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    Genomeditierung

    Kommission legt Vorschlag zu Neuen Züchtungsmethoden vor

    Die EU will den Umgang mit Genome-Editing-Methoden, auch Neue Genomische Techniken (NGT) genannt, in der Pflanzenzüchtung neu regeln, einen entsprechenden Gesetzentwurf stellte die EU-Kommission nun vor: Neue Pflanzensorten sollen demnach unter bestimmten Bedingungen nicht mehr den strengen Regeln für gentechnisch veränderte Organismen unterliegen, sondern – bei der Zulassung und im Handel – konventionell gezüchteten Pflanzen gleichgestellt werden.

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    Dazu Stimmen aus der Branche:

    Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: 

    „Für mich als Minister für Landwirtschaft und Ernährung sind bei der Regelung zu Neuer Gentechnik entscheidend, dass sowohl die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher als auch die der Landwirtschaft im Mittelpunkt der Ausgestaltung stehen. Im aktuellen Vorschlag ist das besonders bei zwei zentralen Themen nicht ausreichend berücksichtigt – bei der Patentierung und der Koexistenz. Unsere Land- und Lebensmittelwirtschaft, egal ob konventionell oder ökologisch, darf nicht in ihrer wirtschaftlichen Substanz gefährdet werden.

    Dafür ist einerseits wichtig, dass die Probleme der Patentierung von Pflanzen gelöst und nicht verschärft werden. Das heißt, das Vorhaben darf nicht zur Einführung von Biopatenten durch die Hintertür führen. Das ginge zulasten unserer mittelständischen Zuchtunternehmen, die gerade in Deutschland besonders stark sind. Zudem könnten Patente auf Saatgut in der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zum Handel zu Haftungsrisiken führen.

    Außerdem braucht es wirksame Koexistenzmaßnahmen über die gesamte Wertschöpfungskette, um beiden Bereichen, also mit Agrogentechnik und ohne, weiterhin ihr Auskommen zu gewährleisten und Haftungsrisiken nicht den Unternehmen zuzumuten, die gentechnikfrei wirtschaften wollen. Kurz gesagt: Wer gentechnikfrei wirtschaften möchte, muss das weiterhin tun können.

    Dem Vorsorgeprinzip muss weiterhin Rechnung getragen werden. Das Vorsorgeprinzip schützt nicht nur Gesundheit, Umwelt und Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern bietet auch den Unternehmen Sicherheit bezüglich Haftungsrisiken. Ob der vorliegende Entwurf dem gerecht wird, muss angezweifelt werden.

    Im weiteren Verfahren werden wir uns in diesem Sinne konstruktiv einbringen und für eine gemeinsame Linie der Bundesregierung werben.“

     

    Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauerverbandes (DBV): 

    „Wir begrüßen den pragmatischen Vorschlag der Kommission, der Argumente von Kritikern und Befürwortern der NBT (New Breeding Technologies) ausbalanciert und vor allem der technischen Entwicklung Rechnung trägt. Das ist eine brauchbare Grundlage für die weitere Diskussion. Es besteht dringender Handlungsbedarf, weil der bisherige Rechtsrahmen für die NBT schlicht ungeeignet ist.“

    Mit den neuen Techniken können züchterische Innovationen schneller in der Praxis ankommen und dabei helfen, die aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel besser zu bewältigen. Ebenso kann durch eine effektivere Resistenzzüchtung der Einsatz von klassischen Pflanzenschutzmitteln gesenkt werden. Und auch die Rückverfolgbarkeit der so gezüchteten Pflanzen sei in dem Entwurf ausreichend geregelt. Das vorgesehene Transparenzregister biete für alle Beteiligten die Grundlage, die Verwendung von NBT-Sorten in der Verarbeitungskette nachzuvollziehen. „Für uns ist die Möglichkeit wichtig, getrennte Liefer- und Logistikketten außerhalb der neuen Techniken und mit einer durchgehenden freiwilligen Kennzeichnung organisieren zu können.“

