Gärtner fordern Bekenntnis zu Landesgartenschauen
Scheitert die Landesgartenschau Bad Iburg 2018 unter anderem durch mangelnde Unterstützung des Landes? Die niedersächsischen und bremischen Gärtner und Landschaftsarchitekten mahnen an, was in anderen Bundesländern seit Jahrzehnten mit Erfolg praktiziert wird: Regional-, Struktur- und Wirtschaftsförderung und städtebauliche Innovation durch Landesgartenschauen.
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Derzeit ist eine bewegte Diskussion über das Für und Wider von Landesgartenschauen in Niedersachsen im Gange. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Ein Millionendefizit der beiden Gartenschauhaushalten in Papenburg: dem Durchführungs- (die „Show“) und dem Investitionshaushalt (das, was bleibt).
- Die Nichteinstellung von Haushaltsmitteln für die beschlossene und an die Stadt vergebene Landesgartenschau in Bad Iburg 2018 vor wenigen Tagen.
„Diese Diskussion begrüßen wir ausdrücklich!“, erklärt der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Fördergesellschaft Landesgartenschauen Niedersachsen (FLN), Siegfried Dann. „Es ist wichtig, sich in Niedersachsen, auch und ausdrücklich auch seitens der Landesregierung, des Themas Landesgartenschauen ernsthafter anzunehmen als bisher. Sie pauschal als Verschwendung von Steuergeldern zu brandmarken ist wenig sachgerecht“, betont Dann. Er führt aus: In mit Niedersachsen vergleichbaren Flächenländern wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen werden bereits seit über 30 Jahren Gartenschauen als erfolgreiches Instrument der Wirtschafts- und Infrastrukturförderung eingesetzt. Diese Länder lösen im Wettbewerb um das beste Konzept einen regelrechten Innovationsschub aus – nicht nur in jenen Kommunen, die den Zuschlag erhalten, sondern auch in denen, die sich via Machbarkeitsstudie und Bürgerdialog mit ihrer Zukunft aktiv befassen. Sie tun das mit einer Landesförderung in Höhe von drei bis fünf Millionen Euro ausschließlich für langfristige Investitionen.
Harald Mikulla, Geschäftsführer der Fördergesellschaft, merkt an, dass man beispielsweise zwischen den Kosten für die sechsmonatige Veranstaltung (Durchführungshaushalt) und den langfristigen Investitionen in eine Verbesserung der ‚grünen’ Infrastruktur und der städtebaulichen Entwicklung insgesamt unterscheiden müsse. So seien in Papenburg die Investitionen in den Stadtpark zwar höher ausgefallen als geplant, doch stünden ihnen Werte gegenüber. „Weder in den Gartenschau-Bundesländern noch in Niedersachsen stand jemals zur Debatte, den Durchführungshaushalt der Landesgartenschau mit Mitteln aus dem Landeshaushalt zu unterstützen. Die Durchführung muss sie selbstverständlich aus eigener Kraft stemmen – gegebenenfalls mit Unterstützung des jeweiligen Landkreises wie im Falle von Bad Essen 2010 und auch für Bad Iburg 2018 bereits zugesagt und eingestellt – und durch den Verkauf von Eintrittskarten, Sponsorengeldern oder Lizenzeinnahmen refinanzieren. Sollte dies einmal nicht gelingen, so in Wolfsburg 2004, was jedoch bei einer wetterabhängigen Veranstaltung passieren kann, wird aber unter dem Strich immer ein positives Ergebnis für den Standort und die Region stehen“, so Mikulla. Dies habe zuletzt eine Studie der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland am Beispiel der Landesgartenschau Bad Essen nachgewiesen.
