Schleswig: Gartenbautag mit Blick auf die Pflanze
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Passenderweise fand die Premiere am Ort der LGS in Schleswig mit rund 100 Teilnehmern statt. Im Mittelpunkt des Gartenbautags stand das Forum „Mensch und Pflanze“.
Dr. Christian von Boetticher, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, konnte wegen einer Kabinettssitzung nicht zum Gartenbautag kommen. Ihn vertrat der zuständige Abteilungsleiter Hans-Joachim Pieper. Dieser meinte, Grünanlagen würden im öffentlichen Bereich derzeit leider vernachlässigt, obwohl sie bei Bürgern einen hohen Stellenwert hätten. Es gebe „objektive Notwendigkeiten“, sich für mehr Grün einzusetzen. Dabei wies er auf die Leistung von Bäumen in Großstädten hin, die zu sauberer Luft, niedrigeren Temperaturen und höherer Luftfeuchtigkeit beitragen. Kein technisches System könne diese Leistung ersetzen.
Hermann Früchtenicht, Präsident der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, unterstrich, dass es für die Branche wichtig sei, mit den Endverbrauchern zu reden. Heute reiche es nicht mehr aus, hervorragende Produkte auf den Markt zu bringen. Die Erzeuger seien auf die „wohlwollende Zustimmung“ der Verbraucher angewiesen.
Nördlichste Gartenschau sehr erfolgreich
Antje Kottich, Pressesprecherin der Schleswiger Gartenschau, berichtete, die Schau sei bisher viel erfolgreicher verlaufen als erwartet. Bereits vor dem Ablauf der ersten Halbzeit seien 350 000 Besucher an die Schlei gekommen. Vorab habe man mit 600 000 Besucher über die ganze Laufzeit gerechnet. Gründe für den Erfolg der LGS sieht Kottich unter anderem im familienfreundlichen Konzept, in der Zusammenarbeit mit Museen vor Ort (die mit der LGS-Eintrittskarte mitbesucht werden können) und in der guten Zusammenarbeit mit den Gärtnern. Kottes Fazit: „Wir können sehr stolz sein, was wir zur ersten Gartenschau im Land zwischen den Meeren bewegt haben.“
Andreas Lohff, Präsident des Gartenbauverbands Nord, moderierte das Forum „Mensch und Pflanze“. Er sinnierte darüber, ob das Thema nicht umgekehrt „Pflanze und Mensch“ hätte lauten sollen, denn sowohl im biblischen Schöpfungsbericht wie in der Evolution stünden die Pflanzen zeitlich weit vor den Menschen. Auf jeden Fall käme dem grünen Berufsstand eine besondere Bedeutung zu: „Wir Gärtner haben den Anspruch, das Bindeglied zwischen Mensch und Pflanze zu sein.“
Tomaten zum Valentinstag?
Augenzwinkernd näherte sich Prof. Dr. Fritz-Gerald Schröder, Dresden, dem ihm vorgegebenen Thema „Warum ist Gemüse sexy?“. So einfach sei darauf keine Antwort zu finden, nicht zuletzt deshalb, weil die Arbeit im Gemüsebau anstrengend sei. Viele Marketingkampagnen, die sich für mehr Gemüseverbrauch einsetzen, sind zu ernsthaft und informationsbetont und orientieren sich zu wenig an der Lebenswelt der Verbraucher, meinte Schröder. Es möge für Gemüse zwar zutreffen, dass „Antioxidantien freie Radikale fangen“. Trotzdem könne der Verbraucher mit dererlei Infos wenig anfangen. Besser sei es, im Gemüsemarketing mit Trend-Begriffen wie Antiaging, Healthy Snacking oder Welllife zu arbeiten. Wer Gemüse erfolgreich vermarkten wolle, müsse auf Geschmack, Gesundheit und Bequemlichkeit setzen.
Schröders Idee für den Valentinstag: Tomaten statt Rosen verschenken. Diese seien schon längst auch als Liebesäpfel bekannt. Außerdem seien sie nicht derart mit Pflanzenschutzmitteln „vollgepumpt“ wie kolumbianische Rosen.
Mehr Abwechslung auf dem Friedhof
Josef F. Terfrüchte, Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner, ging zunächst auf die aktuellen Rahmenbedingungen der Friedhofskultur ein. Für die Friedhofsgärtner sei es „Fünf vor Zwölf“, auf gesellschaftliche Entwicklungen mit neuen Angeboten zu reagieren. Die Gärtner sollten die Initiative ergreifen und nicht resignieren: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“, zitierte Terfrüchte. Das Bestattungs- und Grabpflegeverhalten ändere sich stark. Es bleibe aber gleichzeitig der Wunsch, einen Ort der Trauer besuchen zu können. Keine gesellschaftliche Lösung sei es, „anonym und pflegefrei“ zu bestatten.
