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Stauden im Privatgarten: Zwischen Minimalismus und Landhausstil

Hochglanzmagazine mit schwelgerischen Bilder von Cottagegärten werden besser verkauft denn je, in den Vorgärten dominieren jedoch sterile Schotterwüsten – für die Gärtner mitverantwortlich sind. Dabei sollte gerade die große Nachfrage nach pflegeleichten Gärten als Herausforderung verstanden werden, neue Lösungen jenseits einer minimalistischen Pflanzenverwendung zu finden. Anregungen gibt es viele, findet Norbert Mückschel.
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Eine regelrechte Renaissance des Landhausstils zeigt sich in vielen Hochglanzpublikationen mit schwelgerischen Bildern von Cottagegärten mit Rosen, Rittersporn und anderen klassischen Rosenbegleitern. Scheinbar altvertraute, harmonische Gartenbilder schaffen einen heimeligen Rückzugsraum von der hektischen Außenwelt. Trotz des hohen Pflegeaufwandes, den diese in der Regel kleinteilig bepflanzten Gärten mit sich bringen, werden sich solche Gärten auch in Zukunft großer Beliebtheit erfreuen. Damit dieser „Gartenstil“ nicht zu einem hübschen, harmonischen Langeweiler mit immer ähnlicher Pflanzenzusammenstellung wird, sind neue Ideen gefragt. Außergewöhnliche Farbkonzepte, neue Gattungen, Arten und Sorten, aber auch ansprechende pflegeleichte Pflanzungen können hier neue Impulse geben. Gerade die große Nachfrage nach pflegeleichten Gärten sollte als Herausforderung verstanden werden, im Privatgarten neue Lösungen jenseits einer sterilen minimalistischen Pflanzenverwendung zu finden.

„Pflegeleichte“ Gestaltungskonzepte mit immergrünen Formschnittgehölzen in Kies- oder Schotterflächen können in manchen Gärten eine stimmige Antwort auf die Architektur des Gebäudes sein, wirken in den meisten Vorgärten aber deplatziert. Die oft nachträgliche Aufweichung des Konzepts durch punktuelle Farbtupfer, wie Stiefmütterchen in Marmorkies, bringt meist keine Verbesserung, zeigt aber das Bedürfnis der Gartenbesitzer nach mehr optischen Reizen.
Für das Ausufern der Kies- und Schotterwüsten unserer Vorgärten sind Planer und Gärtner mitverantwortlich, die sich den Wünschen ihrer Kunden kritiklos beugen und dem oft nichts entgegenzusetzen haben. Die Gärtner machen sich zudem überflüssig, denn für das mühsame Rausklauben von Laub und das stupide Abkärchern von Kies- und Schotterflächen braucht man keine kompetenten Fachkräfte mit fundierten Pflanzenkenntnissen, das erledigt der Hausmeisterservice günstiger.

Beratungen zum Thema Pflanzung sind sehr facettenreich und oft geht es erst einmal darum zu vermitteln, dass Pflanzungen dynamischen Prozessen unterliegen, die man nicht nur akzeptieren muss, sondern auch Nutzen daraus ziehen kann. So wie ein Garten sich über die Jahreszeiten verändert und sich immer wieder neue anregende Bilder ergeben, kann auch der Garten in seiner langfristigen Veränderung neue Qualitäten schaffen. Doch dem Kunden sollte zum einen die zu erwartende Entwicklung vermittelt werden und zum anderen die entsprechende Pflege auf diesem Weg angeboten werden. Natürlich geht es auch darum, die Wertschätzung für den Garten und die Arbeit im Garten zu verbessern. So mancher Gartenbesitzer, der heute Entspannung und Befriedigung bei der Arbeit in seinem Staudengarten findet, wollte beim ersten Beratungsgespräch einen absolut pflegeleichten Garten.

Wie bereits erwähnt erfreut sich das Segment „Landhausstil“ auch bei der Pflanzenverwendung nach wie vor größter Beliebtheit. Die Nachfrage nach Beetstauden und Rosen in Solitärqualität Ist ungebremst. Die Flut an Informationen über neue Sorten und deren vermeintliche Eigenschaften und die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten sind übers Internet für jeden verfügbar – überfordern aber oft den Gartenbesitzer. Der Markt für Dienstleistungen rund um die Neu- und Umgestaltung sowie die Weiterentwicklung von anspruchsvollen Pflanzungen ist größer als allgemein angenommen und es gilt ihn zu erschließen. Hier geht es schließlich um unsere Kernkompetenz – oder etwa nicht?

