Wo ist der Wert geblieben
Dass Dinge immer weniger wert sind, erleben wir ständig im Alltag – die vielen bunten Prospekte mit Angeboten, die uns regelmäßig ins Haus flattern, sind dafür das beste Beispiel. Schnäppchenjagd ist Volkssport und davon sind auch Pflanzen betroffen. Auch sie werden zu günstigsten Preisen angeboten und das auch noch über lange Zeiträume. Und bekanntlich gilt: Was wenig kostet, ist auch wenig wert. Das „In-Wertsetzen“ von Pflanzen ist vor dem Hintergrund von fallenden Preisen deshalb ein viel diskutiertes Thema im Gartenbau.
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Doch bevor wir die Schuld für geringe Wertschätzung großen Konzernen und den Verbrauchern anlasten, müssen wir Gärtner uns an die eigene Nase fassen: Haben wir nicht eine Menge dazu beigetragen, dass es zum Preis- und damit auch Wertverlust bei Pflanzen gekommen ist?
Stichwort Massenproduktion: Vor dem Hintergrund betriebswirtschaftlicher Notwendigkeiten sind große und einheitliche Sätze wichtig und richtig. Doch wo bleibt dabei die einzelne Pflanze? Wo bleiben das Lebewesen Pflanze und ihr Wert?
Früher, und damit ist die Zeit vor rund 20 Jahren gemeint, gab es in fast jedem Betrieb einen Tisch, auf dem nicht verkaufte oder schlecht geratene Pflanzen gepflegt wurden bis sie wieder fit waren. Die einzelne Pflanze hatte in den Augen des Gärtners einen so großen Wert, dass man sich um jede einzelne gekümmert hat. Und heute? Die Pflanzen, die in den Augen des Gärtners keinen Wert haben, kommen auf den Kompost, ein Satz wird komplett und spurlos geräumt. Fertig. Aus.
Dabei sehen Kunden Pflanzen oft ganz anders und tatsächlich auch mit mehr Wertschätzung als Fachleute. Jeder, der schon einmal aus der Kultur heraus verkauft hat, hat es schon erlebt: Oft suchen die Kunden Pflanzen aus, die in unseren Augen weniger wert sind, weil sie eben nicht so gerade und einheitlich gewachsen sind oder irgendeine andere Macke haben. Ich glaube, der Wert der Pflanze geht in der einheitlichen Masse unter – in unseren Augen und in den Augen des Verbrauchers. Die einzelne Pflanze ist kein Individuum mehr, deshalb stellt sie keinen Wert mehr dar.
Gärtner sind erfolgreich, wenn sie es schaffen, das Individuum Pflanze wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Besondere Sorten, andere Größen oder auch einmal eine überraschende Form der Präsentation – das alles trägt dazu bei, dem Markt zu zeigen, dass hier etwas Wertvolles angeboten wird: Das Lebewesen Pflanze in seiner ganzen Pracht.
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