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Neues Bio-Recht

Erleichterung für Bio-Jungpflanzenbetriebe

Bio-Jungpflanzenbetriebe können endlich aufatmen: Pflanzenvermehrungsmaterial, das aus konventionellem Ausgangsmaterial vermehrt wurde, darf auch künftig das Bio-Siegel tragen und somit als ökologische Ware vermarktet werden. Ursprünglich sollte es mit dem EU-Bio-Recht, das seit 1. Januar 2022 gilt, anders kommen: Zwischenzeitlich war seitens der EU-Kommission geplant, dass es eine neue Kategorie „für den ökologischen Landbau geeignet“ ohne Öko-Auslobung für auf Bio-Betrieben erzeugtes Pflanzenvermehrungsmaterial geben solle, für dessen Produktion keine ausreichende Versorgung mit Öko-Ausgangsmaterial (bspw. Saatgut, Schnittlinge, Reiser) gibt. Für Bio-Jungpflanzenbetriebe hätte dieser Rechtsakt weitreichende Folgen gehabt, denn die Herkunft der Mutterpflanze oder des Saatguts hätte so über den Status der Jungpflanze oder des Obstbaums entschieden – nicht aber die Art und Weise, wie der Betrieb die Pflanzen aufzieht. Zahlreiche Verbände und Organisationen aus der Bio-Branche haben sich daher mit Nachdruck und Engagement für eine Änderung eingesetzt, die noch vor Weihnachten von der EU-Kommission mit dem nun überarbeitenden Rechtsakt auf den Weg gebracht wurde. 

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Appel
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„Gut, dass Pflanzenvermehrungsmaterial wie Saatgut oder Jungpflanzen, das auf Bio-Höfen erzeugt wird, weiterhin mit dem EU-Bio-Siegel vermarktet werden kann“, sagt Kevin Smith-Weißmann, Referent Pflanzenbau des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und ergänzt: „Damit bleibt sich das neue Bio-Recht treu, das moderne Prinzip der Prozessqualität in der Öko-Produktion anzuwenden. Und die Kundinnen und Kunden haben, wenn sie zu Öko greifen wollen, eine gute Orientierung durch das Bio-Siegel.“  

Andrea Frankenberg, Projektkoordinatorin BÖLN- (Bundesprogramm Ökologischer Landbau) Leitfadenprojektes Bio-Zierpflanzen und bei Bioland zuständig für den Bereich Topf- und Zierpflanzen, freut sich ebenfalls über die Entscheidung der EU-Kommission. "Wir waren uns im Projektteam des Bio-Leitfadenprojektes alle relativ schnell einig, dass der erste Rechtsakt so nicht funktionieren würde. Denn es war klar, dass aus einem konventionellen Samen oder Steckling trotz der Kultivierung in einem Biobetrieb niemals eine Bio-Jungpflanze mehr werden kann. Gerade für den Obstbau und Teile des Zierpflanzenbaus wäre das fatal gewesen, da es hier noch keine Reiser beziehungsweise Stecklinge und Saatgut in Bio-Qualität gibt. Aber auch im Gemüsebau hätte es weitreichende Folgen gehabt, denn hier wird rund Zweidrittel konventionelles Saatgut eingesetzt, weil einfach nicht mehr verfügbar ist", betont die Koordinatorin. 

Ein Schritt in die richtige Richtung

Auch wenn das Ziel der EU-Kommission, nämlich der Einsatz von mehr Bio-Saatgut, zu begrüßen sei, müssen die vorhandenen Gegebenheiten berücksichtigt werden. "Im Gemüsebau sind die Kapazitäten am Anschlag. Man findet im Moment einfach nicht mehr Betriebe und vor allem Flächen, auf denen Bio-Saatgut produziert wird." Umso wichtiger sei es aus ihrer Sicht daher, die Entwicklungen weiter voranzubringen, sodass überhaupt mehr Betriebe Bio-Saatgut und weiteres Pflanzenvermehrungsmaterial produzieren können. "Generell sind die zahlreichen Gartenbaubereiche sehr unterschiedlich weit bei diesem Thema. Der Gemüsebau ist relativ weit fortgeschritten, auch wenn es im Bereich Saatgut noch weitere Entwicklungen geben muss. Aber das ist keine Sache, die von heute auf morgen gelingt, denn Saatgutproduktion- und Züchtung sind hochkomplex und oft fehlt es noch an Know-how", erklärt Andrea Frankenberg. 

Kevin Smith-Weißmann vom BÖLW sieht mit den jetzigen Plänen die Pioniere der Öko-Pflanzenzüchtung und -Vermehrung gestärkt: „Es war wichtig, dass die Gesetzesvorschläge von EU-Kommission und -Mitgliedsstaaten so umfassend beraten wurden und am Ende eine gute Lösung stand. So wird die Entwicklung des Öko-Landbaus an einer entscheidenden Stelle gefördert. Und das braucht es für 25 % beziehungsweise 30 % Bio bis 2030.“ 

Hintergrund

Seit dem 1.1. 2022 wird das 2018 beschlossene neue EU-Bio-Recht angewendet. Es wird ergänzt durch zahlreiche nachgelagerte Rechtsakte, die seit 2018 in Brüssel beraten und beschlossen wurden bzw. werden. Der hier genannte Rechtsakt, in dem die Regeln für Jungpflanzen detailliert beschrieben sind, muss noch von der EU-Kommission verabschiedet werden. Die Verabschiedung, welche als Formsache gilt, soll jetzt zu Jahresbeginn erfolgen – und dann rückwirkend zum Jahresbeginn gelten. 

Als ökologisch gilt mit der neuen Verordnung jegliches Pflanzenvermehrungsmaterial (Saatgut, Jungpflanzen, Bäume) aus Ausgangsmaterial, welches mindestens eine Generation (oder zwei Wachstumsperioden bei mehrjährigen Kulturen) unter Bio-Bedingungen gewachsen ist. Dieses ökologisch erzeugte Pflanzenvermehrungsmaterial aus nicht-ökologischem Ausgangsmaterial darf mit dem EU-Bio-Siegel vermarktet werden, aber nur von Bio-Betrieben zur Produktion eingesetzt werden, wenn kein ökologisches Pflanzenvermehrungsmaterial aus ökologischem Ausgangsmaterial verfügbar ist.

Folgende Akteure haben sich für eine Änderung der Pläne der EU-Kommission eingesetzt:

  • BÖLN Projekt Leitfaden Bio-Zierpflanzen (mit Kontrollstellen GfRS (Gesellschaft für Ressourcenschutz) und ABCERT, Bioland Beratung GmBH
  • BÖLW und BMEL
  • föga e.V. (Fördergemeinschaft für ökologische Zier- und Gartenpflanzen e.V.) und föko e.V. (Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V.)
  • Ifoam Organics Europe und weitere europäische Verbände sowie weitere Akteure und Praxisbetriebe durch ihre vielen Kommentierungen des ersten Rechtsaktes
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