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Leserbriefe

Geheimnisvolle Wundererde aus dem Pfälzerwald?

Zum Beitrag „Terra Preta – Geheimnisvolle Erde aus Amazonien“ in DEGA PRODUKTION & HANDEL 5/2011 erreichten uns zwei Leserbriefe. Beide verweisen auf die Fraglichkeit der Produktversprechen.

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Vor einer unkontrollierten Anwendung warnen

Über die fortschrittliche Düngetechnik der Ureinwohner Amazoniens wird seit geraumer Zeit immer wieder einmal berichtet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit haben Indianer in den Urwäldern Amazoniens durch gezielten Einsatz diverser Reste ihrer Lebenshaltung (Fäkalien, Holzkohle, Tierknochen, Pflanzenreste …) eine außerordentlich ertragreiche Schwarzerde hergestellt. Die Tatsache, dass mit dem Einsatz von Holzkohle Kohlenstoff über einen längeren Zeitraum im Boden gebunden werden kann, hat ganz offensichtlich auch die Fantasie aus Klimaschutz-Kreisen stark angeregt. Die Devise ist nun also: „Kohle statt Kompost in den Boden“.

Die Produzenten von „Palaterra“ – so der Name des neuen Wunderdüngers – schwärmen denn auch von „dicken Kartoffeln und üppigem Kohl“ und sehen fantastische Absatzchancen für Balkone und Schrebergärten. Die Erzeugung großer Kartoffeln und großer Kohlköpfe ist schlicht und einfach eine Frage der angebotenen Nährstoffmengen – will sagen: Wer viel oder zu viel düngt erhält auch große Kartoffeln. In soweit sind die Geheimnisse aus den Tiefen Amazoniens leicht zu enträtseln.

Vor dem Hintergrund, dass die Haus- und Hobbygärten in unserer Republik zu einem sehr großen Prozentsatz hochgradig überdüngt sind, ist selbstverständlich auch vor einer unkontrollierten Anwendung der Wundererde aus dem Pfälzerwald in den überdüngten Gärten zu warnen. Hier geht es nicht darum, deren ausgelobten Eigenschaften infrage zu stellen, sondern schlicht und einfach um die notwendige Betrachtung von Nährstofffrachten, und das aus Gründen des Boden- und Umweltschutzes. Oder können wir bei den extrem überdüngten Gartenböden sämtliche Augen zudrücken?

Gerade in „Deutschland – Land der Ideen“ ist die Frage, wie man der fortschreitenden Eutrophierung der Gartenböden Einhalt gebieten kann, ganz vorrangig zu stellen. Übrigens ist der Geowissenschaftler Bruno Glaser, einer der Entdecker der Schwarzerden in den Urwäldern Amazoniens, gelinde gesagt nicht sehr glücklich darüber, wie mit seiner Entdeckung bei uns umgegangen wird.

Erich Grantzau, Seelze-Velber

Wenig bis ungeeignet für Kultursubstrate

Der Artikel ,,Geheimnisvolle Erde aus Amazonien“ bedarf einer Korrektur, denn zwischen dem anthropogenen Bodentyp ,,Terra Petra“ und dem hier beschriebenen Substrat, einem Gemisch von Grünschnitt, Gärresten und 10 % Holzkohle aus Rückständen einer Holzvergasungsanlage, besteht außer der schwarzen Farbe keine Gemeinsamkeit.