Inspirationsquelle Gartenschau-Pflanzungen

Doch was gibt es Neues im gepflegten Staudenbeet dieser Tage? Das Gestalten mit Laubkontrasten gewinnt zunehmend an Bedeutung, und es gibt auf Gartenschauen immer wieder neue reizvolle Kombinationen zu entdecken, die auch auf den Privatgarten übertragen werden können.
Interessante Beispiele liefern die vom Büro Pelz geplanten dauerhaften Staudenpflanzungen auf dem ehemaligen BUGA-Gelände in Koblenz. Der üppige hellblaue Blütenflor von Aster × frikartii durchzieht wellenförmig die filigranen hellgrünen Laubstrukturen von Aster sedifolius ‘Nanus’. Miscanthus sinensis ‘Gracillimus’ und Stipa gigantea betonen mit ihren unterschiedlichen Wuchsformen die Vertikale. Gräserklassiker wie Miscanthus, Molinia und Pennisetum mit unterschiedlichem Habitus bilden auch das Grundgerüst einer Pflanzung mit unterschiedlichen Echinacea-Cultivare in Weiß-, Rot- und Orangetönen, die über einem Meer von unzähligen filigranen grüngelben Blüten von Euphorbia seguieriana ssp. niciciana schweben. Ein ausgesprochener Eyecatcher ist Echinacea ‘Hot Papaya’, deren imposanten Blüten zusammen mit weißen Veronicastrum vor dem plakativen Hintergrund der Euphorbiablüten besonders gut zur Geltung kommen.

Generell sind Präriepflanzen das große Thema der von Petra Pelz geplanten Pflanzungen, die ähnlich ihren Projekten in Magdeburg und Rostock durch ihre Großzügigkeit auffallen. Wenn diese Pflanzungen auch primär für größere Anlagen gedacht sind, darf darüber nachgedacht werden, inwieweit diese Großzügigkeit in einem anderen Maßstab auch auf den Privatgarten übertragen werden kann, dessen oft extrem kleinteilige Bepflanzung nicht immer befriedigend wirkt.

In einem anderen Bereich der Pflanzungen der BuGa bilden drift- und reihenartige Anordnungen von straff aufrechten Gräsergestalten wie Panicum, Calamagrostis acutiflora mit ihren markanten räumlichen Strukturen die Kulisse für auffällige Blütenformen von Echinops, Veronicastrum oder Echinacea. Aber auch ganz ohne Blütenpflanzen begeistert das Nebeneinander verschiedener aufrechter Gräsergestalten und der auffälligen horizontalen Laubstruktur von Helianthus salicifolius. Ähnlich wirkungsvoll zeigte sich eine vom Büro Orel und Heidrich geplante Staudenrabatte im blütenlosen Zustand auf der Landesgartenschau in Bamberg. Unterschiedliche Laubstrukturen bildeten zusammen mit Fruchtständen von Allium aflatunense eine Harmonie in Grüntönen.
Bei der Gartenschau „Natur am Fluss“ 2011 in Kitzingen setzten sie Gräser und markante Großstauden relativ großflächig im „Gräserlabyrinth“ in Szene. Die raumbildende Wirkung von Großstauden und hohen Gräsern wurde hier für die Besucher erlebbar gemacht.


Neue Pflanzkonzepte: die Staudenhecken

Hier lässt sich der Bogen zu einem aktuellen Trend der Pflanzenverwendung schlagen, der in der alltäglichen Praxis jedoch noch in den Anfängen steckt – die „Staudenhecke“ (siehe Heft 6/2012, Seite 64, oder als PDF auf www.dega-galabau.de, Webcode dega2316). Hohe Gräser und Stauden werden zu linearen Strukturen angeordnet, die dann im Laufe der Vegetationsperiode zunehmend Sichtschutzfunktion übernehmen. Neben aufrechten Gräsergestalten wie Calamacrostis acutiflora können hier Großstauden wie Helianthus microcephalus, Eupatorium-Cultivare oder Anemone hupehensis zum Einsatz kommen. Zwiebelpflanzen für den Frühjahrsaspekt sowie saumbildende Dauerblüher wie Geranium pratense ‘Rozanne’ bereichern den Blütenaspekt.

