Herausforderungen als Chancen nutzen
Bereits zum 25. Mal traf sich die Baumschulbranche am 23. Januar in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim. Mit den diesjährigen Themenschwerpunkten Wasserknappheit, Klimawandel und Artenschwund standen die Herausforderungen der globalen Megathemen auf dem Programm. 300 Experten aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden besuchten den Baumschultag.
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„Das von der Gesellschaft mit lauter Stimme geforderte ökologische und nachhaltige Umdenken braucht ein konkretes Handeln von jedem Einzelnen. Dabei gilt, nicht nur darüber zu sprechen, sondern es zu machen. Und mit der Umstellung der Bewirtschaftung des LWG-Versuchsbetriebes Stutel fängt das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, direkt vor der eigenen Haustür an“, stellte LWG-Präsident Dr. Hermann Kolesch in seinen Grußworten ganz zu Anfang heraus.
Denn mit dem Verzicht von Totalherbiziden und einer konsequenten ökologischen Bewirtschaftung geht der LWG-Versuchsbetrieb für Obstbau und Baumschule in Thüngersheim einen neuen, grünen Weg. Der LWG-Präsident betonte zudem die Rolle der bayerischen Baumschulen als wichtiger Vermittler zwischen Planern, Kommunen und Städten sowie den Verbrauchern: „Treten Sie in Dialog mit den Kunden und seien Sie mutig und gleichzeitig stolz, dass Sie die Herausforderungen im Bereich Klimawandel und Biodiversität angehen“, so Kolesch. Denn gerade die Zusammenarbeit mit allen Bereichen des Gartenbaus, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft ist eine wichtige Voraussetzung, um langfristig aus einer Bewegung für Nachhaltigkeit und Ökologisierung einen Bewusstseinswandel bei Erzeugern und Verbrauchern zu generieren.
Bäume pflanzen? Bäume pflanzen!
Michael Kutter, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern des Bundes deutscher Baumschulen (BdB), rief die Teilnehmer dazu auf, angesichts der gesellschaftlichen Diskussion um Klimawandel und Artenvielfalt die Chance zu ergreifen: „Mit Ihrem Produktportfolio rund um Bäume und Gehölze haben Sie die Lösungsansätze für die Probleme der Erderwärmung und des Artenschwundes in Ihren Verkaufsregalen stehen“, betonte Kutter. Denn auf die Frage, wie dem Klimawandel zu begegnen sei, ist die wohl wichtigste wie richtigste Antwort „Bäume pflanzen, Bäume pflanzen und nochmals Bäume pflanzen!“
Wasser – kostbar & knapp
Mit dem Klimawandel spüren viele gartenbaulich geprägte Regionen schon heute die Knappheit von Wasser für die Produktion. Stefan Kirchner, Institut für Erwerbs- und Freizeitgartenbau der LWG, stellte dazu die neuen Regelungen zur Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser vor. Dabei zeigte er auch auf, mit welchen Möglichkeiten die Bayerische Landwirtschaftsverwaltung den Gartenbau bei der effizienten Bewässerung und der Wasserspeicherung unterstützen wird. Der Themenbereich Bewässerung ist aktueller denn je: Aufgrund des niederschlagarmenWinters, sowie den beiden vergangenen Rekordsommern sind die Wasserspeicherim Boden erst rund zwei Drittel wieder aufgefüllt.
Gehölze als Lebensraum
LWG-Experte Klaus Körber hat sich in seiner Lehr- und Forschungsarbeit nicht nur dem Klimawandel und der Suche nach Zukunftsbäumen verschrieben. Mit der neuen Broschüre „Bäume und Sträucher für Bienen und Insekten“ gibt er den Baumschulen ein Nachschlagewerk an die Hand, das sowohl den Wert von Gehölzen für Bestäuber darstellt, als auch konkrete Handlungsempfehlungen und Sortenvorschläge gibt. Er präsentierte dem Publikum eine Auswahl aus dem Sortiment der Baumschulen, mit der nicht nur Insekten, sondern auch Vögel in den Fokus rücken.
„Der ökologische Wert unserer Produkte, für Tiere wie für den Menschen, muss noch stärker nach außen kommuniziert werden“, betonte Klaus Körber. Auch mit Blick auf den Forst sieht er ähnliche Herausforderungen durch Klimawandel und steigenden Schädlingsdruck, aber: „Die Leute, die aufgrund von Hitzewellen sterben, sterben in der Stadt, nicht im Wald“. So starben durch die Folgen des Sommers 2018 alleine in Berlin und Brandenburg mehr als 800 Menschen (Untersuchung Robert-Koch-Institut).
Artenvielfalt auf Zukunftsbäumen
Die Versuchsflächen für Zukunftsbäume mit über 650 Baumexemplaren in Thüngersheim nutzten zwei Studierende der Universität Würzburg für ihre Masterarbeiten. Julia Grauberger untersuchte dazu die Wildbienenvielfalt an heimischen und nicht-heimischen Linden und zog das Resümee, dass „die neuen Lindenarten für unsere Städte für unsere Wildbienen mindestens genauso attraktiv sind wie unsere heimischen Arten“. Florian Loidolt hatte sich mit den Ursachen des Hummelsterbens durch Silberlinden beschäftigt und räumte mit dem Vorurteil auf, die Bäume seien giftig für Hummel und Bienen. Dabei hängt der Tod der Bestäuber nach seinen Untersuchungen davon ab, wie gut das Nektarangebot der Umgebung ist, wenn die immer noch stark duftende Silberlinde nur noch wenig Nahrung bereit hält.
Neues aus dem Stutel
Roman Döppler und Alexander Zimmermann vom LWG-Institut für Erwerbs- und Freizeitgartenbau berichteten über den aktuellen Stand der Baumaßnahmen im Versuchsbetrieb (Wiedereröffnung Frühjahr 2021) und die neuen Herausforderungen im Pflanzenschutz. So braucht die Bewirtschaftung der Versuchsanstalt nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus zwar Zeit, bietet aber neue Ansätze für Forschungsprojekte wie die mechanische Beikrautregulierung. Der Klimawandel spiegelt sich dabei nicht nur in der Bewirtschaftung der Flächen, sondern auch im Obstbausortiment wider. Dazu wurden Erfahrungsberichte und Versuchsergebnisse aus dem Anbau von Mandel und Feige vorgestellt.
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