Hannover: Urteil gegen städtische Friedhofsaktivitäten
Die Stadt Hannover darf auf ihren Friedhöfen nicht mehr für die Grabpflege durch ihr eigenes Gärtnerteam werben und sie muss den Verkauf von Gräbern und die Beratung für die gärtnerische Grabpflege in Zukunft
räumlich und personell trennen.
Das ist das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen am Landgericht Hannover, das kurz vor Ostern erging. Geklagt hatte Lars Stange. Er betreibt mit seinem Vater in Hannover eine Friedhofsgärtnerei – und als Gewerbetreibendem ist ihm Werbung auf dem Gottesacker untersagt. Dazu, so Stange, führte die Stadt Pflegearbeiten außerhalb der Öffnungszeiten durch, was ihm ebenfalls untersagt ist.
Mit Beschluss vom 19. Februar erteilte das Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Stadt mit der Androhung eines Ordnungsgeldes von 250 000 e, doch die Stadt Hannover legte Widerspruch ein. Begründung: Die Werbung würde nur sehr zurückhaltend an den Fahrzeugen betrieben, Mitarbeiter seien zudem angewiesen, Verkauf von Grabstellen und Beratung für gärtnerische Arbeiten zu trennen und außerhalb der Öffnungszeiten der Friedhöfe müssten zumindest Pflegearbeiten am Rahmengrün zugelassen werden, weil dieses zu den hoheitlichen Aufgaben gehöre.
Das Gericht konnte dieser Argumentation nicht folgen und begründete das Urteil gegen die Stadt Hannover laut „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HNA) so: „Hoheitliche und privatwirtschaftliche Aufgaben sind strikt zu trennen. Werbung auf dem Friedhof wird es nicht geben, das ist auch eine Frage der Pietät.“ Im Klartext: Selbst wenn ein und derselbe Mitarbeiter Grabstellen verkauft und zur gärtnerischen Pflege berät, müssen diese Arbeiten an zwei getrennten Stellen erfolgen. Sonst sieht das Gericht darin einen Wettbewerbsvorteil der Stadt gegenüber den gärtnerischen Unternehmern. Die Stadt muss nun die „dezenten“ Webetafeln, so die HNA, von ihren Fahrzeugen entfernen. Darüber hinaus untersagte ihr das Gericht „Schilder, Plakate oder Ähnliches aufzustellen oder zu befestigen, die sich innerhalb des gesamten Bereiches der Friedhofsgelände befinden, einschließlich der Außenmauern und Zäune“. Zudem darf die Stadt Grabpflege nur zu den Zeiten durchführen, zu denen sie diese auch den Gewerbetreibenden erlaubt, erklärten die Richter.
Laut Lars Stange dauert der Zwist mit der Stadt bald Jahrzehnte. Immer wieder habe er versucht, erst über die Verwaltung und dann über das zuständige Rechtsamt auf die Ungerechtigkeiten hinzuweisen und Änderungen zu erreichen. „Das letzte Mal habe ich im Januar versucht, diese Geschichte ohne das Gericht zu klären. Als das kein Ergebnis gab, bin ich zum Anwalt gegangen“, berichtet er über den langen Kampf mit der Stadt. Die hat bis zum Gerichtstermin am 8. April fest geglaubt, im Recht zu sein – doch das Gericht sah das schon bei der Verhängung der einstweiligen Verfügung anders. Mit dem Rückhalt durch seine Familie hat Stange die Geschichte durchgefochten.
Damit ist für ihn das Thema „Stadt und Arbeit auf dem Friedhof“ noch nicht beendet: Er kann nachweisen, dass die Stadt einen Nutzungsberechtigten namentlich angeschrieben hat und ihm gärtnerische Leistungen nach einer Beisetzung angeboten hat. „Das verstößt gegen § 18 des Bundesdatenschutzgesetzes. Ich überlege in der nächsten Woche mit meinem Anwalt, was wir dagegen tun werden“, sagt Lars Stange, der viel lieber in Ruhe auf dem Friedhof arbeiten möchte, als sich mit Juristen herumzuschlagen.
Text und Bild:
Christiane James, Straelen