Ein nachhaltiger Landbau ist nur möglich, wenn die mit Erntegut entzogenen Mineralstoffe in geeigneter Form ausgeglichen werden. Die Indios im Amazonien haben dazu in prähistorischer Zeit ein System entwickelt, wo ein Kompost aus Siedlungsrückständen wie Asche mit Resten an Holzkohle, Fäkalien und organischer Substanz aus der Umgebung gezielt eingesetzt wurde und in mehreren Jahrhunderten sich ein anthropogener Bodentyp entwickelte, der durch einen metermächtigen, schwarzen, humusreichen Horizont gekennzeichnet ist. Unter den gegebenen Klima- und Bodenbedingungen entstanden aus den Komponenten dauerhafte schwer abbaubare Humusverbindungen, die sich selbst nach Jahrhunderten noch positiv auf die Ertragsfähigkeit auswirken. Bei dem von der Firma Areal produzierten ,,Palaterra“ handelt es sich lediglich um ein Substrat aus Grünschnitt und Gärrückständen aus einer Biogasanlage, dem nach kurzer Rotte 10 % Holzkohle aus Rückständen einer Holzvergasungsanlage beigemischt wird. Damit wird einfach die ohnehin kaum überschaubare Palette der Humusdünger und Kultursubstrate um eine Nuance erweitert. Es erhebt sich die Frage, in welchem Bereich des Pflanzenbaus es gegenüber anderen Produkten mit Vorteil eingesetzt werden kann.

Ein bedeutender Faktor für die Bodenfruchtbarkeit ist der Humusgehalt und seine Qualität. Humus entsteht durch Umsetzung zugeführter organischer Substanz und der Tätigkeit von Bodenorganismen, wie Bakterien, Pilzen und tierischen Lebewesen, wobei Regenwürmern eine besonderer Bedeutung zukommt. Dabei werden Nährstoffe aus Ausgangsstoffen freigesetzt und aus schwer umsetzbaren organischen Substanzen und anorganischen Bestandteilen resistente Aggregate gebildet, die die Grundlage einer guten Struktur darstellen. Das erfolgt in der Praxis durch Ernterückstände und Wirtschaftsdünger, wobei dem Stroh eine besondere Bedeutung zukommt. Seine Nutzung zur Energiegewinnung, wie sie vielfach vorgeschlagen wird, wird die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig schädigen. In sogenannten humuszehrenden Fruchtfolgen, wie bei hohem Anteil an Mais, kann eine zusätzliche Gabe an unzersetzter organischer Substanz förderlich sein. Hierzu ist „Palaterra“ zweifellos geeignet, da es im Wesentlichen aus nur wenig zersetzter organischer Substanz besteht, die biologische Aktivität anregt und den Humusschwund beheben kann. Notwendig für eine Dauerwirkung ist jedoch, dass die Gabe regelmäßig in Abständen von zwei bis drei Jahren erfolgt. Wenn dies mehrere Jahrhunderte durchgeführt wird, ist nicht auszuschließen, dass auch unter unseren Boden- und KlimabedIngungen ein Terra-Preta-ähnlicher Bodentyp entsteht.

Kohlenstoff ist im Boden inert, das heißt, er geht keine Verbindungen mit anderen Elementen ein, setzt keine Nährstoffe frei oder bindet sie. ln Form von Holzkohle ist, solange die poröse Struktur erhalten bleibt, eine Wasserspeicherung gegeben. Aber selbst wenn die für eine Wirkung empfohlene Mindestgabe von 20 t „Palaterra“ je ha verabreicht wird, erhöht sich bei einem Anteil von 10 % Holzkohle im Substrat der Gehalt Im Boden lediglich um 0,06 %. Davon ist keine Wirkung zu erwarten! Daraus kann nur gefolgert werden: Von den organischen Ausgangsmaterialien, Grünschnitt und Gärrückständen sind positive Wirkungen kaum zu erwarten. Die aufwendige Herstellung des Substrats und die Einmischung von Holzkohle sind kosten- und energieaufwendig und bringen keine Vorteile.

Wenig bis ungeeignet ist „Palaterra“ wegen der heterogenen, jahreszeitlich bedingten Zusammensetzung als Grundlage für Topf- und Kulturerden. Auch der voraussichtliche Preis von 13 Euro je 20 Liter für Privatkunden wird kaum zum Kauf reizen, wenn 70 Liter Einheitserde einer seit sechs Jahrzehnten bekannten Qualitätserde, für 9 Euro angeboten werden.

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