Jüdischer Friedhof mit „UN-Dekade Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet
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Der Jüdische Friedhof zeichnet sich durch seine besondere Entwicklungsgeschichte mit dem Nebeneinander von gepflegten, gegenwärtig noch genutzten Grabfeldern und wildnisartigen Bereichen durch eine besondere biologische Vielfalt aus. Die Wissenschaftler untersuchten in ihrem Projekt den Bestand an Gefäßpflanzen, Moosen, Flechten, Vögeln, Fledermäusen, Laufkäfern und Spinnentieren. Da die Pflanzenwelt des Friedhofs durch die jahrzehntelange Nutzung kulturell stark überprägt ist, wurde neben einer flächendeckenden Kartierung der Gehölze auch die Bedeutung bestimmter Arten als Teile des Gartendenkmals oder als Kulturrelikte wie zum Beispiel Alleebäume, Grabgehölze oder krautige Zierpflanzen herausgearbeitet. So konnte durch die Auswertung historischer Pflegeakten gezeigt werden, dass ein bedeutender Anteil der originalen Gehölzpflanzungen noch erhalten ist. Die historischen Veränderungen des Alleebaumbestands wurden ebenso dokumentiert wie die für die Biodiversität wertvollen Strukturen wie Höhlen und Totholz. Die Daten sind eine wesentliche Grundlage für ein Baumkataster des Friedhofs, mit dessen Hilfe die wachsenden Anforderungen an die Pflege bewältigt werden können.
Die Ergebnisse der Kartierung unterstreichen die große Bedeutung des Friedhofs für die biologische Vielfalt. Mit 363 wildwachsenden Gefäßpflanzenarten ist der Friedhof überdurchschnittlich artenreich. Grabsteine aus porösen Materialien sind Wuchsorte für bedeutende Gesteinsflechten und –moose, die bei Restaurierungsarbeiten erhalten werden sollten und darüber hinaus auch eine schützende Funktion für die Grabsteinsubstanz besitzen können. Unter den Brutvögeln stellen unter anderem Baum- und Buschbrüter sowie Höhlen- und Nischenbrüter einen bedeutenden Anteil seltener und streng geschützter Arten. Altbäume, dichtes Unterholz und Höhlenbäume sind wichtige Lebensräume für diese Arten, die bei Pflegemaßnahmen erhalten werden sollten. Auch Fledermäuse profitieren von diesem Biotop. Sie sind auf dem Friedhof mit fünf Arten vertreten.
In Abstimmung mit der Jüdischen Gemeinde und Akteuren der Denkmalpflege und des Naturschutzes wurde ein Konzept für eine abgestufte, differenzierte Pflege erarbeitet. Hierbei sollte der Friedhof als Ort der Erinnerung und jüdischer Kultur, die herausragende Denkmalsubstanz der Grabmale und Gebäude, die als Gartendenkmal geschützte Gesamtanlage und die Vielfalt der auf dem Friedhof vorkommenden Arten und Lebensgemeinschaften geschützt und erhalten werden. Die Maßnahmen, die in dem nun ausgezeichneten Projekt vorgeschlagen wurden, konzentrieren sich auf die Erhaltung oder Entwicklung eines Mosaiks naturnaher und parkartiger Gehölzbestände, aber auch auf die Erhaltung von Grabgehölzen, Friedhofsalleen, Friedhofswiesen oder bewachsenen Friedhofsmauern.
UN-Dekade Biologische Vielfalt: Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2011 bis 2020 zur UN-Dekade für biologische Vielfalt erklärt. Die Staatengemeinschaft ruft damit die Weltöffentlichkeit auf, sich für die biologische Vielfalt einzusetzen. Im Wettbewerb "Biologische Vielfalt" wird jede Woche ein Projekt ausgezeichnet, das sich besonders für den Erhalt, eine nachhaltige Nutzung oder die Vermittlung der biologischen Vielfalt einsetzt.
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