Absatzsituation 2013: Bei Topfpflanzen schlecht, bei Schnittblumen stabil
Ein langer Winter, ein kaltes und nasses Frühjahr, gefolgt von einem heißen Sommer: Die Wetterlage beeinträchtigte den Absatz von Pflanzen. Die wetterbedingte Konsumflaute im Konsumland Deutschland schlägt auf den Gartenbau in Europa durch. Wenige Monate vor der IPM 2014, auf der sich der internationale Gartenbau trifft, gibt Dr. Marianne Altmann einen Überblick zur Situation.
Bis Juni 2013 lagen die Temperaturen deutlich unter dem Fünfjahresmittel der letzten Jahre. In den kurzen Verkaufsfenstern fehlte regional teils verkaufsfertige Ware. Dieser Lieferengpass führte aber nicht wie sonst üblich zu höheren Preisen.
Ab Juli führte die Sommerhitze zu Preisdruck und Preisverfall. Die Preise haben sich auch bisher nicht nennenswert erholt. Die Nachfrage nach Pflanzen ist bis zum Herbst nicht in Schwung gekommen.
Dabei besteht eine wirtschaftliche Erholung im Euroraum: Die konjunkturelle Entwicklung hat laut Wirtschaftsexperten die Talsohle erreicht. Für 2013 wird die Wirtschaftsleistung noch einmal um 0,3 % im Vergleich zum Vorjahr sinken. Für 2014 wird ein Wachstum von einem Prozentpunkt im Euroraum prognostiziert (DIW, 9/2013).
Optimistische Stimmung im Land
Besonders in Deutschland besteht ein gutes Konsumklima. Die deutschen Verbraucher sind optimistisch. Die Ifo-Konjunkturprognose vom Juni 2013 erwartet für 2013 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,6 % und für 2014 um 1,9 %. Die Konsumneigung der Bevölkerung in Deutschland erreichte im August und September die höchsten Werte seit Dezember 2006 (GfK, 9/2013)!
Das positive Konsumklima hat die flaue Nachfrageaktivität nach Blumen und Pflanzen nicht beflügelt. Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass die wirtschaftliche Entwicklung wenig Einfluss auf die Nachfrage hat. Der Blumen- und Pflanzenhandel trotzt der Wirtschaftskrise - aber eben nicht der Wetterlage!
Topfpflanzenmarkt unter Druck
Der wetterbedingte Nachfragerückgang zeigt sich besonders bei den Topfpflanzen. Hier wirkt sich die fehlende Nachfrage stark auf den Außenhandel aus. Die Topfpflanzenimporte der EU sind laut Eurostat im ersten Halbjahr 2013 gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich gefallen.
Diese Entwicklung spiegelt auch die niederländische Exportstatistik wider: Die niederländischen Pflanzenexporte haben sich im ersten Halbjahr 2013 um 3,7 % verringert, in das Hauptexportland Deutschland sogar um 8,6 %!
Die negative Entwicklung hat sich bis August noch verstärkt: Erstmalig waren die monatlichen Exportzahlen für Blumen und Pflanzen zum sechsten Mal in Folge rückläufig.
Die schwache Nachfrage betrifft praktisch ganz Europa
Wenn in vergangenen Jahren das Konsumland Deutschland schwächelte, gab es für die Niederlande Ausweichmöglichkeiten auf die südeuropäischen Märkte. Das ist dieses Mal wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation dort nicht der Fall.
Auch verstärkte Lieferungen nach Skandinavien, England und Osteuropa können den Einbruch bei der deutschen Nachfrage für die Niederlande nicht so leicht zu kompensieren. Bereits 2012 sind die niederländischen Lieferungen in Staaten wie Polen, Tschechien, Rumänien und Ungarn gesunken und haben sich bis zur Jahresmitte 2013 nicht erholt.
Auch der wichtigste und größte osteuropäische Zielmarkt für niederländische Exporte, Russland, weist von Januar bis August 2013 erstmals keine Steigerungsraten bei den Pflanzenlieferungen auf. Dabei spielt sicherlich auch der angekündigte Importstopp für Freilandware eine Rolle.
Schnittblumenhandel ist stabiler
Auf die Schnittblumennachfrage hat das Wetter weniger Einfluss genommen. Gerade die typischen Frühlings- und Sommerblumen verzeichnen gute Verkaufszahlen. Die Eurostat weist einen geringfügigen Rückgang der Schnittblumenimporte im Vergleich zum Vorjahr aus, der sich mit den Nachmeldungen noch ausgleichen kann.
