Fachtagung Gesundheit: Grün hilft Heilen
Sowohl Städte und Gemeinden wie auch Wohnungsgesellschaften tun sich äußerst schwer mit einer gesundheitsfördernden Gestaltung ihrer Grünanlagen. Laut Prof. Albert Schmidt, Präsident der FLL (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau, Ratingen), ist eine Neubewertung wie auch Umgestaltung öffentlicher Grünflächen und Freiräume nötig. Eine Neubewertung dürfe sich nicht auf den Bereich Barrierefreiheit beschränken. Seine Vorschläge: Für ältere Senioren sollten Grünbereiche innerhalb von bis zu zehn Minuten erreichbar sein. Wege müssen mit vielen Ruhebänken ausgestattet sein. Möglicherweise können aktive Senioren gemeinsam gärtnern oder „Patenschaften“ für bestimmte Bereiche einer Anlage übernehmen.
„Grün reizt die Sinne“, ging Susanne Eising vom Phytotherapeutischem Institut Hamaland (Vreden) auf die therapeutische Wirkung von Grün ein. Ohne Reize können die fünf Sinne des Menschen verkümmern wie unbeanspruchte Muskeln. Dass eine grüne Umwelt die Sinne aktiviert, führte sie auf die urzeitliche Entwicklungsgeschichte des Menschen zurück. Durch Studien belegt ist auch die positive psychische Wirkung von Grün. „Es reduziert Stress und Aggression.“ Arbeiten in begrünten Büros erhöhe sowohl die Motivation der Menschen wie auch ihre Kreativität.
„Ein Stück heilender Garten steckt in jedem Garten“, lenkte die Publizistin Dorothée Waechter aus Herten den Focus der rund 120 Tagungsteilnehmer auf das private Stück Natur. Sie schilderte einen Präzedenzfall aus Belgien, in dem ein Junge – ein Autist, der sich von seiner Umwelt abschottete – durch ständige Beschäftigung im Garten zusammen mit seinen Eltern heute ein normales Leben führen kann. Aus Sicht der Referentin lässt sich in Gärten wieder entdecken, „wer wir als Mensch sind“.
Die therapeutischen Wirkungen von grünen Lebens- und Erlebensräumen nutzt seit inzwischen elf Jahren das Alexaner-Krankenhaus in Münster für seine Psychiatrie. Der dort 1994 eröffnete Sinnespark sollte Geistigbehinderten helfen und zugleich eine Brücke schlagen zu Nichtbehinderten, wie die zuständige Landschaftsarchitektin Ilse Copak berichtete. „Das Konzept ist voll aufgegangen.“ Längst ist der Park für jährlich rund 20 000 Besucher aller Altersgruppen zu einem Ziel für Nahausflüge geworden. Das Münsteraner Beispiel hat Schule gemacht: Bundesweit sind inzwischen mehr als 50 therapeutisch ausgerichtete Grünanlagen zu finden.
Für Landschaftsplaner Ernst Herbstreit aus Bochum stellt der Bereich „Gesundheit“ für die vordenkenden und ausführenden Experten für Garten und Landschaft neue Chancen, aber auch Herausforderungen dar. Bereits erkrankte Menschen benötigen seinen Ausführungen zufolge anders gestaltete Grünanlagen als die noch unbelasteten Gesundheitsbewussten. So zum Beispiel sei ein Apothekergarten für den Investor vor allem ein Marketinginstrument. Herbstreit hält es für wichtig, künftig bei Planungen den inhaltlichen Ansatz zu verstärken und nicht so sehr dem baulichen Ansatz Vorrang zu geben. „Derzeit beobachten wir den Markt und seine Bedürfnisse zu wenig.“ BGL
c) DEGA online 13. Juli 2005 www.dega.de