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Erkenntnisse aus Marktbericht

Wo liegen die Chancen?

Im Vorfeld der IPM ESSEN erstellte Andreas Löbke, CO CONCEPT, einen Marktbericht im Auftrag der Messe Essen. Darin werden eine ganze Reihe von Themen genannt, die für den Gartenbau relevant sind. Einige Impulse im Folgenden.

von Andreas Löbke, CoConcept, im Auftrag der Messe Essen erschienen am 03.03.2025
Blumen und Pflanzen sorgen für ein schönes Zuhause - gerade in Zeiten, in denen die Menschen ansonsten zurückhaltend mit Ausgaben sind. © Armin Huber/MESSE ESSEN
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Optimistisch stimmt die Beobachtung, dass in unsicheren Zeiten die Menschen umso mehr Wert auf ein schönes Zuhause als Rückzugsort und Ort der Geborgenheit und des Wohlfühlens legen. Blumen und Pflanzen vermitteln zweifelsohne genau das. Insofern muss es Ziel aller entlang der Wertschöpfungskette im Gartenbau sein, diese Stimmung aufzufangen und plakativ zu bedienen.

Der Klimawandel ist in 2024 durch Überhitzung in den Städten, Waldsterben, Dürreperioden, Wasserknappheit einerseits und Stürme und Starkregen mit Überschwemmungen andererseits noch stärker im öffentlichen und privaten Bewusstsein angekommen. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass Grün die Folgewirkungen des Klimawandels abmildern kann. Die Menschen sind zunehmend bereit, auch selbst finanziell Vorsorge zu leisten. Von der Politik werden Gelder zur Förderung grünerer Städte freigegeben. Dabei geht es um Kleingartenanlagen, Fassadenbegrünungen oder die Renaturierung von Industrieflächen. Für Verbraucher werden Pflanzen, die trockenheitsverträglich und hitzeresistent sind, interessant.

Nachhaltig produzieren und vertreiben

Noch ist es unüblich in der Branche, als Betrieb eine CO2-Bilanz zu erstellen. Zunehmend wird diese aus der Lieferkette heraus gefordert. Aus diesem Grund plant die Rentenbank, ab 2025 den Gartenbauunternehmen, die eine CO2-Bilanz erstellen wollen, Zuschüsse für die Kosten der Erstellung zu gewähren. Daneben soll es Zinsverbilligungen auf Rentenbank-Darlehen geben.

In Deutschland nimmt das Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau (ZBG) aus Hohenheim die Arbeit für einen neuen Nachhaltigkeitsstandard auf, der ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigen soll. Mitte 2027 sollen hier Ergebnisse vorliegen.

In den Niederlanden wird das Thema Nachhaltigkeit unter Hochdruck vorangetrieben. Vorreiter sind hier FSI mit FloriPEFCR und die Dutch Flower Group. Auch MPS ist sehr aktiv, deren HortiFootprint Calculator jetzt auch FloriPEFCR konform ist.

Der Handel in Deutschland macht sich viele Gedanken. Ansatzpunkte liegen in der Energiezufuhr durch erneuerbare Energie und in der Logistik. Ein großer Hebel liegt darin, alles „Unnatürliche“ bei den natürlichen Produkten Blumen und Pflanzen wegfallen zu lassen, wie überflüssige Verpackungen und Plastik.

Für das Lieferkettengesetz sind die meist inhabergeführten Betriebe des deutschen Gartenbaus/Großhandels als kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nach dem EU-Lieferkettengesetz nicht berichtspflichtig. Da allerdings Nachweise zum Teil von Filialsystemen oder bei der Kreditvergabe von Banken gefordert werden, gibt es inzwischen Ansätze, die auch kleinen Betriebe einen standardisierten Nachweis für eine freiwillige Berichterstattung ermöglichen sollen. Hier spielt die Weiterentwicklung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) eine Rolle. Für freiwillig berichtende Betriebe wurde von der EU ein Nachhaltigkeitsstandard für KMU entwickelt, der Voluntary SME Standard (VSME). An der nutzerfreundlichen Umsetzung eines webbasierten Tools, in das alle wichtigen Datenformate implementierbar sind, wird zurzeit unter dem Dach des DNK gearbeitet. Es soll 2025 zur Verfügung stehen.

Ausbildung muss attraktiver werden

Die Mehrheit der Gärtner bildet heute weniger aus als früher. Alle Fachrichtungen des Gartenbaus hatten weniger Auszubildende, obwohl die Ausbildung zum Gärtner weiterhin die beliebteste Ausbildung der grünen Berufe ist. Viele Ausbildungsstellen blieben in verschiedenen Regionen und Berufen offen, vor allem im Gemüsebau und in den Baumschulen. Fast alle Fachrichtungen des Gartenbaus verbuchten rückläufige Zahlen bei neuen Ausbildungsverträgen. Diese Entwicklung zeigt, dass die Attraktivität des Berufsfelds trotz steigender Umweltbewusstheit verbessert werden muss.

Die Fridays-for-Future-Bewegung hat das Bewusstsein für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der jungen Generation gestärkt. Diese Entwicklung spiegelt sich in Initiativen wie Azubis4Future wider, die eine stärkere Integration von Nachhaltigkeit in die Ausbildungsrahmenpläne fordern.

In Österreich wurde 2024 eine weitere Gärtnerfachrichtung eingerichtet. Dort gibt es nun auch die Fachrichtung Klimagärtner.

Der Handel im Wandel

Bedienungslose Verkaufskonzepte: Im Hinblick auf Personalmangel und der Anforderung, Verkaufsanlässe bei Blumen und Pflanzen zu schaffen, sind 24/7-Store-Konzepte spannend, bei denen Kunden autonom einkaufen können. Die Technik dazu gibt es längst. Entsprechend steigt die Akzeptanz der Verbraucherschaft für diese autonomen Stores, zumal Online-Shopping rund um die Uhr inzwischen selbstverständlich ist.