Anders als die starre räumliche Struktur einer Hecke aus Gehölzen zeigt die Staudenhecke einen spannenden dynamischen Wandel durch die Jahreszeiten. Steht von Sommer bis Winter die raumbildende und schützende Funktion der Pflanzung im Vordergrund, kann man nach dem Rückschnitt der Pflanzen im Spätwinter den Blick in die Ferne schweifen lassen. Der oft sehr dekorative Laubaustrieb der Stauden im Frühjahr, ihr rasantes Wachstum, die ständige Veränderung ihres Erscheinungsbildes, der Wechsel der Laubfärbung und nicht zuletzt der üppige und lang anhaltende Blütenflor vieler Großstauden laden ein, im Garten auch mal etwas Neues auszuprobieren.

An der Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaft in Wädenswil wurden verschiedene Pflanzenzusammensetzungen auf ihre Eignung als Sichtschutz, ihre Standfestigkeit sowie ihre ästhetische Wirkung getestet. Eines der hier entwickelten Staudenheckenmodule wird bereits ähnlich wie andere Staudenmischungen vermarktet.

Standardisierte Staudenmischungen, in denen sehr viel Entwicklungsarbeit steckt, bieten bezüglich Ästhetik, Funktionalität und Pflegeaufwand oftmals gute Lösungen für vielfältige Aufgaben der Pflanzenverwendung. Mit ihrer erfolgreichen Anwendung lässt sich sicher auch das Argument entkräften, dass Staudenpflanzungen immer höhere Kosten bezüglich Planung und Pflege verursachen. Sie sind jedoch kein Patentrezept für die Grüne Branche, für deren vielfältigen komplexen Bepflanzungsaufgaben oft sehr individuelle Lösungen erforderlich sind, für die ein breites Pflanzensortiment zur Verfügung steht.

Bereichert wurde dieses Sortiment in den letzten Jahren vermehrt durch Stauden und Gräser der nordamerikanischen Prärien. Vor Jahren noch wenig bekannte Gräser wie Sorgasthrum nutans, Sporobulus heterolepis oder Schizachyrium scoparium sowie Stauden wie Echinacea pallida, Phlox amplipfolia, oder Solidago rugosa fanden aufgrund ihrer positiven Eigenschaften in Bezug auf Ästhetik und Robustheit Eingang in das Sortiment der Staudengärtner. Der durch frische und nährstoffreiche Böden gekennzeichnete Naturstandort vieler Präriepflanzen lässt sie auf unseren recht ähnlichen Böden gut gedeihen. Neben der ausdrucksstarken naturnahen Gestaltung mit „Präriepflanzen“ tragen vor allem extensive Pflegekonzepte zu dem großen Interesse an dieser Art der Pflanzenverwendung bei.

Die vor gut 10 Jahren von Cassian Schmidt im viel besuchten Herrmanshof in Weinheim angelegten Präriepflanzungen und seine Veröffentlichungen zum Thema haben sicher sehr zur Popularität dieser Pflanzenbilder beigetragen. Ähnliche, aber vielleicht noch ansprechendere naturalistische Pflanzenbilder zeigte uns Ende der Neunzigerjahre der Staudenzüchter und Planer Piet Oudolf, der sicher bekannteste Vertreter einer Bewegung niederländischer Gärtner und Planer, die einen neuen Stil der Staudenverwendung prägten.

Bislang unbekannte Pflanzen wurden zusammen mit altbewährten Stauden zu sehr ausdrucksstarken naturhaft wirkenden und künstlerisch anspruchsvollen Bildern zusammengefügt, die sich erfrischend unkonventionell vom starren deutschen „Hansen-Stahl-Raster“ abhoben, aber auch nichts mit der klassischen englischen „standortignorierenden“ Pflanzenverwendung zu tun hatte.

