Baumschulen stellen sich den aktuellen Herausforderungen
Auf seiner Mitgliederversammlung 2023 zog der Landesverband Schleswig-Holstein im Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. Bilanz für das Jahr 2022, berichtete über aktuelle Herausforderungenvor allem für die Gehölzproduktion und gab Antworten zu den Reaktionen der Branche.
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Vorstandsmitglied Axel Huckfeldt, Horst, ging in seiner Ansprache auf das Marktgeschehen 2022, aktuelle Herausforderungen in der Produktion und am Markt sowie die Perspektiven der Baumschulwirtschaft ein. Nach zwei sehr guten Jahren ist das Marktgeschehen aktuell nach den Absatzkanälen Einzelhandel/Internethandel einerseits und GaLaBau/Öffentliche Hand andererseits sehr unterschiedlich zu bewerten:
- Beim Endverbraucher herrscht starke Kaufzurückhaltung angesichts kriegsbedingter Energiekrise und Inflation. Die Aussichten für den Absatz an den Einzelhandel (Gartencenter) sind eher verhalten.
- Gut ist der Absatz dagegen in allen anderen Handelsbereichen, zu nennen sind GaLaBau, öffentliche Hand und Forstwirtschaft.
- Obstgehölze, Bäume, Heckenware, Heister und Wildsträucher sind sehr gefragt. Gute Nachfrage besteht auch bei gebietseigenen Gehölzen und Forstpflanzen.
- Starke Kostensteigerungen sind bei allen Ressourcen zu verzeichnen.
- Dazu kommt ein Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel sowie steigende Personalkosten.
Verabschiedung von John-Hermann Cordes, Holm
Vorstandsmitglied Axel Huckfeldt, Horst, schaute in seiner Laudatio auf über 45 Jahre ehrenamtliches Engagement von John-Hermann Cordes für die Baumschulbranche zurück. Bevor Cordes den 1890 gegründeten Baumschulbetrieb als Inhaber übernahm, engagierte er sich bereits ab 1977 im Juniorenkreis der Baumschuler.
Als Baumschuler gilt seine ganze Leidenschaft den Obstgehölzen: seit 1990 ist er im Fachausschuss Obstgehölze auf Landesebene aktiv, seit 2005 bis 2023 als Vorsitzender des Fachausschusses auf Bundesebene. Seit 2005 ist er Mitglied des Erweiterten Hauptausschusses des Bunds deutscher Baumschulen.
Für Cordes war der fachliche Einsatz für die Baumschulwirtschaft immer eine Herzensangelegenheit. Deshalb wurde ihm die Goldene Ehrennadel des BdB verliehen und im Januar 2023 auf der Wintertagung in Goslar die BdB-Ehrenmitgliedschaft.
Aktuelle Herausforderungen in der Baumschul-Produktion
Über „Torfersatz – Stand und Ausblick“ sprach Hendrik Averdieck vom Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.
In Deutschland werden auf insgesamt 1.568 ha Kulturfläche Gehölze in großer Vielfalt und in Topfgrößen von 0,5 bis mehrere 100 Liter Inhalt kultiviert. Die Anforderungen an die verwendeten Kultursubstrate sind dementsprechend hoch. Gemäß Klimaschutzplan der Bundesregierung soll der hinsichtlich der Eigenschaften nahezu ideale Substratausgangsstoff Torf bis 2030 weitgehend ersetzt werden, obwohl durch Torfabbau und -verwendung lediglich 0,27 % der insgesamt in Deutschland verursachten Treibhausgas-Emissionen verursacht werden.
Ein mehrjähriges Modell- und Demonstrationsvorhaben zur Praxiseinführung von torfreduzierten Substraten in Baumschulen (ToSBa) zeigt, dass das Kulturrisiko ab Anteilen von 50% Torfersatzstoffen deutlich ansteigt.
Torfersatzstoffe führen nach einer Schweizer Studie teilweise nur zu einer Verlagerung von Umweltbelastungen, nicht zur Reduktion.
Durch eine steigende Nutzungskonkurrenz bei Substratausgangsstoffen und hohe Energie-und Transportkosten sind Torfersatzstoffe oftmals nicht in ausreichender Menge verfügbar und führen zu massiven Kostensteigerungen für Substrate.
Neue Forschungsansätze verfolgen den landwirtschaftlichen Anbau von Pflanzenarten wie Torfmoos, Schilf und Riedgräsern als nachwachsende Torfersatzstoffe auf wiedervernässten Moorstandorten (Paludikultur), was durch CO2-Bindung den Klimaschutz fördern würde.
„Alternativen zu Glyphosat in der Unkrautregulierung“ stellte Dr. Heinrich Lösing vom Versuchs- und Beratungsring für Baumschulen Schleswig-Holstein vor
Gehölze konkurrieren in der Baumschule mit Unkräutern um Licht, Wasser und Nährstoffe. Deren Regulierung kann auf vielfältige Weise erfolgen. Über Jahrzehnte wird der Wirkstoff Glyphosat (Roundup) auch in Baumschulen zur Regulierung von Unkräutern und Gräsern genutzt. Nach derzeitigem Stand ist der Wirkstoff in Deutschland noch bis Ende 2023 zugelassen. Über eine Verlängerung oder Beendigung der Zulassung wird eine europäische und nationale Entscheidung fallen.
