• Geben Sie einen Suchbegriff ein
    oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

    Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
    Von super bis desaströs

    Valentinstag 2021: BGI zieht Bilanz

    Die Bilanz des Verbands des Deutschen Blumen- Groß- und Importhandels (BGI) zum Valentinstag 2021 fällt sehr unterschiedlich aus: je nach Region von "super" bis "desaströs". BGI-Präsident Norbert Engler weist auf die Wettbewerbsverzerrung durch den Lockdown zugunsten des Lebensmitteleinzelhandels und die Folgen für die gesamte grüne Branche hin und fordert eine baldige Öffnung des grünen Fachhandels.

    Veröffentlicht am
    / Artikel kommentieren
      Rote Rosen sind am Valentinstag die Favoriten der Schenkenden.
    Rote Rosen sind am Valentinstag die Favoriten der Schenkenden.BGI/Andrea Kirchhoff
    Artikel teilen:

    Viele hatten gehofft, dass es noch möglich würde, am Valentinstag „normal“ zu verkaufen, doch nur in Niedersachsen gab es Lockerungen für den Blumenhandel und in Bayern wurden die Sonntagsverkaufszeiten etwas ausgeweitet. In Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und NRW sind die Geschäfte geöffnet, aber der Verkauf von Grußkarten oder Geschenken ist nicht erlaubt. Die meisten Blumengeschäfte hatten sich auf Telefon- und Online-Bestellungen eingestellt, doch für viele Verbraucher waren die Hürden dafür zu hoch. Supermärkte und Online-Versender konnten von dieser Situation profitieren.

    Die Blumengroßhändler beschrieben ihr Geschäft am Montag nach dem Valentinstag sehr unterschiedlich. Das überwiegend eisige Wetter hatte sich nicht unbedingt absatzfördernd ausgewirkt. Immerhin konnten viele Großhändler einen leichten bis sehr erfreulichen Anstieg der Umsätze verzeichnen, auch wenn bundesweit das hohe Niveau der Vorjahre nicht erreicht wurde.

    Im Einkauf waren die Preise an den Versteigerungen für rot blühende Produkte wie immer hoch. Ansonsten war die Preisentwicklung „normal“ und vor allem die Nachfrage nach Frühlingsblühern sehr gut. Insgesamt wurde etwas verhaltener eingekauft, aber einige Blumengroßhändler hatten im Vorfeld ein gutes Bauchgefühl und gingen „voll ins Risiko“, was aufgrund vieler Nachbestellungen am Samstag und Sonntag auch belohnt wurde.

    In den Bundesländern, in denen für die Floristen auch Click & Collect nicht erlaubt war, waren die Umsatzeinbrüche jedoch gravierend. 80 % Minus vermeldete ein Großhändler aus Sachsen. Demgegenüber bedauerte ein Schnittblumengroßhändler vom Niederrhein, dass einige Floristen gar nicht erst öffneten, denn alle, die Vorbestellungen angenommen hatten, machten „zufriedenstellende“ bis „unerwartet gute“ Umsätze. Das Abholen in den Blumenläden klappte am Samstag und Sonntag ziemlich reibungslos. Nur wenige Konsumenten akzeptierten nicht, dass Spontankäufe nicht möglich waren. Gut war für die Einzelhändler, dass viele Kunden in diesem Jahr für ihr Blumengeschenk gerne auch tiefer ins Portemonnaie griffen.

    Wettbewerbsverzerrung führt zu einer veränderten Handelsstruktur

    Dass Schnittblumen und Topfpflanzen in den Supermärkten tagtäglich reißenden Absatz finden und aktuell besonders offensiv beworben werden, führt zu einer Wettbewerbsverzerrung, die den grünen Handel und die Produktion schädigt. „Die Menschen greifen dort zu, wo Blumen und Pflanzen angeboten werden, sie brauchen in dieser Zeit die positive Atmosphäre, die sich mit Blumen und Pflanzen in Haus und Garten schaffen lassen“, so BGI-Präsident Norbert Engler. Viele Groß- und Fachhändler befürchten, dass es zu grundlegenden und nachhaltigen Umwälzungen in den Handelsstrukturen kommt, die kleinen und mittelständischen Unternehmen enorm schadet.

