Mängel bei Datensicherheit blockieren Landwirtschaft 4.0
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Selbstlenkende Traktoren, die Zeit einsparen und Verluste minimieren, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, die nur an den notwendigen Stellen ausgebracht werden, automatische Ertragskartierung beim Mähdrescher – viele Techniken der Präzisionslandwirtschaft, des Precision Farming, haben längst in den Alltag vieler Landwirte Einzug gehalten.
„Wir können dank GPS und ausgereifter Anwendungstechniken heute sehr präzise arbeiten“, erklärt Prof. Dr. Hans W. Griepentrog vom Fachgebiet Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion an der Universität Hohenheim. In den letzten Jahren sei jedoch ein weiterer Schritt hinzugekommen: Das Smart Farming, das in diesem Jahr unter dem Begriff Landwirtschaft 4.0 bzw. Farming 4.0 auch Thema der Cebit in Hannover ist.
„Über Boden und Pflanzen und die Produktionsbedingungen sind sehr viele Informationen vorhanden“, erläutert Prof. Dr. Griepentrog die Hintergründe. „Landwirtschaft 4.0 verarbeitet diese großen Datenmengen, verknüpft sie, automatisiert Abläufe und unterstützt so den Landwirt beim Entscheidungsprozess.“
Landwirt muss Datenhoheit behalten
Dazu gibt der Landwirt Daten an einen Dienstleister, der auf dieser Grundlage Empfehlungen erarbeitet. Und genau da läge das Problem, so der Experte: „Der Landwirt muss die Datenhoheit behalten und sicher sein, dass seine Daten nicht weitergegeben oder etwa für Werbezwecke verwendet werden.“ Die Datensicherheit müsse daher noch erheblich verbessert werden. „Um das zu gewährleisten gibt es mittlerweile gute Methoden der Verschlüsselung. Es muss sichergestellt sein, dass auf die Daten nur der Adressat, also beispielsweise der Dienstleister, Zugriff hat“, hebt Prof. Dr. Griepentrog hervor. Personenbezogene Daten seien durch das Datenschutzgesetz vergleichsweise gut geschützt, hält er fest. „Doch hier handelt es sich um Betriebsdaten. Sie fallen unter das Betriebsgeheimnis, das man nicht preisgeben sollte, wenn man am Markt bestehen will.“ Eine klare rechtliche Grundlage dazu würde im Augenblick fehlen. „Doch sie ist zwingend notwendig, damit ein Landwirt Vertrauen zu einem Dienstleister aufbauen kann“, mahnt Prof. Dr. Griepentrog an.
Smart Farming kann Nachhaltigkeit verbessern
Wenn das Problem Datenschutz und -sicherheit gelöst ist, bietet Smart Farming große Vorteile – für den Landwirt und die Umwelt. Denn wenn der gesamte Betrieb analysiert wird, kann das die Nachhaltigkeit wesentlich verbessern. „Die Produktionsverfahren sind transparenter und können besser gesteuert werden“, erklärt Prof. Dr. Griepentrog. „Das schont Ressourcen und sorgt dafür, dass Umweltschutzauflagen eingehalten werden, beispielsweise indem die Feldspritze oder Düngerstreuer innerhalb des Mindestabstands zu Gewässern automatisch abschaltet.“ Dazu kämen aber auch Fragen der sozialen Nachhaltigkeit: „Man kann zum Beispiel besser im Auge behalten, ob alle Mitarbeiter einschließlich des Landwirts selbst genügend Urlaub bekommen.“
Zukunftsvision: Ökolandbau plus Robotik
„Und auch, wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint: Smart Farming kommt auch dem Ökolandbau zugute“, betont Prof. Dr. Griepentrog. „Elektronische Datenerfassung und Ackerschlagkartei vereinfachen hier ebenfalls die Dokumentation und das Management des Betriebes. Und die Vorteile beim Ausbringen des Saatguts oder beim Kalken der Schläge gelten für den Ökolandbau ebenso wie für die konventionelle Landwirtschaft.“
Im Gegenteil – wenn Prof. Dr. Griepentrog an die Zukunft denkt, schwebt ihm eine Kombination aus Ökolandbau und Robotik als Standard vor: „Die Sensorik erfasst und verarbeitet alle Informationen über Boden und Pflanzen, und die Robotik erledigt dann das Richtige.“ Umweltbelastende Pestizide und Düngemittel würden dadurch schlicht überflüssig. „Und das Ergebnis: Hohe Erträge und Qualität bei hoher Nachhaltigkeit und Umweltschonung.“
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