14. Bayerischer Marketingtag:
Mit Dienstleistungen in die Zukunft
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Stefan Hörnemann von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stellte einige Kundengruppen vor. Dabei ging er besonders auf deren Kaufkraft und ihre Wünsche an den Einzelhandel ein. Denn gerade die so genannten Best Ager und Silver Ager, also die Generation 50+, verlangen nach Beratung und Convenience-Produkten. Sie sind es auch, die gerne Gartenarbeit verrichten und viel Geld für Pflanzen und Geräte ausgeben.
Bei einer Umfrage, was dieser Zielgruppe als Kunde im Baumarkt am meisten fehle, stand kompetente Fachberatung an erster Stelle. Hier kann der grüne Fachhandel einspringen und den Kunden abholen. Auch das Markenbewusstsein dieser Generation ist nach Untersuchungen am größten. Daher sind diese Kunden gerne bereit, für Qualität und Beratung mehr auszugeben. Auch möchten sie fertige Lösungen für ihre Probleme. Dazu zählt eine fachgerecht installierte Bewässerungsanlage für Garten oder Balkon.
Als künftige Trends sieht Hörnemann die Zunahme von Convenience-Produkten, da es künftig immer mehr ältere Menschen geben wird. Auch Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein treten wieder verstärkt in den Vordergrund. Hier liegt auch das Interesse der jüngeren Generation. Besonders Regionalität und „Made in Germany“ sind wieder gefragt. Statt „Geiz ist geil“ herrscht heute und zukünftig die „Reiz ist geil“-Mentalität. Der Kunde verlangt wieder verstärkt nach Qualität.
Dienstleistungen müssen zum Betrieb passen
Knut Steffen, Marketingberater am Landwirtschaftsamt in Kitzingen, stellte zu Beginn seines Vortrags den Unterschied zwischen Service und Dienstleistung heraus. Service ist alles, was es dem Kunden leichter macht, aber nicht in Rechnung gestellt wird. Dazu zählen beispielsweise Kundenparkplätze und Beratung. Die Dienstleistungen hingegen sind kostenpflichtig. Dazu zählt auch die Balkonkastenbepflanzung, welche in der Regel von vielen Betrieben noch kostenlos angeboten wird. Hier müsse der grüne Einzelhandel sensibilisiert werden.
In Bayern stammen bislang nur 3,4 % der Erträge der Einzelhandelsgärtnereien aus Dienstleistungen. Das Potenzial sei also noch lange nicht ausgeschöpft. Allerdings müssen Dienstleistungen auch zum Betrieb passen. Sie dürfen beispielsweise nicht mit dem normalen Produktionsalltag oder Verkauf kollidieren. Es sollen genügen „dienstleistungsqualifizierte“ Fachkräfte im Betrieb vorhanden sein. Diese müssen freundlich und kundenorientiert handeln. Dazu zählt auch, dass ausgemachte Liefertermine beim Kunden zeitlich genau eingehalten werden. Auch bereits angebotene Dienstleistungen von unmittelbaren Konkurrenten müssen in die Planung einbezogen werden, sagte Steffen.
Entscheidet sich ein Betrieb für Dienstleistungen, müssen diese auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Steffen gab als Richtschnur 0,65 Euro/Min. an. Der tatsächliche Stundensatz kann jedoch je nach Betrieb und Dienstleistung deutlich abweichen. Kann der benötigte Preis für eine Dienstleistung nicht durchgesetzt werden, so sollte man sich davon trennen.
Hat eine angemessene Kalkulation stattgefunden, müssen die Dienstleistungen und der Service intensiv kommuniziert werden. Dies geschieht über Dienstleistungstafeln mit Preisauszeichnung im Betrieb an einer populären Stelle und direkte Kundenansprache über Mailings, Anzeigen, regionale Messen und Beratungsgespräche. Zu überlegen sei auch, ob der „Beratungsdiebstahl“ beispielsweise bei Hochzeiten oder Gartenplanungen durch eine Beratungsgebühr eingedämmt werden sollte. Diese Beratungsgebühr würde dann bei einem tatsächlichen Auftrag wieder verrechnet.