Die Importe aus Südamerika scheinen zugunsten der afrikanischen Lieferländer etwas nachzugeben. Die niederländische Exportstatistik weist einen Rückgang der Schnittblumenexporte um 3,5 % bis Juni und um 4 % bis August 2013 im Vergleich zum Vorjahr aus. In gleicher Größenordnung gilt dies auch für die Lieferungen nach Deutschland.
Nachdem die niederländischen Exporteure 2012 große Zuwächse verzeichnen konnten, kann man für 2013 von einem stabilen, aber nicht wachsenden Niveau vergleichbar mit 2011 ausgehen.
Experten sehen in Deutschland einen Trend zu einem wachsenden Schnittblumenangebot aus regionaler Freilandproduktion. Möglicherweise beeinflusst diese Entwicklung im Sommer die niederländischen Exportmengen.
Nachfrage in Deutschland bei Topfpflanzen schwach, bei Schnittblumen stabil
Ähnlich wie der Außenhandel entwickelt sich auch die Nachfrage in Deutschland: Schnittblumen stabil, Topfpflanzen sehr schwach.
Die Nachfrage nach Schnittblumen zu den Verkaufshöhepunkten Valentinstag, Muttertag und Ostern war laut Umfrage unter den deutschen Großhandelsbetrieben (Co Concept, BGI) gut.
Gute Preise und guter Verkauf lassen bei Schnittblumen positiv in das gesamte Jahr 2013 blicken. Es scheint, dass Schnittblumenkäufe im Frühjahr von der Zurückhaltung im Kauf von Pflanzen profitiert haben. Abgesehen von dem Nachfragetief in der Hitzeperiode im Juli und August ist dies ein gutes Schnittblumenjahr.
Im Gegensatz dazu meldet der deutsche Topfpflanzengroßhandel eine dramatische Kaufzurückhaltung. An den wetterbedingten Ausfall der Frühjahrsblüher hat sich ein verspäteter und geringer Abverkauf an Beet- und Balkonpflanzen angeschlossen. Die verkaufsfertige Ware habe sich in den Produktionsbetrieben angestaut und sei dann zu Niedrigpreisen verschleudert worden.
Laut Einschätzung des Großhandels habe der Einzelhandel die niedrigen Preise teilweise an den Endverbraucher weitergegeben. Dieser habe aber deshalb keinesfalls mehr gekauft, sondern sei irritiert gewesen. Der Einzelhandel spricht von einem Nachfragerückgang, regional unterschiedlich, zwischen 10 und 30 %, der bis zum Jahresende nicht mehr aufzuholen ist. Die Baumarktbranche gibt für das ersten Halbjahr 2013 einen Umsatzrückgang von 13 % in der Warengruppe „Lebendes Grün“ an.
Deutlich zeigt sich: Über Dumpingpreise ist keine Nachfrage zu schaffen! Diese Preispolitik entwertet vielmehr das Produkt und schwächt langfristig die Nachfrage.
Die Nachfrage nach Topfpflanzen hat sich bis zum Herbst nicht entwickelt. Auch Ende September ist noch kein reges Herbstgeschäft spürbar. Die Preise geraten erneut unter Druck. Vielleicht ist die Ursache wieder das Wetter, das mit hohen Temperaturen die Sommerblumen lange blühen lässt und die Herbstbepflanzungen blockiert? Oder hat der Konsument hat ein ganzes Jahr verlernt, sich für Pflanzenkäufe zu begeistern?
Unsere Branche ist extrem wetterabhängig
Das Ausnahmejahr 2013 zeigt, wie stark die Branche vom Wetter abhängig ist. Wie kann trotzdem die Nachfrage langfristig garantiert werden?
Ein Ziel muss sein, in den nachfragestarken Ländern, und hier besonders in Deutschland, neue Konsumentengruppen zu begeistern. Auf dem Zukunftskongress Deutscher Gartenbau im September in Berlin bestand Einigkeit: Blumen und Pflanzen müssen beim Konsumenten stärker als hochwertiger Bestandteil im Leben verankert werden („Ohne Blumen und Pflanzen fehlt dir was“). Dies ist die vordringliche Aufgabe der Branche!
Die Nachfrage nach Blumen und Pflanzen ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller, die im oder am Sektor Geld verdienen wollen.
Dr. Marianne Altmann, Co Concept, Luxemburg
Quellen: Eurostat, HBAG, AMI, BGI, DIW, Productshap Tuinbouw, destatis, Ifo-Institut, IfW, IWH, Zukunftskongress Gartenbau sowie Expertenbefragungen
DEGA online 18. Oktober 2013