Das Defizit von einer Million Euro in Winsen/Luhe 2006 sei leicht zu erklären, so Mikulla. „Nach Erteilung des Zuschlages an Winsen wurde nach Abschluss der Planungen für den Investitionshaushalt die ursprünglich zugesagte Förderung in Höhe von vier Millionen Euro von Seiten des Landes auf drei Millionen Euro gekürzt.“ Das angebliche Millionendesaster in Papenburg betreffend (die Gartenschau war immer noch die mit den geringsten Kosten bundesweit im Jahr 2014), erklärt der Geschäftsführer der FLN: „Papenburg hat durch die Landesgartenschau einen wesentlich aufgewerteten Stadtpark erhalten. Damit und mit den touristischen und gesamtwirtschaftlichen Effekten, die die Gartenschau bei mehr als 500 000 Besuchern auch in ihrer Durchführung unstreitig hatte, hat Papenburg in seine dringend benötigte verbesserte Standortqualität in Bezug auf den künftigen Bedarf an Fachkräften, nicht nur für die Meyer-Werft, investiert - und damit in seine Zukunft als Standort für die Schiffs- wie die Gartenbauwirtschaft sowie in seine touristische Attraktivität! Das bleibt!“
Unbestritten sei, so Mikulla, dass die finanzielle Entwicklung der Investitionen im Rahmen der Landesgartenschau in Papenburg seitens der Geschäftsführung hätte kommuniziert werden müssen. Aber auch dort sei „kein Geld zum Fenster hinaus geworfen worden“, denn das weitgehender Konzept, Papenburg als Veranstaltungslocation zu entwickeln, sei in der Sache nicht zu beanstanden. „Aus unserer Sicht, aus der Sicht der Gärtner und Landschaftsarchitekten, aus der Warte der Fördergesellschaft, bleibt deshalb als Fazit festzuhalten, dass sowohl das Beispiel Papenburg als auch das aktuelle Scheitern Planungen der Landesgartenschau 2018 in Bad Iburg ein Beleg dafür sind, dass ohne eine verlässliche Förderung durch das Land Niedersachsen die ausrichtende Kommune überfordert ist.“
Die in der Fördergesellschaft Landesgartenschauen (FLN) organisierten gärtnerischen Berufsverbände und der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) wiederholen heute ihre schon vor einigen Jahren geäußerte Kritik an der niedersächsischen Landesregierung. Die zugesagten Bemühungen um eine entsprechende Förderung niedersächsischer Landesgartenschauen würden offenbar nicht konsequent genug verfolgt. Die Verbände würden es ausdrücklich begrüßen, wenn ein offener Qualitätswettbewerb zwischen verschiedenen Bewerbergemeinden zur Durchführung einer Landesgartenschau vor einer anderen Bundesländern vergleichbaren Förderkulisse stattfände. Auch die Grundsätze, die das niedersächsische Landwirtschaftsministerium für die Planung und Durchführung von Landesgartenschauen ab 2010 veröffentlicht hat, sehen diese Investitionen in den Städtebau, die Naherholung und in qualitätsvolle Grünräume vor. „Auch Niedersachsen tut eine Investition in Landesgartenschauen gut!“, betont Siegfried Dann. Wenn dies zukünftig nicht mehr gelten solle, verpasse das Land „eine große Chance für sinnvolle Tourismus- und Wirtschaftsförderung sowie Strukturpolitik“, wie die zahlreichen Beispiele aus den zurückliegenden Jahrzehnten in den anderenBundesländern und auch in Niedersachsen zeigten.
„Wir brauchen endlich ein Bekenntnis zu Landesgartenschauen in Niedersachsen, dass sich auch in Haushaltsmitteln ausdrückt!“, so Dann. „Landesgartenschauen sind ein Erfolgsmodell für intelligente Regionalentwicklung und Zukunftssicherung von Gemeinden und ein nicht zu unterschätzender Imagefaktor eines Bundeslandes. Niedersachsen kann es sich nach unserer Auffassung nicht leisten, auf sie zu verzichten, wenn es ansonsten seine Besucher mit dem Slogan ‚Niedersachsen - immer eine gute Idee’ lockt!“, ergänzt Mikulla.
Das Land solle sich jetzt nicht zurücklehnen, fordern Dann und Mikulla: „2018 brauchen wir eine Landesgartenschau in Niedersachsen!“
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