ZEW fordert Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes
Anders als in vielen Medien dargestellt, gilt der ermäßigte Steuersatz für gartenbauliche Produkte seit Beginn des bundesdeutschen Umsatzsteuerrechts. Es gab damals zwei politische Ziele: Sicherstellung der heimischen Agrarproduktion und Entlastung des Steuerzahlers bei Produkten, die Grundbedürfnisse abdecken.
Die Abhängigkeit der Gärtner von Natur und Witterungsverläufen war bei der Einführung der bundesdeutschen Umsatzsteuer ein zentraler Grund, Agrarprodukte zunächst völlig von der Umsatzsteuer zu befreien und später den ermäßigten Satz anzuwenden. Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) appelliert deshalb an den Bundesfinanzminister, sich die Aktualität der damaligen Gründe in Erinnerung zu rufen.
Das ZEW fasst die Ergebnisse der Studie wie folgt zusammen: „Eine Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes in Deutschland, der vor allem auf Grundnahrungsmittel, Zeitschriften und Bücher erhoben wird, hätte eine höhere Ausgabenbelastung aller Haushalte zur Folge. Die Umverteilungswirkung einer solchen Abschaffung wäre aber gering. Außerdem könnten negative Umverteilungseffekte zu Lasten einkommensschwacher Haushalte, die durch die ausnahmslose Anwendung des vollen Steuersatzes entstehen würden, ausgeglichen werden, indem der Staat die erzielten Steuer-Mehreinnahmen über Transfers oder steuerliche Entlastung an anderer Stelle wieder an die Haushalte zurückgibt.“
Ermäßigter Steuersatz ist politisches Steuerelement
Es ist schon erstaunlich, wie fahrlässig eine Forschungseinrichtung mit einem solchen politischen Steuerungselement umgeht. Zum einen gilt der ermäßigte Steuersatz für Nahrungsmittel und nicht nur für Grundnahrungsmittel.
Darüber hinaus fordern die Forscher die Politik dazu auf, die Steuer-Mehreinnahmen den Haushalten wieder zugute kommen zu lassen. Die soziale Komponente hat also auch nach Ansicht der Mannheimer Forscher eine Berechtigung. Warum aber jetzt ein über Jahrzehnte und weltweit praktiziertes Verfahren abschaffen?
In der Zusammenfassung heißt es weiter: „Sehr viel bedeutsamer sind die branchenspezifischen Effekte der Steuersatzdifferenzierung. Eine aufkommensneutrale Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes führt dazu, dass die Nachfrage nach den auch bisher voll besteuerten Gütern steigt.“ Umgekehrt sinkt die Nachfrage nach Produkten, für die heute der ermäßigte Steuersatz gilt. Dass dies richtig ist, hat der ZVG in allen bisherigen Diskussionen um dieses Thema belegt. Er hat eindringlich vor den damit verbundenen Verwerfungen gewarnt.
Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Dass aber gerade die heute steuerbegünstigten Branchen besonders lohnintensive und damit in Deutschland Arbeitsplatz schaffende Branchen sind, wird vollständig außer Acht gelassen. Mit einer Abschaffung würden also weitere Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Dies kann und darf nicht Ziel einer zukunftsgerichteten Steuerpolitik sein.
Gleichzeitig wird, soweit bisher bekannt geworden, nur die Wirkung auf die privaten Haushalte betrachtet. Die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes würde automatisch zu weniger Grün in unseren Städten und Gemeinden führen. Denn ebenso wie private Verbraucher können auch die kommunalen Haushalte als Endverbraucher die Umsatzsteuer nicht absetzen.
Der ZVG fordert deshalb dazu auf, alle Auswirkungen einer solchen Abschaffung sehr genau zu betrachten. Der ZVG ist sich sicher, dass dann die Abschaffung nicht mehr auf die politische Tagesordnung gehört. ZVG
c) DEGA online 12. Januar 2005 www.dega.de