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Karlsruher Institut: Gefahr von Hagelstürmen nimmt zu

Das Gewitterpotenzial in der Atmosphäre steigt – ebenso wie die Zahl der schweren Unwetter. Die jährlichen Schäden durch Hagelstürme an Gebäuden in Baden-Württemberg liegen bei über 30 Millionen Euro – das sind rund 25 Prozent aller durch Naturereignisse bedingten Gebäudeschäden. Am stärksten gefährdet ist die Region Stuttgart. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) im Projekt HARIS-CC (HAil RISk in a Changing Climate) herausgefunden.
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Das Schadenpotenzial einzelner schwerer Gewitterstürme kann dabei ein Vielfaches des jährlichen Durchschnitts betragen: So verursachte ein kräftiger Hagelsturm im Juni 2006 in Villingen-Schwenningen und Trossingen Gebäudeschäden in Höhe von rund 200 Millionen Euro. Und nach dem bisher teuersten Hagelunwetter in Deutschland, im Juli 1984 in München, stand ein gesamter volkswirtschaftlicher Schaden in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zu Buche.

Um die derzeitige und zukünftige Gefährdung durch Hagelstürme besser abschätzen zu können, entwickeln die Forscher des Karlsruher Instituts für Technik (KIT) neue Methoden, bei denen Radar- und Versicherungsdaten kombiniert ausgewertet werden: „Eine solche Gefährdungsabschätzung ist essenziell für Wetterwarnungen, für Präventionsmaßnahmen und für das Katastrophenmanagement“, erklärt der Leiter des Projekts, Dr. Michael Kunz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) und vom CEDIM.

Die Ergebnisse liefern erste Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Hagelereignissen und dem vom Menschen verursachten Klimawandel: In den vergangenen Jahrzehnten hat nicht nur die bodennahe Temperatur, sondern auch die bodennahe Luftfeuchte in Südwestdeutschland erheblich zugenommen. In höheren Atmosphärenschichten, ab etwa 1,5 Kilometern, ist hingegen keine Temperatur- und Feuchtezunahme zu beobachten. Das hat zur Folge, dass in der Atmosphäre der Energiegehalt für Konvektion - Aufwinde bei einer instabilen Verteilung zum Beispiel von Temperatur oder Feuchtigkeit - steigt. „Damit nimmt aber auch das Potential in der Atmosphäre für die Bildung von Gewitterstürmen zu“, erklärt Kunz. Und tatsächlich treten gerade im südwestdeutschen Raum Gewitter und Hagel häufiger und intensiver auf.

Indem sie Schadendaten der SV-Sparkassenversicherung mit Messdaten des am IMK betriebenen Niederschlagsradars verknüpften, fanden die Wissenschaftler heraus, welche Hagelzüge zwischen 1997 und 2007 in weiten Teilen Baden-Württembergs die größten Schäden verursacht haben. Radardaten böten den großen Vorteil, dass sie räumlich und zeitlich sehr hoch aufgelöst sind, so Kunz. „Aus dem Signal, das aus einer Höhe von einem bis vier Kilometern empfangen wird, kann aber nicht direkt auf Hagel am Boden geschlossen werden“. Versicherungsdaten wiederum zeigten die direkten Auswirkungen von Hagel. Die Werte beziehen sich aber nur auf Postleitzahlengebiete und einen Tag, außerdem berücksichtigen sie nur besiedelte Gebiete.
In der Kombination wollen die Wissenschaftler die Vorteile beider Datensätze nutzen. Sie teilen Baden-Württemberg in Gitterzellen mit einer Größe von zehn Kilometern ein und berechnen mit Hilfe statistischer Methoden, in welchen zeitlichen Abständen sich Unwetter einer bestimmten Stärke ereignen. Am stärksten gefährdet ist demzufolge die Region um Stuttgart, während im Rheintal, über dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb Hagel selten auftritt. Der Grund dafür: Bestimmte Geländeformen lenken die Windströmung so ab, dass sich atmosphärische Störungen verstärkten.

Messwerte weisen laut Kunz für den Zeitraum von 1974 bis 2003 einen klaren Trend auf: Das Gewitterpotenzial hat zugenommen. Das spiegelt sich in der jährlichen Anzahl schwerer Hagelunwetter wider, die in einem ähnlichen Zeitraum ebenfalls deutlich zugenommen hat. Lag die Zahl der Tage, die mit Hagelschäden verbunden waren, 1986 noch bei fünf, stieg sie bis 2004 auf 34 Tage an.

Wie sich das Gewitter- und Hagelpotenzial in der Zukunft entwickeln wird, wollen die am Projekt HARIS-CC beteiligten Wissenschaftler aus Klimarechnungen bestimmen. Dabei übertragen sie die entwickelten Methoden auf Simulationen verschiedener hochaufgelöster regionaler Klimamodelle, wie sie derzeit auch am IMK erarbeitet werden.

Das Center for Disaster Management and Risk Reduction Technolo-gy (CEDIM) der Universität Karlsruhe (TH), des Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum – GFZ und des Forschungszentrums Karlsruhe (FZK) ist ein interdisziplinäres Forschungszentrum im Bereich des Katastrophenmanagements. Es soll helfen, natürliche und anthropogene Risiken besser zu verstehen, früher zu erkennen und die Folgen von Katastrophen besser zu beherrschen. In den einzelnen Projekten arbeiten über 30 Wissenschaftler aus mehr als 15 Instituten dieser Einrichtungen.
Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schließen sich das Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft und die Universität Karlsruhe zusammen. 

KIT
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