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Oberbayerischer Gartenbau: Schlecht bedient durch Verwaltungsreform

Die Tagung der oberbayerischen Gärtner, dem größten Bezirk im Bayerischen Gärtnereiverband (BGV), läutete traditionell das Gärtnerjahr ein. Nach Rosenheim im Jahr 2004 war nun Fürstenfeldbruck am 12. Januar 2005 der Tagungsort.

Nach den Worten des Bezirksvorsitzenden Hans Walter Baumeister, Gröbenzell, war das Jahr 2004 durch verhaltenen Optimismus gekennzeichnet. Gewinnsteigerungen erzielten aber nur die Großen, während der Mittelstand weiter leidet.
Bei Zierpflanzen gab es auch in München und Oberbayern lange Zeiten des Überangebots, so bei Beet- und Balkonware, Schnittstauden, Poinettien und Chrysanthemen. Im Sommer waren verstärkt Dumpingpreise festzustellen, aber am Überangebot war nicht allein der NBV/UGA-Markt in Aschheim Schuld. Dort sitzen rund 60 bayerische Zulieferfirmen mit im Boot.
In Oberbayern gebe es viele Erlebnisgärtnereien, die sich dem Wettbewerb und den Kundenwünschen erfolgreich stellen. Auf der anderen Seite vernachlässigten einige ihren hervorragenden Standort und klagen dann über rückläufigen Umsatz. Vertrauen in Partnerschaften werde auch im Jahr 2005 zum Erfolg verhelfen, so Baumeister.
Der Fürstenfeldbrucker Obermeister Uli Würstle blickte zunächst auf die Vergangenheit. Die Kreisgruppe ist jetzt 85 Jahre alt. Er beschäftigte sich auch mit der Ausbildung und bedauerte, dass der Schwerpunkt Marketing nur „halbherzig“ angegangen werde.


Zukunft der Gartenbauverwaltung
BGV-Präsident Benno Basso ging zunächst auf Entscheidungen ein, die bundesweit die Gartenbauwirtschaft beeinflussen. Er begrüßte die Fortsetzung der Mineralölsteuer-Rückvergütung (die auch andere Energieträger betrifft) und forderte dazu auf, Anträge zu stellen. Die Tatsache, dass bisher 30 Mio. Euro zur Verfügung standen, aber nur 15 Mio. Euro abgerufen wurden, erschwere künftige Verhandlungen. Die Haushaltbegleitgesetze des Bundes haben auch große Belastungen gebracht, so durch die Steuererhöhung beim Agrar-Diesel. Die Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung und für die Krankenkasse der Altenteiler wurden kräftig gekürzt.
Ganz unzufrieden war der Präsident aber mit der Politik im Freistaat Bayern. Durch eine Reform, die mit Jahresbeginn in Kraft trat, wurde die bisher dreistufige Verwaltung aufgegeben. Das hat zur Folge, dass die Landwirtschaftsabteilungen mit den Gartenbaureferaten bei den Regierungspräsidien aufgelöst werden.
Wie es nun weitergehen soll und zur Zukunft der Dienst- und Fachaufsicht sei nichts geregelt. Der Verband habe eine Koordinationsstelle vorgeschlagen und die Präsens der Verwaltung vor Ort gefordert. Entscheidungen stehen noch aus. Basso sagte verbittert: „Das Landwirtschaftsministerium will uns offenbar nicht mehr haben, der Gartenbau soll zerschlagen werden.“
Auch Regierungspräsident Werner-Hans Böhm verwies auf strukturelle Probleme. Die Verwaltungsreform gehe an die Substanz. Wie und wo die bisherigen Aufgaben der Fachreferate durchgeführt werden sollen, sei auch ihm nicht bekannt.


Keine großen Zuwachsraten
Über Veränderungen am grünen Markt sprach Prof. Dr. Erhard Schürmer, der bisherige Leiter des Instituts für Betriebswirtschaftslehre an der FH Weihenstephan. Er beschäftigte sich mit dem Thema aus der Sicht der Branche, hauptsächlich Zierpflanzenbau, aber auch Gemüsebau.
Seit den 90er Jahren stagniert im Zierpflanzenbereich die Nachfrage. Erst wenn die Wirtschaft wieder wächst, sei hier mit einem Wachstum zu rechnen. Von Jahr zu Jahr lebe man von großen Erwartungen, aber auch für das Jahr 2005 gebe es keine gesicherten Erkenntnisse. Große Zuwachsraten sieht Schürmer für die nächsten Jahre nicht. Vielmehr werde der Kampf um Marktanteile noch zunehmen.
Die Preise seien seit Jahren stabil bei steigenden Kosten, betriebswirtschaftlich eine Katastrophe. Bei Gemüse sei der Verbrauch in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen, und man könne von weiteren Steigerungen ausgehen. Gleichzeitig sei der Anbau im Freiland aber noch stärker als der Verbrauch angewachsen (der Unterglasanbau stagniert). Dies führte zu einem starken Druck auf die Erzeugerpreise, vor allem in den letzten zwei Jahren.
Bei Zierpflanzen habe sich das Verbraucherverhalten stark verändert. Noch vor 15 Jahren kauft man vor Ort beim Gärtner ein, inzwischen gebe es eine deutliche Verlagerung weg vom klassischen Einzelhandel. Gleichzeitig sei das mittlere Preissegment weggebrochen. Nach Schürmer sinken die Marktanteile der direkt absetzenden Betriebe bei allen Produkten. Er sagte einen Anteilsverlust von bis zu 10 % bis 2007 voraus. Die Expansion der Gartencenter sei noch nicht am Ende.
So werden viele Betriebe auf der Strecke bleiben, auch keine guten Aussichten für die traditionellen Blumengroßmärkte. Für die Zukunft des Einzelhandels spiele die Lage eine große Rolle. Hier aber haben die Betriebe selten die Wahl für eine gezielte Entscheidung.
Schürmer sieht Möglichkeiten für die Zukunft in mehr Zusammenarbeit und Kooperation – eine alte Geschichte, jedoch sei zu wenig passiert, weil der Leidensdruck offenbar noch nicht groß genug war. Er verwies auf andere Branchen, wie beispielsweise die überall entstehenden Ärztehäuser.


Wie kommt man zum Erfolg?
Mit einem Vortrag über Erfolgsfaktoren und die Möglichkeiten der Beeinflussung stellte sich der neue Leiter des genannten Instituts, Prof. Dr. Stefan Krusche, vor. Er war zuvor viele Jahre in der betriebswirtschaftlichen Beratung der Landwirtschaftskammer Rheinland tätig.
Hier können nur einige Ideen des umfangreichen Vortrags wiedergegeben werden. Die Frage des Erfolgs beantwortet sich dadurch, woran sich der einzelne Betrieb (der sein Inhaber) misst.
Operative Ziele als Erfolgsparameter (Umsatz- oder Gewinnentwicklung) seien gut greifbar. Dazu kommen aber strategische Ziele wie Innovationspotenzial oder gutes Betriebsklima und persönliche Ziele. Viele Faktoren, die man beeinflussen kann, bestimmen den Erfolg, aber er ist nicht immer planbar und kann auch das Ergebnis von „glücklichen Umständen“ sein.

Gerd Heinrichs, Neidlingen


c) DEGA online 19. Januar 2005 www.dega.de