Erfolgreich im Hinterland
Wie schafft man es, trotz Standort in strukturschwachem Gebiet mit geringer Kaufkraft ein erfolgreiches Geschäft zu führen? Hans-Joachim Schinner macht es in Ostbayern vor.
- Veröffentlicht am
Nach seinem Gartenbaustudium übernahm Hans-Joachim Schinner vor zwölf Jahren die elterliche Gärtnerei in Güttern, nur einige Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt. Bereits während seines Studiums hatte der junge Betriebsleiter regelmäßig zu Hause mitgearbeitet. „Ich habe während dieser Zeit schon festgestellt, dass nur der Betrieb in Güttern mit den damals 1500m² Gewächshausfläche nicht ausreichen wird, um zu überleben“, so Schinner.
Ausweitung in andere Ortschaften
1997, nur zwei Jahre nach der Übernahme, erwarb Schinner im 12km entfernten Erbendorf ein Grundstück und baute dort einen Blumenpavillon mit Freilandverkauf auf. Damit wurde er zum ersten Gärtner am Ort. Im Jahr darauf folgte ein 50m² großer Blumenladen in Wiesau, einem 4000 Einwohner zählenden Ort, etwa 4km vom Stammbetrieb in Güttern entfernt.
Den Verkauf in dem angemieteten Floristikgeschäft am Marktplatz übernimmt eine Floristin, die seit der Eröffnung mit dabei ist. Damit schlug Schinner zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen erreichte er weitaus mehr Kundschaft als in Güttern allein, andererseits war das eine gute Gelegenheit, die Floristik aus dem Stammbetrieb auszulagern.
Weiterhin pachtete Schinner im Jahr 2000 den Produktionsbetrieb eines Kollegen im 12km entfernten Mitterteich und baute ihn auf eigene Kosten um. Dazu kam im gleichen Jahr ein kleiner Blumenladen am Friedhof in Mitterteich, in dem Schinner das gesamte Friedhofssortiment anbietet und zu dem es bis heute kaum Konkurrenz gibt. Die Trauerbinderei wird im Stammbetrieb angefertigt.
Ebenfalls ab 2000 wurde die Produktion auf eine größere Anzahl von Kulturen umgestellt und die Produktionsfläche in Güttern durch den Neubau eines 2000m² großen Folienhauses erweitert. Mittlerweile produziert Schinner 300 verschiedene Beet- und Balkonpflanzensorten. Doch nicht nur durch Auslagerung in verschiedene Ortschaften versucht Hans-Joachim Schinner, seine Kunden zu erreichen.
Mit Events Kunden interessieren
Durch die Investitionen in Verkaufsstandorte und Gewächshäuser bot sich für Hans-Joachim Schinner nun jedes Jahr die Gelegenheit zum Feiern. „Jede Fertigstellung oder Eröffnung nutze ich als Aufhänger für ein Event. Ideen habe ich viele. Es macht mir einen riesigen Spaß und ich bin mit Leib und Seele Unternehmer“, überzeugt er. Natürlich geht das alles nicht ohne ein funktionierendes Team, das ist Schinner klar. Neben den fünf Familienarbeitskräften sind mit Produktionsgärtnern, Auszubildenden und Floristinnen für den Verkauf in den diversen Verkaufsstätten 14 Mitarbeiter bei dem Diplomingenieur beschäftigt.
Große Aktion durch diverse Aussteller
Im Jahr 2005 stand das 100-jährige Firmenbestehen an, was ein perfekter Anlass für ein großes Fest war. Ein Wochenende lang nutzte Schinner nicht nur zur Präsentation seines Betriebs, sondern ließ auch andere Firmen, wie Bäcker und Metzger zur Verköstigung, Korbflechter, Infostand zu Bioenergie, Baugeschäft und Autohändler zu diesem Event ausstellen. „Ich verlange keine Standmiete von den anderen Ausstellern und mache sogar die Werbung für sie mit. Mein Vorteil ist, dass ich eine Riesenaktion anbieten kann, mich aber nicht um alles selbst kümmern muss, wie beispielsweise die Verpflegung der Besucher“, so Schinner.
Ende Juni 2007 veranstaltete er erstmalig das „Rosenfest“ kombinert mit einer Hochzeitsschau. Dafür kaufte Schinner bei bekannten Rosenzüchtern eine Vielzahl von Containerrosen zu. Stände mit Verpflegung und Fachvorträge ergänzten das Angebot. Seit zwei Jahren produziert Schinner selbst Schnittrosen und hat sich in der Gegend schon einen gewissen Namen als Rosenpapst gemacht.
Immer wieder schafft er es in die Presse, wie beispielsweise mit seiner längsten Rose ‘Milva’ mit 1,45m. Antrieb dafür ist die eigene Begeisterung für Rosen. „Ich habe mich viel umgehört bei Experten, die sich mit der Rosenproduktion auskennen und will auch noch die Containerproduktion lernen“, wird der Betriebsinhaber nicht müde, nach neuen Herausforderungen zu suchen.
Advent mit Orchideen
Neben einer Allerheiligenausstellung im Friedhofsgeschäft in Mitterteich, wofür bis zu 400 Grabgestecke angefertigt werden, fand dieses Jahr zum zweiten Mal eine Adventsausstellung in Güttern statt. Ende November entstand unter der alleinigen Regie der Floristinnen auf 500m² die Ausstellung mit einem kleinen historischen Markt und Rittern, die draußen kampieren und Eierwerfen sowie Met anbieten. Ergänzt wurde dieses Jahr die Ausstellung durch eine Orchideenschau. „Üblicherweise wird erst im frühen Frühjahr eine Orchideenausstellung angeboten. Ich will in diesem Jahr einfach einmal probieren, wie die Idee ankommt“, so der Unternehmer. Mit 4500 Besuchern zur Adventsausstellung an zwei Tagen ging auch diese Rechnung voll auf.
Pflanzeninformation selbstverständlich
Fast alle Beet- und Balkonpflanzen produziert Schinner selbst, auch der Anteil der Schnittblumen nimmt stark zu. Sage und schreibe 45 verschiedene Balkon-Musterkästen inspirieren die Kunden zum Einkauf in der Gärtnerei. Neben Viva Balkonia und sieben Mustervorschlägen vom Gärtnereiverband lässt Hans-Joachim Schinner seinen Gärtnern freie Hand bei den Kombinationen. Ob „Feenzauber“, „Alleskönner“ oder „Frau Holle“, die Musterkästen bieten einen bunten und umfassenden Überblick über das große Beet- und Balkonsortiment Schinners. Für sämtliche Beet- und Balkonpflanzen werden in tage- und nächtelanger Arbeit eigene Pflanzenbeschreibungen erstellt. „Damit bringen wir unser Wissen über die Pflanzen und die regionalen Einflussfaktoren mit ein“, ist dem Produzenten wichtig.
Text und Bilder: Susanne Schwab, Bamberg
Barrierefreiheit Menü
Hier können Sie Ihre Einstellungen anpassen:
Schriftgröße
Kontrast
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.