    Allerdings ist es für den Deutschen Bauernverband auch weiterhin unabdingbar, parallel eine Lösung in der Frage der Patente zu schaffen. Das Sortenschutzrecht biete seit Jahrzehnten ausreichende Möglichkeiten für den Schutz des geistigen Eigentums der Züchter. Biopatente seien schlicht nicht notwendig und werden von der Landwirtschaft im Grundsatz abgelehnt. Dass dies von vielen weiteren Stakeholdern ebenso gesehen wird, hebt die Kommission an mehreren Stellen des Entwurfes hervor. „Dies sehen wir als klaren Auftrag an die Kommission, hier parallel eine entsprechende Regelung zu schaffen und die fragwürdige Praxis der Erteilung von Biopatenten zu stoppen“, so Krüsken.

     

    Dr. Henning Ehlers, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes e.V. (DRV):

    „Die Europäische Kommission will den Weg für Pflanzen freimachen, die mit modernen Verfahren der Genomeditierung entstehen. Das ist ein Meilenstein der europäischen Agrarpolitik und ein guter Tag für Europa“, würdigt Dr. Henning Ehlers, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes e.V. (DRV), den heute vorgelegten Verordnungsvorschlag.

    Durch Genomeditierung werden Pflanzen in nie dagewesener Präzision und Transparenz gezüchtet, deren Potenzial überragend ist: von Resistenzen gegenüber klimatischem Stress wie Hitze und Trockenheit über höhere Erträge bis zu optimierten Nährstoffzusammensetzungen. Die Pflanzen sind ein wichtiges Werkzeug, um die Nachhaltigkeitsziele des „European Green Deal“ zu erreichen. „Die Ausrichtung des europäischen Gentechnikrechts am weltweiten Stand der Wissenschaft ist überfällig“, so Dr. Ehlers weiter. „Ungerichtete und rein auf Zufall setzende Verfahren der Mutationszüchtung sind bereits von den Gentechnik-Regelungen befreit. Pflanzen daraus sind in der breiten Anwendung. Deshalb gibt es keinen Grund, die überlegenen Verfahren der Präzisionszüchtung im Regelungskorsett zu belassen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie Europa in diesem Aufbruch unterstützt.“

     

    Professor Holger Puchta, Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT in Karlsruhe:

    „Aus wissenschaftlicher Sicht ergibt es viel Sinn, zwischen konventioneller Gentechnik und den neuen Züchtungsmethoden zu unterscheiden." 

    Denn anders als bei der konventionellen Gentechnik werde beim Genome Editing kein fremdes Erbgut eingebracht. „Stattdessen kommen Genscheren wie CRISPR/Cas zum Einsatz, mit denen gezielte und begrenzte Veränderungen schnell vorgenommen werden können.“ All diese Veränderungen können so auch natürlich entstehen. Im Ergebnis sei die entstandene Pflanze dann nicht mehr von einer klassischen Züchtung zu unterscheiden. „Diese Möglichkeit, den langsamen Prozess natürlicher Veränderungen im Genom zu beschleunigen, eröffnet enorme Chancen“, sagt Puchta. „Europa macht sich damit auf den Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft mit Nutzpflanzen, die weniger Pestizide benötigen und die den Herausforderungen des Klimawandels wie Hitze und Trockenheit standhalten.“

    Dass die Kommission bei ihrer Empfehlung auch die ökologischen Sorgen der Umweltverbände berücksichtig hat, hält Puchta für eine kluge Abwägung der Interessen aller Beteiligter: „So bleiben etwa herbizidresistente Pflanzen von der Regelung ausgeschlossen, da der Einsatz von Herbiziden nach dem Willen der Kommission in der EU in den nächsten Jahren deutlich reduziert werden soll.“ Auch der weiterhin strikte Ausschluss von Genome Editing bei Bioprodukten sei als Entgegenkommen an die Biobranche zumindest wirtschaftlich und politisch nachvollziehbar und sichere die Wahlfreiheit für Konsumentinnen und Konsumenten.

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