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DGG-Jahrestagung

Visionen und Innovationen

„Produkt- und Prozessinnovationen im Gartenbau“ lautete das übergreifende Thema der Jahrestagung der Deutschen Gartenbauwissenschaftlichen Gesellschaft (DGG) und dem Bundesverband der Hochschulabsolventen/Ingenieure Gartenbau und Landschaftsarchitektur (BHGL).

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Dr. Gisela Fischer-Klüver
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„Gute Züchtung passiert nicht mit den Händen, sondern im Kopf“, meinte Garry Grueber, Cultivaris, Mainz und North America LLC. Er beleuchtete in seinem Vortrag die praxistauglichen Voraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten.

Züchtung sei der Motor für Innovationen im Gartenbau, durch neue Produkte komme Bewegung in die Branche. Die heute erhältliche bunte Heuchera-Palette ist aus so einer Vision heraus entstanden, berichtete Grueber. Auch der Gerbera-Züchter Peter Ambrosius schuf visionär neue Garten-Gerbera durch Sammeln und Einkreuzen alpiner Wildarten. Dazu zählen auch Visionen, wie eine Kultur hoffähig gemacht werden kann. Als Beispiel dafür führte er Ludwig Kientzler und die Neu-Guinea-Impatiens an. Die Züchterfirma Sakata hat mithilfe indonesischer Wildarten die „Sunpatiens“ geschaffen und damit aus einem etablierten Produkt ein ganz neues Produkt entwickelt.

Heutzutage seien die genetischen „Mindestabstände“ zwischen Sorten oft sehr gering. Die sogenannten „Me too“- oder Nachahmersorten machen hingegen die Ursprungsprodukte auf dem Markt eher kaputt, meinte Grueber.

Biodiversität nutzen

Zahlreiche Beispiele gibt es für die Entwicklung neuer Zierpflanzen aus „Unkräutern“, die am Wildstandort gesammelt wurden. Beispiele sind Scaevola, Sanvitalia, Ptilotus und Bracteantha, die den Weg „from weeds to wonder“ (vom Unkraut zum Wunderbaren) genommen haben. Erfolg haben Innovationen, die spürbare Verbesserungen für Kultivateure und Verbraucher haben. Nur durch die konsequente Umsetzung einer Vision sind auch die bunten Argyranthemum frutescens entstanden, die es vor 15 Jahren nur in Gelb und Weiß gab. „Wir müssen kreativ sein. Das Verbraucherverhalten ändert sich und wir müssen darauf reagieren“, so Grueber.

Wildarten verschwinden derzeit schneller, als sie entdeckt werden. Das genetische Potenzial für neue Kulturen und die Züchtung neuer Sorten geht damit unwiederbringlich verloren. Nimmt man die derzeitige Rate als Maßstab, werden 20 % der Pflanzen- und Tierarten der Welt bis zum Jahre 2030 ausgestorben sein und 50 % bis zum Ende dieses Jahrhunderts.

Grüne Revolution gefordert

Wasserknappheit und Klimawandel werden einen enormen Einfluss auf Landwirtschaft und Gartenbau haben. Die erste „Grüne Revolution“ in den vergangenen 50 Jahren hat durch Pflanzenzüchtung und verbesserte Kulturmethoden die Produktivität in der Landwirtschaft pro Hektar verdreifachet. „Wir brauchen eine neue Grüne Revolution“, forderte Grueber. In den nächsten 20 bis 30 Jahren muss die landwirtschaftliche Produktion um weitere 30 bis 40 % gesteigert werden. Seine Visionen: Weltweit gibt es rund 500000 Pflanzenarten, davon gelten rund 30000 als essbar. Aber 95 % der pflanzlichen Nahrungsmittel werden derzeit von nur 30 Arten geliefert. Also kann gärtnerisches Know-how dazu beitragen, neue Nahrungspflanzen zu entwickeln.

Während Ethanolproduktion über Mais oder Zuckerrohr ineffizient ist, ermöglichen neue Technologien die Umwandlung von Zellulose, was viel effizienter ist. Zudem existieren neue ertragreiche Biomasse-Kulturen (Panicum, Miscanthus, Bambus) und Ölkulturen (Jatropha curcas). Kaum Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion hat die Algenproduktion, die im Salzwasser erfolgen kann.

„Sofern wir es schaffen, die genetische Diversität zu erhalten, werden wird auch völlig neue Kulturen entwickeln – sowohl in der Landwirtschaft als auch bei Zierpflanzen“, so Grueber. Gartenbau und Wissenschaft müssen ihre Flexibilität, Kreativität und ihren Innovationswillen fördern und ausbauen, statt an veralteten Modellen festzuhalten.

Spartendenken überwinden

„Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir das Spartendenken überwinden“, so ein weiterer Gedanke Gruebers. Während früher nur über Saatgut vermehrte Annuelle zu den Beet- und Balkonpflanzen zählten, sind es heute vermehrt auch Ziergehölze, Gemüse, Stauden und Kräuter. Herkömmliche Barrieren müssen nicht nur im Kopf, sondern auch in der Biologie überwunden werden. Es sollten viel mehr Gattungshybriden erzeugt werden, „nicht alles gelingt, aber Vieles doch“, sagte Grueber.

Unerlässlich für die Zukunft sei eine Verzahnung zwischen Züchtung und Wissenschaft. Die enge Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft werde mehr denn je benötigt. „Gemeinsam müssen wir offen sein für die Veränderungen und vielfältigen Möglichkeiten, die sich dadurch bieten“, so sein Appell.

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