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Marketing

Erlebniswelten schaffen

Möbelhäuser haben es vorgemacht: Erlebniswelten sollen Kunden zum Kauf animieren. Das Konzept ist auch für Gartencenter und Gärtnereien interessant. Und notwendig, will man gegen den Wettbewerb bestehen, der sich im Gartenmarkt entwickelt. Auf der Beet- und Balkonpflanzentagung der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim stellte Erwin Meier-Honegger, Inhaber des GartenCenters Meier in Rüti/Schweiz, spannende Konzepte vor.

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Erwin Meier-Honegger sieht auch für kleine Betriebe viele Chancen
Erwin Meier-Honegger sieht auch für kleine Betriebe viele ChancenMeier-Honegger; Wannags
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Die Möglichkeiten, Erlebniswelten für den Kunden zu schaffen, sind unbegrenzt. Was Grenzen setzt, ist das Budget, das Gärtnereien und Gartencentern zur Verfügung steht. Im Einzelhandel werden Flächenerträge von fast 7000 Euro pro Quadratmeter erwirtschaftet. Davon können Inhaber von Gartencentern und Gärtnereien nur träumen. Sie müssen sich meist mit weniger als 900 Euro zufriedengeben. Meier-Honegger: „Hinter das Stichwort Erlebniswelten möchte ich erst mal ein Fragezeichen setzen. Denn wie viel Erlebniseinkauf können wir uns bei solchen Flächenerträgen eigentlich leisten?“

Mittlerweile testen sogar Warenhausketten, ob und wie sich der Trendmarkt Garten erobern lässt. „Unvertraute Mitbewerber“, nennt Erwin MeierHonegger diese Anbieter, die dank guter Umsätze im Kerngeschäft ausreichend Geld zur Verfügung haben, um zu experimentieren.

Ein Bekleidungshersteller entdeckt die Pflanzen

Ein Beispiel ist der amerikanische Bekleidungshersteller Urban Outfitters, der kürzlich in Hamburg seine erste Filiale eröffnet hat. In den USA startete man bereits vor einiger Zeit nahe Philadelphia, am Sitz der Konzernzentrale, unter dem Namen „Terrain“ mit einem Testgeschäft, das sich auf Pflanzen und Gartenaccessoires spezialisiert hat. Im Gegensatz zur Bekleidung, bei der man die 25- bis 35-Jährigen im Fokus hat, will man dort die kaufkräftige Zielgruppe der 50-plus-Generation anlocken. „Bei 200 Millionen Dollar Nettogewinn kann es sich Urban Outfitters leisten zu experimentieren. Wenn wir solche Konzepte eins zu eins übernehmen, würde das nicht funktionieren“, sagt Erwin MeierHonegger. Allerdings lohnt es sich, die Entwicklung im Auge zu behalten. Und den Newsletter des Unternehmens zu abonnieren, der hervorragend gestaltet ist.

Das Beispiel von Daylesford organic

Auch im Mutterland des Gartens, in England, gibt es eine interessante Entwicklung. Menschen, die über viel Geld und ein großes Grundstück verfügen, gestalten dort grüne, öffentlich zugängliche Oasen und verbinden geschickt Garten und Einkaufserlebnis. Wie Lady Carole Bamford, ehemalige Flugbegleiterin, die vor mehr als 35 Jahren Sir Anthony Paul Bamford, den Erben des Baumaschinenherstellers JCB, heiratete. Ausgestattet mit ausreichend Kapital, viel Zeit und weitläufigen Ländereien, auf denen landwirtschaftliche Erzeugnisse wuchsen, gründete Lady Bamford das Unternehmen Daylesford organic. Die biologisch angebauten und hergestellten Lebensmittel sind außer in England auch in München erhältlich, der Daylesford Organic Farmshop hingegen ist einzigartig. Die großzügige Anlage im Norden Londons vereint Gartencenter, Restaurant, Lebensmittelgeschäft und Spabereich. „Hier schafft man es auch im Winter, die Leute mit Kaminfeuerstimmung in den Gartenshop zu locken“, sagt Erwin Meier-Honegger. „So schön die Anlage auch ist – man muss sich im Klaren sein, dass es sich dabei um das Hobby einer superreichen Person handelt, die nicht davon leben muss.“

Mit Gastronomie und Kursen punkten

Ein weiteres Beispiel aus England ist Petersham Nurseries in der Nähe von London. Eröffnet wurde die Gärtnerei mit Restaurant, das von Gastrokritikern in den höchsten Tönen gelobt wird, von einem Versicherungskaufmann und seiner Ehefrau, einem Model.