Terfrüchte stellte Ergebnisse einer Untersuchung der Fachhochschule Karlsruhe vor, die vergangenes Jahr in Köln durchgeführt wurde. Danach gibt es keine Beziehung zwischen der Bestattungsform und Bildungsschicht. Auf Interesse stoßen „All-Inclusive“-Angebote, so ein weiteres Umfrageergebnis. Über die Kosten sei allgemein wenig bekannt. Interessant immerhin: Der Preis hat nur für die Hälfte der Kunden eine besondere Bedeutung.
Mehr Pflanzen auf dem Friedhof bedeutet auch mehr Leben auf dem Friedhof, so Terfrüchte. Gepflegte Friedhöfe hätten einen höheren Erholungswert. Letztendlich lohne sich mehr Friedhofskultur ökonomisch sowohl für die Gärtner als auch für die Kommunen. Die beste Werbung für Friedhofsgärtner seien fachgerecht und fantasievoll angelegte und gepflegte Gräber. Terfrüchte forderte vor allem „mehr Abwechslung“ bei der Grabbepflanzung. Es gehe um innovative Ideen bei der Neuanlage, eine personenbezogene Bepflanzung und eine sehr gute Pflege.
Dass es die Kölner selbst nicht bei guten und wohlmeinenden Ratschlägen belassen, zeigte Terfrüchte mit dem Projekt „Bestattungsgärten“. Mit verschiedenen neuen Angeboten wollen die Kölner Friedhofsgärtner damit auf neue Bestattungswünsche eingehen, sei es der Wunsch eines Freundeskreises, in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt zu werden oder der Wunsch nach einem Grab in einem Rosen- oder Auengarten.
Die Apfelbäume blühen immer früher
Über Auswirkungen des Klimawandels auf den Gartenbau sprach Dr. Roland Weber, Obstbauversuchs- und Beratungszentrum Jork (OVB) der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Das Besondere des aktuellen Klimawandels sei, dass er erstmals wesentlich durch den Menschen verursacht werde. In Jork sei die Jahresdurchschnittstemperatur während der letzten 30 Jahre um 1,7 Kelvin gestiegen. Die Konsequenzen im Obstbau sind deutlich: Die Apfelblüte hat sich im gleichen Zeitraum um 19 Tage verfrüht. Die Ernte beginne mittlerweile elf Tage früher als vor 25 Jahren. Zwar gebe es unterschiedliche wissenschaftliche Meinungen über genaue Ursachen und den weiteren Verlauf des Klimawandels, „entsetzt“ sei er aber darüber, dass viel von dem, was erst für spätere Jahre vorausgesagt worden sei, bereits jetzt eintreffe.
Es sei schwierig, genaue Zahlen für den künftigen Wetterverlauf anzugeben. Deutlich seien aber bestimmte Trends:
- Die Sommer werden nur leicht, die Winter deutlich wärmer.
- Die Winter werden feuchter, die Sommer trockener. Damit verlagere sich die Grundwasserbildung auf das Winterhalbjahr.
- Extremwetterlagen werden häufiger. Als Beispiel für diese Häufung nannte Weber zwei Temperaturwerte aus Jork. Mit -19,6 °C lagen im Jahr 2006 sowohl der bisher kälteste 13. März als auch mit 37,6 °C der bisher wärmste 20. Juli.
Für das Alte Land sieht Weber Probleme mit der bisherigen Elbwasserversorgung voraus. Sowohl weitere Elbvertiefungen als auch ein durch die Atmosphärenerwärmung steigender Meeresspiegel brächten Brackwasser über die Elbe bis ins Zentrum dieses großen Obstanbaugebiets. Man werde deshalb nach neuen Wegen der Wasserversorgung schauen müssen.
Die zunehmenden Temperaturen haben deutliche Auswirkungen auf die Situation im Pflanzenschutz. Der Flugbeginn des Apfelwicklers, dem Hauptschädling im Apfelanbau, verfrüht sich schon länger um 1 Tag pro Jahr. Verschiedene neue Schadpilze machen den Obstanbauern zu schaffen.
Über die Wohlfahrtswirkung von Pflanzen sprach Carsten Bock vom Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Ellerhoop-Thiensen. Wissenschaftliche Belege zeigten, wie Pflanzen Freiräume schaffen können. Bock betonte die erfreuliche Marktentwicklung bei Blumen und Pflanzen und ermutigte: „Pflanzen tun gut. Zeigen wir es!“.
Text und Bild: Christoph Killgus
(c) DEGA online
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