Die bayerischen Gärtner sind zuversichtlich
Die folgende Analyse beschreibt die Einschätzung von 130 bayerischen Gartenbaubetrieben als konjunkturelles Stimmungsbarometer. Wie war das Geschäftsjahr 2012 und wie sind die Erwartungen für 2013? Wie ist der Bedarf an Fachkräften, wie werden Auszubildende akquiriert und welche Anreize werden diesen geboten?
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Die Zahl derjenigen, die das abgelaufene Geschäftsjahr als erfolgreicher bewerteten, stieg im Vergleich zu 2011 um 19 Prozent an. Da der Gemüsebau diesmal von Skandalen verschont blieb, beurteilte jeder zweite Betrieb dieser Sparte 2012 positiver, im Zierpflanzenbau fällt diese Zahl noch etwas höher aus.
Im Obstbau zeigt sich ein ganz anderes Stimmungsbild. Eine große Mehrheit der Betriebe beurteilte den geschäftlichen Erfolg negativ. Dies ist vor allem auf die enormen Hagelschläge im Juli zurückzuführen. In diesem Jahr wird deshalb die Anschaffung von Hagelschutznetzen durch den Freistaat Bayern gefördert.
Im Zierpflanzenbau wurde besonders das Frühjahrsgeschäft als sehr positiv beurteilt. Nach einem zu kühlen April erstreckte sich die Saison diesmal bis weit in den Juni hinein. Das Herbstgeschäft lief witterungsbedingt spät an, war aber insgesamt doch zufriedenstellend.
Veränderungen in den Betrieben
Grundsätzlich schätzen die bayerischen Gartenbaubetriebe 2013 optimistisch ein. Der Anteil der Optimisten, die eine Verbesserung erwarten, überwiegt.
Im Vergleich zum Vorjahr erwarten über 40 % steigende Umsätze, der Wert erreicht damit das Niveau von 2010. Bei Veränderungen bezüglich der Preise und der Zahl der Mitarbeiter zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr ein unverändertes Bild. Auffällig ist die Veränderung im Bereich der Investitionen. In den vergangenen Jahren scheint sich ein Investitionsstau aufgebaut zu haben. Die Zahl der Betriebe, die 2013 mehr investieren wollen, ist um über 10 % gestiegen.
Bedarf an Fachkräften?
Auffällig sind die großen Unterschiede zwischen den Sparten in den Bereichen Ausbildungsaktivität und Bedarf an Auszubildenden. In der Sparte Zierpflanzenbau bilden aktuell 70 % der teilnehmenden Betriebe aus. Dies führt auch dazu, dass der Bedarf geringer ausfällt. Im Gemüsebau und besonders im Obstbau ist das Engagement in der Ausbildung deutlich schwächer.
Überraschend ist die Tatsache, dass der Bedarf an Gehilfen über alle Sparten hinweg recht gering bei gut 10 % liegt. Nach einer Studie des Johann Heinrich von Thünen Instituts, Braunschweig, werden allerdings bis 2020 dem deutschen Erwerbsgartenbau etwa ein Drittel zu wenige, ausgebildete Gärtner zur Verfügung stehen. Es bleibt also abzuwarten, wie die Branche auf diese Unterdeckung reagieren wird.
Die Suche nach Azubis
Über die Hälfte der Betriebe suchen ihre Auszubildenden über die Agentur für Arbeit. Es war sicher eine kluge Entscheidung des Berufstands im vergangenen Jahr den intensiveren Kontakt mit den Mitarbeitern dort zu suchen. Weil sie die ersten Ansprechpartner für die Vermittlung potenzieller Auszubildender sind, ist es dringend erforderlich, sie möglichst differenziert über den Beruf Gärtner zu informieren.
Über ein Drittel der Betriebe nutzt das Internet für die Suche. Vor dem Hintergrund, dass laut aktueller ARD/ZDF-Online-Studie jeder Deutsche zwischen 14 und 19 Jahren online ist, erscheint dieser Wert verbesserungsbedürftig. Gerade die Präsenz in sozialen Netzwerken wird bei der Nachwuchswerbung eine wichtigere Rolle einnehmen.
Auffällig ist der hohe Anteil der Nennungen im Bereich Sonstiges. Hier fielen etwa zwei Drittel der Nennungen auf „kommen von selber“ und ein Drittel auf „Praktikum“. Der Anteil derjenigen, die nicht aktiv nach Auszubildenden suchen müssen, ist doch erstaunlich hoch. Offensichtlich ist es einigen Betrieben gelungen, sich als Ausbilder einen guten Namen zu machen.
Anreize für Auszubildende
Lediglich 18 % der Teilnehmer bieten höhere Löhne als zusätzlichen Anreiz. Vergleicht man die aktuelle Vergütung der Auszubildenden im Erwerbsgartenbau mit der durchschnittlichen Ausbildungsvergütung in Westdeutschland (731 Euro im zweiten Ausbildungsjahr), scheidet die Vergütung als Kriterium für die Stellenwahl definitiv aus.
Fast jeder zweite Betrieb nennt die Übernahme als zusätzlichen Anreiz. In Verbindung mit der frühzeitigen Übertragung von Verantwortung kann dies tatsächlich als Anreiz gesehen werden. Die Nennungen unter Sonstiges wurden von dem Bereich Weiterbildung dominiert. Es ist sicher zu befürworten, einen Auszubildenden auf Messen, Gartenbautage, Erfa-Treffen mitzunehmen – es zeugt auch von Wertschätzung. Fast keine Erwähnung unter Sonstiges finden die mit am wichtigsten sogenannten weichen Faktoren. Ein nettes, umgängliches Team oder angenehme Arbeitsbedingungen wurden kaum genannt.
In Anbetracht der geringen Vergütung im Erwerbsgartenbau muss gerade an diesen Faktoren gearbeitet werden. In den kommenden Jahren wird der demografische Wandel zuschlagen. Dazu Klaus F. Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: „Ab 2015 verlieren wir jedes Jahr rund 250 000 Mitarbeiter. Dann fehlen aber bereits drei Millionen Arbeitskräfte am Markt – insbesondere Fachkräfte.“
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