung am Rheingold-Institut, erklärte den Einkauf als psychologischen Prozess der Selbstfindung und Identifikation mit einer Gruppe oder einer Idee. Dabei bewegten sich die Verbraucher in einer nahtlosen, einer „seamless“ Welt, ohne Saisonalitäten und Beschränkungen, in einer Welt mit allen Möglichkeiten, jederzeit. Das wiederum erzeuge enormen Druck auf viele Menschen und resultiere in der Suche nach Individualität. Die Menschen wollen sich spüren, ziehen sich einerseits in ihr Schneckenhaus zurück und suchen andererseits Verbindungen, so Barbolini. Gärten seien ein möglicher Lösungsweg. Hobbygärtner dürften dabeinicht mit einem komplexen Garten als Vorbild überfordert werden. Wichtig sind Angebote in kleinen Schritten.

Von ihren Erlebnissen des „Homefarmings“ berichtete Judith Rakers, Journalistin, Fernsehmoderatorin und Gemüsegärtnerin aus Leidenschaft. Ihre Garten-Erfahrungen als Verbraucherin gab sie emotional und mit Begeisterung auf Instagram weiter und schließlich in ihrem Spiegel-Bestseller-Buch „Home Farming“. Viele Menschen konnten sich mit ihr, einer berufstätigen Nicht-Gartenfachfrau, identifizieren.

Gärtnern müsse zum Bildungsauftrag in Schulen und des öffentlich rechtlichen Rundfunks werden, so Experten einer Diskussionsrunde. Die Anlage eines Naturgartens an Schulen scheitert oft an einfachsten Dingen wie einem Wasserzugang, berichtete Sabine Klingelhöfer von Neudorffs Bemühungen.

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