    Aus den Erfahrungen des Valentinstags und angesichts der Verlängerung des Lockdowns zeigen sich der BGI und seine Mitglieder alarmiert. „Anfang März startet für die Branche die Frühjahrssaison“, betont Norbert Engler. „Schon jetzt stehen nicht nur Millionen blühender Pflanzen bereit, sondern auch die Pflanzen für die Selbstversorgung, auf die viele Konsumenten heute mehr denn je Wert legen. Saatgut muss ausgesät und Gemüsejungpflanzen in den nächsten Wochen gesetzt werden. In den Schnittblumenbetrieben suchen Tulpen, Hyazinthen, Ranunkeln, Gerbera und Frühlingszweige ihre Abnehmer. Die Geschäfte des grünen Handels müssen die Möglichkeit bekommen, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, um diese Blumen und Pflanzen zu verkaufen.“

    Blumenhandel ist auf Öffnung vorbereitet

    Der BGI-Präsident weist darauf hin, dass Blumen und Pflanzen verderbliche Frischeprodukte sind, die vernichtet werden müssen, wenn sie nicht verkauft werden dürfen. Ein späterer „Sale“ oder ein Einlagern wie in anderen Branchen sei nicht möglich. Der Blumenhandel sei auf eine Öffnung vorbereitet, für einen sicheren Einkauf wurden die Weichen bereits im letzten Frühsommer gestellt, die Geschäfte haben in Hygienekonzepte investiert, die erprobt sind.

    „Viele Fachhandelsgeschäfte haben große Verkaufsflächen und sind weniger stark frequentiert als Lebensmittelgeschäfte und auch in kleineren Blumengeschäften lässt sich die Kundenfrequenz sehr gut regeln, wie unter anderem das Beispiel Nordrhein-Westfalen zeigt“, spricht sich Norbert Engler für eine baldige Öffnung des grünen Handels aus. „Jede zusätzliche Verkaufsstelle für Blumen und Pflanzen hilft die zu erwartende große Nachfrage zu verteilen.“

    Negative Folgen für Produktion und Wertschätzung

    Darüber hinaus betreffen die Auswirkungen des Lockdowns die gesamte Handelskette: „Wenn der grüne Fachhandel mehrheitlich nicht öffnen darf, entsteht ein Überangebot in den Produktionsbetrieben, wo der Lebensmittelhandel dann zu Niedrigpreisen einkauft. Lieferverträge, die häufig schon vor einem Jahr abgeschlossen wurden, werden neu verhandelt, weil sich die Marktsituation verändert hat. So werden die Produktionsbetriebe doppelt bestraft.“

    Das sich so verändernde Preisgefüge hat gravierende und nachhaltige Auswirkungen auf die Wertschätzung der Produkte und die Wertschöpfung der gesamten Produktions- und Absatzkette, befürchtet man im BGI. Als Konsequenz sei zu erwarten, dass sich Erzeugerbetriebe in ihren nächsten Kulturzyklen in ihrem Angebot auf veränderte Absatzstrukturen einstellen müssten – dies könne den Trend zu weniger Vielfalt hin zu mehr Massenware forcieren.

    Funktionierende Lieferketten sind in Gefahr

    Die Entwicklungen haben aber noch weitreichendere Konsequenzen auf entwicklungs- und wirtschaftspolitischer Ebene. Norbert Engler fordert dazu auf, auch über den Tellerrand zu blicken: „Der gesamte Gartenbau und der grüne Handel sind auf die Produktion in Ländern angewiesen, deren Wirtschaftskraft von Exporten abhängig ist. Jungpflanzen und Stecklinge aus Afrika und Mittelamerika, Schnittblumen aus Afrika und Lateinamerika bilden in vielen Fällen die Grundlage der gesamten Angebots- und Handelskette. Aufgrund fehlender Nachfrage bei uns werden in diesen Ländern über viele Jahre aufgebaute, funktionierende Strukturen zerstört, die in der Vergangenheit auch zur wirtschaftlichen Emanzipation der Menschen in den Erzeugerländern beigetragen haben. Auch wenn es angesichts der gerade vollen Gewächshäuser merkwürdig klingt, wir brauchen diese Basis einer funktionierenden globalen Lieferkette, sonst wird die Warenbeschaffung in Zukunft deutlich erschwert.“

    0 Kommentare
    Was denken Sie? Artikel kommentieren

    Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
    Schreiben Sie den ersten Kommentar.

    Artikel kommentieren
    Was denken Sie? Artikel kommentieren