Diese Beispiele zeigen eins: Die Verbindung von Lebensmitteln und Pflanzen kommt an. „Das ist das Thema der Zukunft“, so Erwin Meier-Honegger. Ein Thema, das vor allem kleine und mittlere Betriebe besetzen können: „Wenn kleine Betriebe in einer schönen Umgebung ihr Angebot erweitern, sei es mit Gastronomie oder auch mit Kursen, da sehe ich noch viel Potenzial.“

Um in seinen Räumlichkeiten Kurse und Seminare zu veranstalten, benötigt man kein großes Budget. Wie wäre es mit einem Nachmittag, an dem man lernt, was sich mit Kräutern leckeres kochen lässt? Oder mit einem Malwettbewerb für Kinder?

Nicht nur eine Frage des Geldes

Was den Umgang mit den kleinen Kunden angeht, rät Erwin Meier-Honegger, sich Frankreich als Vorbild zu nehmen. „Unsere Nachbarn sind Spezialisten darin, Kinder einzubinden.“ Da wird gemalt, getopft und gekocht – und die Erwachsenen haben genauso viel Spaß wie der Nachwuchs.

Zum Einkaufserlebnis gehört auch, dem Kunden eine gute Orientierung zu geben. Was finde ich wo? Welche Pflanzen passen an welchen Standort? Welche Pflanzen passen überhaupt zusammen? Vor allem was die Kombination von Pflanzen angeht, freuen sich viele Kunden über Informationen.

Im Gespräch mit Berufskollegen wird Meier-Honegger immer wieder mit dem Einwand konfrontiert, dass es ab einer gewissen Betriebsgröße ein Leichtes sei, sich eine vernünftige Infrastruktur und Werbung zu leisten. Das lässt der Unternehmer so nicht gelten: „Es ist nicht nur eine Frage des Geldes. Auch eine einfache Infrastruktur kann kreativ und schön sein.“

Um Orientierung zu bieten, benötigt man beispielsweise nicht zwingend aufwendig gestaltete Plakate, sondern vielmehr pfiffige Ideen. Meier-Honegger findet es wichtig, sich auf die Stärken zu besinnen, die man als Gärtner hat: „Wir wollen Tradition und Qualität verkaufen, Fachwissen und gärtnerische Leidenschaft ausstrahlen.“ Wichtiger als teure Prospekte und hyperaktivierte Internetauftritte ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Kunden sich wohlfühlen.

Sich selbst vermarkten

Manches erscheint einem Unternehmer so selbstverständlich, dass er gar nicht daran denkt, es dem Kunden mitzuteilen. Warum schleichen in vielen Gartencentern die Mitarbeiter entschuldigend mit dem Schlauch durch die Gänge, wenn sie die Pflanzen wässern? „Wenn ich kommuniziere, dass das regelmäßige Wässern zum einen lebensnotwendig ist und zum anderen letztlich Wasser spart, dann wird keiner mehr meckern, wenn mal ein Schlauch im Weg liegt“, ist Meier-Honegger überzeugt.

Warum nutzt man die überschaubare Anzahl an Mitarbeitern nicht, um sie dem Kunden persönlich vorzustellen? Und dabei auch noch zu kommunizieren, was jeder Einzelne dafür tut, damit die Pflanzen, die hier verkauft werden, sich besonders wohlfühlen? Beispiele, wie eine solche Kundenansprache aussehen kann, hat Meier-Honegger im Lebensmittelhandel gefunden. „Da hängen riesige Plakate an den Wänden, auf denen sinngemäß steht: ,Unser Bäcker steht jeden Morgen um 3.30 Uhr auf, um für Sie frisches Brot zu backen.’ Der Bäcker bekommt dann noch den Namen Toni, man erfährt, dass Toni seine Arbeit, die er liebt, seit 30 Jahren macht und das Handwerk bereits seinem Sohn beigebracht hat.“ Was banal erscheint, kommt beim Kunden an. Er kauft nicht mehr nur Brot, sondern ein Brot, das Toni mitten in der Nacht extra für ihn gebacken hat. Hier ist Umdenken angesagt, findet Erwin Meier-Honegger: „Es gibt Hunderte von Bäckereien, in denen jeden Tag jemand um 3.30 Uhr aufsteht – nur sagt es keiner. Und es gibt Hunderte von Gärtnereien, die zum Beispiel stolz sind auf ihre lokal produzierten Pflanzen, es aber niemandem mitteilen. Also: Wir müssen unseren Kunden nicht nur sagen, was wir tun und warum, sondern auch, wie wir es tun.“

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