Mindestlohn: ZVG sagt, wo Nachbesserungsbedarf besteht
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Der ZVG fordert Änderungen insbesondere bei den geplanten Aufzeichnungspflichten. Die vereinfachten Regelungen des MiLoG während der Übergangszeit müssten auch für die über das Arbeitnehmerentsendegesetz allgemeinverbindlichen Tarifverträge gelten. Dies gelte letztlich auch für die Berücksichtigung von Kost und Logis.
Ferner seien die derzeitigen Regelungen hinsichtlich der auf ein Arbeitszeitkonto übertragbaren Stunden zu unflexibel. Vor allem Betriebe mit saisonal unterschiedlichem Arbeitsanfall würden im Ernstfall so zu Entlassungen von Mitarbeitern gezwungen sein.
Der ZVG kritisiert zudem, dass für Familienmitglieder dieselben Vorgaben hinsichtlich der formalen Aufzeichnungspflichten gelten. Dies sei praxisfern und den Familienbetrieben nicht vermittelbar.
Auch bei der Arbeitgeberhaftung fordert der ZVG Nachbesserungen. Laut Mindestlohngesetz haftet jeder Unternehmer als Auftraggeber für den Verstoß gegen das MiLoG durch einen von ihm mit Werk- oder Dienstleistungen beauftragten Unternehmer. Diese weitgehende Haftung sei gerade für Familienbetriebe und kleinere und mittlere Unternehmen existenzgefährdend.
Aufzeichnungspflichten müssten vereinfacht werden
Entgegen den Vorschlägen aus Gartenbau und Landwirtschaft, eine Umsetzung des MiLoG über das Tarifvertragsgesetz zu ermöglichen, wurde von der Politik der Weg über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) gewählt. Dies hat zur Folge, dass die Betriebe für die Übergangszeit bis zum 1. Januar 2018 mit einem höheren Bürokratieaufwand überzogen werden.
Nach MiLoG (§ 17 Abs.1) muss die Aufzeichnung der Arbeitszeiten für Minijobber und kurzfristig Beschäftigte innerhalb von sieben Tagen erfolgen. Die Dokumentationspflicht (§17 Abs. 1 und 2 MiLoG) entfällt laut Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung für Arbeitnehmer, die mehr als 2.958 Euro brutto im Monat verdienen.
In der Praxis führt die Aufzeichnungspflicht zu erheblichem Aufwand seitens der Arbeitgeber, die letztendlich für die wöchentliche Überprüfung der Aufzeichnungspflichten verantwortlich sind. Dem gewählten Schwellenwert für die Erleichterungen liegen Arbeitszeiten zugrunde, die in der Praxis völlig unüblich sind und in keiner Weise für Regelungen des Normalfalls gelten.
Der ZVG fordert daher:
- Die vereinfachten Regelungen des MiLoG während der Übergangszeit müssen auch für die über das AEntG allgemeinverbindlichen Tarifverträge gelten. Dies gilt letztlich auch für die Berücksichtigung von Kost und Logis.
- Die Aufzeichnungspflichten für geringfügig Beschäftigte sind, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht, aus dem sich der vereinbarte Stundenlohn und die Arbeitszeit eindeutig ergibt, ersatzlos zu streichen. Mindestens sind aber die im MiLoG geforderten Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten erst am Ende eines Monats vorzulegen.
- Ebenso ist die Einkommensgrenze für eine Vollzeittätigkeit, ab der die Aufzeichnungspflichten beschränkt werden, deutlich abzusenken und bei Teilzeitkräften anteilig anzuwenden.
Arbeitszeit und Fälligkeit des Mindestlohns flexibler gestalten
Nach dem MiLoG (§ 17 Abs.1) dürfen höchstens 50 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Für alle übrigen Arbeitsstunden muss der Mindestlohn im Folgemonat ausgezahlt werden. So können beispielsweise bei einer Halbtagskraft mit 20 Wochenarbeitsstunden, die in arbeitsintensiven Zeiten Vollzeit 40 Wochenarbeitsstunden arbeitet, lediglich 10 Stunden dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. 30 Stunden müssen im Folgemonat mit dem Mindestlohn entlohnt werden. Damit fehlen in den arbeitsschwachen Monaten die notwendigen Ausgleichsstunden. Arbeitnehmern droht dann die Arbeitslosigkeit.
Der ZVG fordert daher eine höhere Flexibilisierung der auf ein Arbeitszeitkonto übertragbaren Stunden. Dies muss insbesondere für Betriebe mit saisonal deutlich unterschiedlichem Arbeitsanfall gelten.
Sonderstellung für mitarbeitende Familienangehörige nötig
Die Mitarbeit von Familienmitgliedern im familieneigenen Betrieb ist insbesondere im Gartenbau Realität. Dies ist oftmals mit einem Arbeitsvertrag geregelt.
Dass für Familienangehörige dieselben Vorgaben hinsichtlich der formalen Aufzeichnungspflichten und Arbeitszeiten gelten, ist den gartenbaulichen Familienbetrieben nicht vermittelbar und schießt weit über das Ziel des Gesetzes hinaus.
Der ZVG fordert daher, mitarbeitende Familienangehörige aus dem Anwendungsbereich des MiLoG herauszunehmen.
Auftraggeberhaftung für kleinere Beriebe existenzgefährend
Hier verweist das MiLoG (§13) auf das AentG (§14). Demnach haftet jeder Unternehmer als Auftraggeber für den Verstoß gegen das MiLoG durch einen von ihm mit Werk- oder Dienstleistungen beauftragtem Unternehmer.
Es bestünde das Risiko, dass ein Gärtner für Verstöße des Gewächshausbauers gegen das MiLoG haften müsste. Eine entsprechende Auslegung der Rechtsprechung ist derzeit noch völlig offen.
Diese weitgehende Haftung ist gerade für Familienbetriebe und kleinere und mittlere Unternehmen eine Existenzgefährdung.
Der ZVG fordert, dieses Haftungsrisiko für die Unternehmer im Gesetz auszuschließen.
Tariföffnungsklauseln für Grenzen des Arbeitszeitgesetzes nötig
Aufgrund der besonderen Anforderungen bei witterungs- und saisonabhängigen Tätigkeiten ergeben sich oft Schwierigkeiten mit den strengen Grenzen des Arbeitszeitgesetzes.
Gerade in den Sommermonaten kann hinsichtlich der Produktqualität von Obst und Gemüse aber auch aus Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer nicht während der Mittagszeit gearbeitet werden. Die vorgeschriebene Ruhezeit von 11 Stunden zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn ist demnach nicht immer einzuhalten.
Der ZVG fordert daher darüber hinaus eine Tariföffnungsklausel auch für die Höchstarbeitszeit.
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