Dienstleistungen, die nicht vom eigenen Betrieb erbracht werden können, sollten ausgelagert werden. Hier bieten sich Kooperationen mit vertrauenswürdigen und kompetenten Partnern an. Das können beispielsweise Floristfachgeschäfte und vor allem GaLaBau-Betriebe sein. Dabei müsse allerdings darauf geachtet werden, dass die Betriebe das gleiche Niveau aufweisen. Deren Leistungen werden über den eigenen Betrieb abgerechnet und der Partnerbetrieb erhält einen Großteil des Umsatzes. So bekommt der Kunde alles aus einer Hand.
Erfahrungen aus der Praxis
Christian Engelke von der Gärtnerei Engel und Engelke, Bückeburg, gab einige Tipps aus seiner gärtnerischen Praxis. In seinen vier Betrieben bietet er unter anderem Innenraumbegrünung, Bewässerungssysteme, Gießservice, Grabsteinreinigung, Rasenausbesserung, Schädlingsbekämpfung an Kübelpflanzen, Bestellservice von Raritäten, Beratung vor Ort und vieles mehr an. Außerdem führt er Pflanzenschutzarbeiten an Rosen durch. Für ein 4 m × 4 m großes Beet werden hierfür pauschal 7,50 Euro plus Arbeitszeit berechnet.
Engelke empfiehlt eine genaue Kostenkontrolle und gegebenenfalls auch eine Nachkalkulation. Unwirtschaftliche Dienstleistungen werden abgestoßen. Dienstleister sollten sich auf Aufträge mit hoher Produktivität konzentrieren. In Erfa-Gruppen tauscht er sich ähnlichen Betrieben aus. Das zeigt ihm, wo er steht und beugt Betriebsblindheit vor. Dieser Austausch unter Kollegen sowie die Tagesberichte der einzelnen Mitarbeiter helfen bei der Betriebs- und Aufgabenplanung. Sie sind für eine korrekte Kostenkalkulation unabdingbar.
Man kann gar nicht scharf genug kalkulieren
Im Auftrag des Bundesverbands Einzelhandelsgärtner (BVE) hat Christoph Hintze an der LVG Heidelberg ein Kalkulationsprogramm für Dienstleistungen und individuelle Betriebsstundensätze entwickelt. Die CD-ROM wird im September über den Zentralverband Gartenbau (ZVG) für rund 20 Euro erhältlich sein.
Hintze empfahl Betrieben, die sich für die Dienstleistung entscheiden, alle Mitarbeiter von vornherein in die längerfristigen Überlegungen einzubeziehen. Sie müssen wissen, welche Verantwortlichkeiten sie besitzen. So werden Missverständnisse gegenüber den Kunden vermieden. Auch können die Mitarbeiter, welche die Dienstleistungen vor Ort ausführen, nicht kontrolliert werden. Hier steht der Betriebsleiter vor völlig neuen Herausforderungen. Er muss die Einsätze seiner Mitarbeiter genau planen und über Tagesberichte kontrollieren.
Die Wünsche der Kunden müssen zu Beginn genau aufgenommen und besprochen werden. Dazu eignen sich Checklisten, die das Beratungsgespräch erleichtern. Den Mitarbeitern vor Ort müssen exakte Kosten- und Qualitätsziele gesetzt werden. Nur so können die Kosten für einen Auftrag eingehalten werden, so Hintze.
Als wichtigstes Thema für eine Umstellung auf Dienstleistungen nannte Hintze das Rechnungswesen. Dieses muss komplett umgestellt oder modifiziert werden. Zuerst wird ein Betriebsstundensatz berechnet. Denn nicht alle Arbeitsstunden werden vom Kunden bezahlt. Nachbesserungen, Krankheit und Urlaub werden vom Arbeitgeber getragen. Dennoch müssen diese Kosten in den Betriebsstundensatz einfließen. Konkrete Zeitwerte müssen ebenfalls festgelegt werden. Für den Friedhofsgartenbau gibt es solche Werte bereits (Oppenheimer Berichte – Zeitwerte für den Friedhofsgartenbau). Diese kann sich das Dienstleistungsunternehmen zunutze machen. Um eigene Zeitwerte für den Betrieb zu erhalten, müssen alle Zeiten für jedes Projekt detailliert in Tagesberichten festgehalten werden. Unter diesen Voraussetzungen können Dienstleistungen gewinnbringend angeboten werden.
Text und Bild: Regina Klein
(c) DEGA online
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