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Meinung: Das Projekt "Geschlossenes Gewächshaus" ist nur ein schöner Traum

Prof. Dr. Henning Bredenbeck, Erfurt, nimmt die hoch gesteckten Erwartungen an das „Geschlossene Gewächshaus“ aufs Korn und wünscht sich Begeisterung für „realistische Ideen“.
Auf der Horti Fair wurde das Perpetuum mobile in Gestalt des geschlossenen Gewächshauses preisgekrönt (zum Beispiel DEGA 48/2003).
Behauptet wird, dass auf alte deutsche Untersuchungen aufgebaut wird. Allerdings sind die umfangreichen Forschungsberichte offensichtlich nicht zu Ende gelesen worden. Richtig ist, dass man damals Schotter als Speicher benutzte. Falsch ist, dass eine effiziente Technik fehlte. Diese war sehr wohl bekannt und vorhanden; allerdings war damals auch bekannt, dass die vermeintlich bessere Technik bei ganz deutlich höheren Investitionskosten ganz deutlich schlechtere Wirkungsgrade lieferte.
Daran hat sich bis heute nichts geändert – allein der Irrglaube, Wasserspeicher seien effektiver, hält sich hartnäckig. Das stimmt für sich allein genommen, allerdings nicht in Kombination mit einem Gewächshaus, und schon gar nicht mit einem ganzjährig geschlossenen.

Höhere Leistung für Kühlung erforderlich
Das ganzjährig geschlossene Gewächshaus wirft eine Reihe weiterer Probleme auf. Die Solarenergiespeicherung muss in einem solchen Fall auf die Spitzenlast ausgelegt werden. Das heißt, sie muss auch bei großer Wärme und hoher Einstrahlung in der Lage sein, die Innentemperatur im pflanzenverträglichen Rahmen zu halten. Die dazu notwendige Leistung ist für ein ganz normales Gewächshaus etwa doppelt so hoch wie die erforderliche Heizleistung für 20 °C Innentemperatur bei -15 °C Außentemperatur.
Bei der Nutzung eines sehr gut wärmegedämmten Hauses, dies empfiehlt sich bei der Nutzung von Solarenergie und unter niederländischen Wetterbedingungen, ist die erforderliche Kühlleistung sogar mindestens drei bis vier Mal so groß wie die für die Heizung notwendige Kesselleistung! Die wird nur für wenige Stunden im Jahr benötigt.

Wärmeverkauf rettet Ökonomie nicht
Die wenige Energie, die man verkaufen kann (vorausgesetzt zu der Zeit kann sie irgendjemand gebrauchen), kann bei den erzielbaren Energiepreisen die Kosten bei weitem nicht decken. Fazit: Ein ganzjährig geschlossenes Gewächshaus mit vollständiger Solarenergienutzung ist etwa das gleiche wie Michael Schumacher mit dem neuen Ferrari im ersten Gang und schleifender Kupplung in der Fußgängerzone. Damit kann man viel Show machen, aber keinen Titel gewinnen.
Der erhoffte Verkauf von ein bisschen Wärme kann diese ökonomische Katastrophe nicht ausgleichen, insbesondere weil die Wärme wegen des niedrigen Temperaturniveaus für andere Verbraucher praktisch unbrauchbar ist. Selbst dieses bisschen ist noch sehr optimis-tisch kalkuliert. Zwar reicht die Überschusswärme des Sommers prinzipiell für die Heizung im Winter, dies setzt aber sehr effiziente Speicher voraus.
Die vorgeschlagenen Erdwärmespeicher haben sich in zahlreichen Versuchen als nur wenig brauchbar herausgestellt, weil nur etwa ein Drittel der eingespeicherten Wärme wieder herausgeholt werden konnte, und dies auch nur bei grundwasserfernen Standorten. Bei den Standorten in den Niederlanden mit Grundwasserbewegung dürfte wahrscheinlich nicht viel übrig bleiben.
Die gesamte energetische und ökonomische Situation einer solchen Anlage kann man nach den Ergebnissen von Damrath (1982) allerdings noch weiter verschlechtern, indem man in dieses System eine Wärmepumpe einbaut. Bei dem angesprochenen deutschen Vorhaben konnte etwa ein Drittel der Heizwärme durch Solarenergie ersetzt werden.

Klimakammern scheiterten auch
Wie viele Probleme sich aus der ach so guten „Regulierung des Klimas“ in geschlossenen Häusern ergeben, sollten die Niederländer eigentlich wissen. Schließlich sind sie genau an diesen Problemen mit ihren – übrigens ebenfalls mal preisgekrönten! – Klimaräumen recht kläglich gescheitert. Die einzigen, die rentabel in Klimaräumen produzieren, sind die Hanfproduzenten.
Die Probleme mit dem Klima sind in einem Klimaraum dabei kleiner als in einem Gewächshaus. Gleiches gilt für die ausgeglichene Luftfeuchte. Dazu ist ein erheblicher technischer und ökonomischer Aufwand erforderlich.
Ob die Rezirkulierung des Wassers, das kondensiert und wieder verwendet werden kann, aus der Sicht des Pflanzenschutzes sinnvoll ist, sei dahingestellt. Übrigens muss man dann auch das gesamte von den Pflanzen benötigte CO2 zuführen.
Faszinierend an diesen Phantasieprojekten ist, wie es gelingt, mit einem schönen Bildchen, markigen Sprüchen und einigen verdrehten physikalischen Tatsachen Innovationspreise zu bekommen, Wirbel zu verursachen und das Interesse der Gärtner zu erregen. Wenn das doch auch mal mit realistischen Ideen gelingen könnte ...

Prof. Dr. Henning Bredenbeck, Fachbereich Gartenbau,
Fachhochschule Erfurt