Bedürfnis nach Ursprünglichem: Seit einigen Jahren wächst das Bedürfnis der nach Ursprünglichem. So ist die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten im Facheinzelhandel deutlich gestiegen. Erstaunlich ist, dass bislang nur ein kleiner Teil der deutschen Gärtnereien Wildpflanzen im Sortiment hat.

Die 2024 erfolgte Teillegalisierung von Cannabis ist im Fachhandel noch nicht angekommen. Kaum ein Gartencenter hat Produkte zum Cannabisanbau im Sortiment.

Kleinere Töpfe sind beliebt: Unabhängig vom Angebot an Blumen und Pflanzen ist ein Trend zu kleineren Töpfen bei Blumen und Pflanzen deutlich. Es hat mit der Tendenz des Wegbrechens des mittleren Preissegments zu tun. Es gibt nur noch preiswert oder teuer. Die Menschen scheinen vielfach das Gefühl für Preise verloren zu haben.

Weniger ist mehr: Interessant ist das zentrale Ergebnis einer Zukunftsstudie, nach dem 20 % der Befragten sich bei Gartencentern und Baumärkten eine Reduzierung und Vereinfachung des Angebots wünschen. Statt Quantität wünschen sie sich mehr Qualität bei Trends, Produkten, Service und Marken im Gartenbau. Dabei geht es nicht darum, nur noch Einheitsprodukte bei Blumen und Pflanzen auf der Fläche anzubieten. Im Gegenteil: Je vielfältiger und differenzierter das Angebot an Blumen und Pflanzen im Ganzen ist, desto besser für die Branche. Im einzelnen Geschäft sollten aber dem Profil des Geschäfts entsprechend Reduzierungen auf das Kernsortiment umgesetzt werden.

Online passiert mehr, als viele wissen

Ein Blick ins Internet zeigte zum Begriff Elefantenohr/Alocasia im April 2024 ein Angebot von allein 17 Seiten bei Kleinanzeigen.de. Bei den Angeboten handelte es sich einerseits um Privatverkäufe, andererseits aber um viele gewerbliche Anbietende von hochpreisigen Offerten. Wieviel genau über das Internet an Blumen und Pflanzen allein über diesen Weg der Kleinanzeigen und Annoncen vermarktet worden ist, ist unklar. Die Zahlen tauchen bisher in keiner Produktions- oder Verkaufsstatistik auf. Diesen Parallelhandel hat keiner richtig im Blick.

Auffällig ist, dass immer mehr Großhändler ihre Onlineshops für den Direktvertrieb an Endverbraucher öffnen.

Große Veränderungen im Onlinehandel werden darin gesehen, dass künftig Marktplätze wie Amazon im Onlinehandel durch neue Anbietende wie Temu, Shein oder Tiktok-Shop (ab 2025 in Deutschland) stark im Wettbewerb stehen werden. Noch ist Amazon unangefochtene erste Anlaufstelle. Das könnte sich bald ändern. Inwiefern das Segment Blumen und Pflanzen hier eine Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten.

Die Gärten werden naturhafter

Bei Hausgärten zeichnet sich der Trend zu naturnahen Gärten ab. Kunden bringen bei der Gartengestaltung immer mehr Verständnis für lebendige und artenreiche Natur auf. So hat der Klimawandel mittlerweile auch bei der Gestaltung von Gärten einen immer größeren Einfluss bei der Wahl der Pflanzen und Materialien. Fragen der Kundschaft, wie sie mit ihrem Garten einen Beitrag zum Umweltschutz leisten können, werden häufiger gestellt. Die Einplanung von insektenfreundlichen Blütenwiesen, Klimabäumen und Totholzhecken ist dabei schon die Regel, sofern sie sich ästhetisch integrieren lassen.

Die Themen „Selbstversorgung“ und torffreies Gärtnern sind weitere Anforderungen, die bei der Umsetzung des perfekten Gartenidylls an Bedeutung gewinnen

Ware am Markt wird knapper

Produktions- und Liefersicherheit gewinnen an Bedeutung: Eine große Herausforderung wird mittlerweile in der Produktions- und Liefersicherheit bei Blumen und Pflanzen gesehen. Gab es früher Blumen und Pflanzen im Überfluss und sehr viel Ware auch jederzeit am Markt verfügbar, wandelt sich diese Situation seit Jahren. Zum einen setzt sich der Strukturwandel immer weiter fort, bei dem mittlerweile auch größere Produktionsbetriebe aus dem Markt ausscheiden; das Angebot vor Ort wird knapper. Aufgrund der Energiekrise geben gerade in den Niederlanden große Betriebe auf. Die Produktion verlagert sich in effiziente Großanlagen außerhalb der EU, zum Beispiel nach Afrika.

Ein anderer Grund liegt darin, dass Blumen und Pflanzen in Deutschland oder dem nahen Ausland mittlerweile überwiegend im Vertragsanbau für mehr Absatzsicherheit produziert werden. Das heißt für den Handel, dass spontane Deckungskäufe nicht mehr möglich sind.

Ein großer Wunsch für 2025 ist, dass der Wettbewerb nicht wie üblich über Klassiker, die in Mengen produziert werden, erfolgt, sondern der Gartenbau noch differenzierter im Angebot wird. So lässt sich die zwingend notwendige Wirtschaftlichkeit der Betriebe besser darstellen. Die Produkte dafür stehen ausreichend zur Verfügung.

Der ganze Marktbericht

Den ausführlichen Bericht von Andreas Löbke, der auch die Entwicklungen im Jahr 2024 beleuchtet, finden Sie auf der Website der Messe Essen.

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