Seit einigen Jahren werden daher umfangreiche Prüfungen vom Versuchs- und Beratungsring e.V. ausgeführt. Dazu gehört die Prüfung anderer Herbizide. Ebenfalls in der Prüfung befinden sich einige neuere Verfahren zur mechanischen Unkrautbekämpfung und Weiterentwicklungen von klassischen Geräte (Belhomme, Clemens). Dazu gehören Hochdruckgeräte (Weed Killer), ein Gerät mit Strom (Zasso X-Power) und neuerer Geräte zur Erkennung von Kulturpflanzen und Unkräutern. Die Erwartungshaltung bei der Verwendung von Robotern (Agrointelli, Bonirob, Farmdroid, Naio (Dino) und weitere)
Alle derzeit verfügbaren Alternativen zu Glyphosate verursachen allerdings höhere Kosten, die CO2-Belastung ist höher (5 bis 7 Arbeitsgänge pro Jahr bei mechanischen Bearbeitung) und der Abbau von Humus im Boden wird beschleunigt.
„Forschungsvorhaben Nachhaltige Baumschulproduktion“ war das Thema von Dr. Andreas Wrede, Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Politik, Handel und zunehmend auch die Verbraucher folgen dem Megatrend „Nachhaltigkeit“. Dem will und muss sich auch die Baumschulwirtschaft noch weiter öffnen, als es bisher bereits der Fall ist. Dabei geht es Identifikation Anpassung und Einführung nachhaltiger aber trotzdem praktikabler und ökonomisch sinnvoller Verfahren, Techniken, Mittel und Methoden, die eine auskömmliche Baumschulproduktion im realen wirtschaftlichen Umfeld ermöglichen.
Die Baumschulwirtschaft in Schleswig-Holstein ist sehr heterogen strukturiert, mit einer sehr ausgeprägten, betriebsspezifischen Spezialisierung (Jungpflanzen, Landschaftsgehölze, Forstbaumschulen, Containerbaumschule, Alleebaumschulen, Obstbaumschulen, Unterlagenbaumschulen, Rosenschulen und weitere).
Wie heterogen die Baumschulwirtschaft tatsächlich ist, verdeutlicht die Zahl von rund 200.000 unterschiedlichen Artikeln, die in Baumschulen in Schleswig-Holstein und drum herum produziert werden. Daher müssen bereits bekannte und auch innovative Verfahren, Techniken, Mittel und Methoden zur nachhaltigen Gehölzkultur zunächst identifiziert, in den zahlreichen Spezialbereichen geprüft und dann, unter Beachtung der individuellen, einzelbetrieblichen Strukturen, in die Praxis eingeführt werden. Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein hat daher einen Projektantrag zum Aufbau eines Modellbetriebs- und einer Koordinierungsstelle nachhaltige Baumschule (Akronym: NaBaum) beim Land eingereicht, um finanzielle Unterstützung für die Begleitung und Förderung der Baumschulwirtschaft auf ihrem Weg in die Nachhaltigkeit zu erhalten.
Über Bildung für nachhaltige Entwicklung (BnE) für die Baumschulwirtschaft sprach Jana Stoppel vom Förderverein Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland
Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz BnE, was ist das überhaupt? Und wie passt BnE zum Pinneberger Baumschulland? In dem Vortrag wurde erklärt, was die Ziele für nachhaltige Entwicklung aus der Agenda 2030 sind und was BnE von bisheriger Umweltpädagogik unterscheidet.
Seit über 300 Jahren wird der Begriff des nachhaltigen Anbaus erst in der Forstwirtschaft, später auch in der Baumschulwirtschaft genutzt und gelebt. Innerhalb der Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland wurde nun eine BnE-Projektstelle eingerichtet, die unter anderem die Arbeit des Deutschen Baumschulmuseums unterstützt und des Weiteren neue Programme vor allem für Kinder und Jugendliche entwickelt. Damit betreten die Baumschulen im Norden Neuland und reagieren auf die hohe Nachfrage nach Bildungsangeboten rund um die Themen „Leistungen von Bäumen“, „Was brauchen Bäume?“ „Die Grüne Stadt“ und „Klimawandelgerechte Stadtentwicklung“.
Vom deutschen Baumschulmuseum zur BAUM-Schule, darüber informierte Dr. Frank Schoppa, Förderverein Kulturlandschaft Pinneberger Baumschulland
Das deutsche Baumschulmuseum in Pinneberg besteht seit gut 25 Jahren und wurde 2019 vom Land Schleswig-Holstein zertifiziert. Es bildet eine wichtige Schnittstelle in der Wissensvermittlung in den Themen Baumschule und rund die Wohlfahrtsleistungen von Gehölzen und ist ein besonderer Lernort.
Aufgrund der verschiedenen Einflussfaktoren wurde deutlich, dass das Baumschulmuseum am jetzigen Standort keine Zukunft haben kann. Eine Vorstudie liegt nun auf dem Tisch, die den Umzug an die Grüne Meile Ellerhoop (zum Arboretum und Gartenbauzentrum) betrachtet. Es gibt bereits auch eine umfassende Machbarkeitsstudie (MBKS). Diese soll neben dem Baukörper und der Außenraumgestaltung vor allem das Betriebskonzept als „Die BAUM-Schule“ – als BnE-Einrichtung und modernes Museum untersuchen. In Vorbereitung einer bundesweiten Ausschreibung der MBKS wird zurzeit die Finanzierung und das Leistungsverzeichnis vorbereitet.
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