Sonderausstellung in Erfurt zeigt Geschichte des Gärtnerberufs
Die vom Deutschen Gartenbaumuseum konzipierte Sonderausstellung zeigt anhand zahlreicher originaler Exponate die Facetten des Gärtnerberufs vom 15. bis ins 20. Jahrhundert. Die Ausstellung zeugt von der langen Berufstradition der Gärtner, dem breiten Tätigkeitsspektrum, der Organisation und Ausbildung, der sozialen Stellung und dem Streben nach qualitätsvollen Produkten.
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Einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung des Gärtnerberufs leisteten seit dem 16. Jahrhundert die Hofgärtner. Sie gehörten zu den Bediensteten des Adels und genossen ho-hes Ansehen. Die Ausbildung bei einem Hofgärtner bürgte für Qualität. Sie waren Spezialis-ten auf vielen Gebieten wie Zierpflanzen, Obstgehölze oder Baumschulen. Sie versorgten die herrschaftliche Tafel mit anspruchsvollen Gartengewächsen und die Gemächer mit edlen Blumen. Außerdem legten sie weitläufige Parkanlagen an und waren für die Orangerien ver-antwortlich. Sie bezogen Lohn, und im Alter wurde ihnen manchmal als „Gnadengeschenk“ sogar eine kleine Pension bewilligt. Mit Ende des Kaiserreichs 1918 war die Epoche der Hofgärtner abgelaufen.
Über die Ausbildung der „normalen“ Erwerbsgärtner, die ja bis zur Gewerbefreiheit durch die Zünfte erfolgte, entspann sich bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine lebhafte Debatte. Aus den Reihen von Juristen, Nationalökonomen und Gärtnern wurden Stimmen laut, die neben der praktischen Arbeit und Ausbildung des Gärtners eine theoretische, an den Wis-senschaften orientierte, Ausbildung forderten. Dabei sollte die Obrigkeit in Stadt und Land in die Gärtnerausbildung regelnd eingreifen und die Einhaltung verbindlicher Standards sicherstellen. Oft fehlende Grundkenntnisse der Lehrlinge in Lesen und Schreiben sollten allgemein durch vorherigen Besuch von „Elementarschulen“ (später Volksschulen) vermittelt werden. Sie sollten als Voraussetzung für die Aufnahme einer Gärtnerlehre gelten. Zwar verengte sich dadurch der Bewerberkreis, aber das Niveau der Gärtnerausbildung wurde angehoben. Das war auch ratsam, weil sich der Gartenbau weiterentwickelte und die wachsende Kundschaft anspruchsvoller wurde.
Besonders seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden regelrechte Gartenbau-zentren mit zahlreichen Gärtnereien, von denen sich Erfurt in Thüringen zum Zentrum des Gartenbaus und Samenhandels entwickeln sollte. Und diese Gärtnereien benötigten verstärkt qualifizierten Nachwuchs, den sie in erster Linie im Betrieb heranbildeten. Der Besuch beruflicher Fortbildungsschulen als Vorläufer der Berufsschulen blieb Gärtnergehilfen aller-dings lange verwehrt. Nicht wenige der etablierten Gärtner meinten, dass die praktische Ausbildung und Arbeit im Betrieb ausreichend seien. Andere betonten die Notwendigkeit einer ergänzenden theoretischen Unterweisung.
Letztendlich schafften die Gewerberechtsnovellen von 1897 und 1908 Klarheit und legten die Grundlagen für das spätere Duale System (praktische Ausbildung im Betrieb und theoreti-scher Unterricht in einer Berufsschule) in Deutschland. Sie regelten die Lehrlingsausbildung grundsätzlich neu, die fortan nur geprüfte Meister vornehmen durften. Ferner wurde zwischen 1895 und 1914 die Zahl der beruflichen Fortbildungsschulen ausgeweitet. Maßgebli-chen Anteil daran hatte der Reformpädagoge und Münchener Stadtschulrat Georg Ker-schensteiner (1854-1932).
Die Regelung der Ausbildung im Gartenbau auf staatlicher Ebene erfolgte 1919, als der Preußische Landwirtschaftsminister verfügte, dass die Landwirtschaftskammern im Bereich seiner Zuständigkeit einheitliche Richtlinien für die Lehrlingsausbildung im Gartenbau auf den Weg zu bringen hätten. Anschließend verfügte das Ministerium die Einrichtung und den
Betrieb staatlich anerkannter Fortbildungsschulen für Gärtner. Im Jahr 1930 ordnete unter Mitwirkung des Berufsstandes das Preußische Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten an, dass die Lehrzeit im Gartenbau für Volksschüler drei Jahre betragen sollte. Sie durfte nur in einem anerkannten Lehrbetrieb erfolgen. Der Besuch einer Berufsschule war verbindlich. Die Lehrzeit endete mit der Gärtnergehilfenprüfung.
Als gärtnerische Ausbildungsbetriebe waren in Preußen seit dem 1. Januar 1933 nur solche anerkannt, deren Inhaber mindestens die Obergärtnerprüfung abgelegt hatten. Diese Bestimmung wurde von den anderen Ländern übernommen. Auch die Prüfung zum Gärtnermeister wurde Anfang der 1930er Jahre weitgehend vereinheitlicht. Denn die Voraussetzungen waren in den Ländern ziemlich verschieden, wobei der Titel „Gärtnermeister“ gar nicht allgemein üblich war. Man sprach stattdessen auch vom „Obergärtner“ oder „Gartenmeister“. Ein Erlass des Preußischen Landwirtschaftsministers vom 1. Juli 1931 wandelte schließlich den Titel „geprüfter Obergärtner“ in „geprüfter Gartenmeister“ oder „Gärtnermeister“ um.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gärtnerausbildung in den nunmehr zwei deutschen Staaten einerseits föderal fortentwickelt und andererseits vom Staat zentral organisiert und gelenkt. Bei aller Unterschiedlichkeit sind aus beiden Systemen hervorragend ausgebildete und engagierte Gärtner hervorgegangen.
Heutzutage haben sich Gärtnerberuf und -ausbildung stark gewandelt. Der frühere „Allrounder“ ist seit Lngem vom Spezialisten etwa für Zierpflanzen- oder Landschaftsbau abgelöst worden. Die Ausbildung erfolgt gezielt in Sparten. Außerdem haben sich die Aufgabenfelder für Gärtner ausgeweitet, beispielsweise auf die Innenraumbegrünung von Bürogebäuden. Methoden der Biowissenschaften wie die In-Vitro-Kultur für Orchideen hielten Einzug in die Pflanzenvermehrung. Die Robotertechnik bietet effiziente Anwendungen wie etwa beim Pikieren von Jungpflanzen. Auch künftig werden sich Gärtner im Beziehungsgefüge von Mensch, Natur und Technik bewegen. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen sowie die Einführung neuer Methoden und Techniken werden an den Gärtnerberuf immer wieder neue Herausforderungen stellen, die es zu bewältigen gilt.
Die Ausstellung ist noch bis zum 31.10.2012 im Deutschen Gartenbaumuseum zu sehen. Weitere Informationen: www.gartenbaumuseum.de.
(DGBM)
(c) DEGA P&H online, 6.7.12
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