Im Privatgartenbereich allerdings scheiden sich bei diesen Bildern die Geister. Für einige Gartenbesitzer wirkt diese überschäumende Pflanzenfülle mit ihrem hohen Anteil an Gräsern und Großstauden bedrohlich und sie beklagen die fehlende Ordnung. Andererseits verkneifen sich leider viele Planer und Gärtner in vorauseilendem Gehorsam solche Ideen, obwohl hier noch ein ungeheures Potenzial schlummert. Ansprechende Bilder realisierter Pflanzungen, gute Beratung, die auch das Thema Pflege anspricht, sowie eine an die jeweilige Situation angepasste Lösung können da oft nicht nur überzeugen, sondern begeistern – sogar im Reihenhausgarten!

Grundsätzlich sprechen naturalistische Pflanzenbilder die meisten Menschen an. Viele Schaugärten der letztjährigen Chelsea Flower Show zeichneten sich durch naturalistisch wirkende Pflanzungen aus. So zeigte der von Adam Frost gestaltete Garten „A Rural Muse“ eine überaus filigrane wiesenartige Pflanzung, die die Illusion einer Naturlandschaft entstehen ließ. Die im Rahmen der Naturgartenwelle der 1980er-Jahre populär gewordene Blumenwiese erlebt ihr Comeback. Saatgutmischungen mit über einen langen Zeitraum attraktiv blühenden Sommerblumen erfreuen sich zurzeit großer Beliebtheit. Im großen Stil zeigte Nigel Dunnet während der Olympiade in London im olympischen Park sehr eindrucksvoll, wie man mit Aussaaten kostengünstig große Flächen attraktiv gestalten kann.

Für den Privatgarten sind Ideen gefragt, die die Attraktivität von Aussaaten in dauerhafte Pflanzkonzepte integrieren, ohne jedes Jahr wieder alles umbrechen zu müssen. In diesem Zusammenhang sind auch weitergehende Überlegungen zur Akzeptanz von Spontanvegetation und das Integrieren von bestimmten Dauerunkräutern wie Schachtelhalm in Pflanzkonzepte sinnvoll.


Neue, gewagtere Farbkonzepte

Spannend sind natürlich neue Variationen zum Thema Farbe. Das fängt dann schon im Frühjahr mit Farbkonzepten an, die Laubaustrieb und Blüte von Gehölzen, Stauden und Blumenzwiebeln fein aufeinander abstimmen. Auch wenn sich, wie man auf der Landesgartenschau in Bamberg sehen konnte, die klassischen Ton-in-Ton-Arragements in Silber-, Rosa-, Blau- und Lilatönen bei Staudenpflanzungen noch immer gut verkaufen lassen, spürt man aber auch Lust nach neuen, auch mal etwas gewagteren Kombinationen wie dem immer häufiger zu sehenden Nebeneinander von silber- u. rotlaubigen Pflanzen, delikate Variationen von Gelb und Rosa jenseits der früher sehr beliebten The Fairy/Potentilla-Symbiose, kräftige Kontraste in Rot und Blau oder Orange und Violett und natürlich das durch die Mode geprägte Pink/Orange. Natürlich sollte man bei aller Experimentierfreude nicht den Anspruch auf Nachhaltigkeit vergessen. Anders als Sommerflor sollten Staudenpflanzungen doch deutlich länger als eine Vegetationsperiode funktionieren.

Der in den letzten Jahren umgestaltete Rosengarten der Overdiek’schen Gärten in Weihenstephan mit seiner kontrastreichen Farben und das in Rot- und Rosatönen gehaltene Rosenparterre in Koblenz sind Beispiele für eine interessante Farbgestaltung mit sehr unterschiedlicher Wirkung. Eine ansprechende Neuauflage des „ Purple Borders“ kann man in den in Kitzingen angelegten Staudenrabatten am Main erleben.

Neben den klassischen Farbträgern wie Geranium ‘Patricia‘, Salvia nemorosa „Amethyst“, Phlox maculata „Rosalinde“, Stachys monieri „Hummelo“, Echinacea „Leuchtstern“ und dem populären Geranium „Rozanne“, die in ihrer Wirkung durch die rotlaubigen Heuchera micrantha ‘Palace Purple’, Penstemon ‘Huskers Red’ und Ageratina altissima noch gesteigert werden, bringen hohe Gräser und Veronicastrum virginicum Struktur in die Pflanzung.

Bei der Beschäftigung mit Pflanzungen ist der Faktor Zeit von entscheidender Bedeutung. Sowohl in Koblenz als auch in Kitzingen konnte man in den ersten Jahren eine positive Entwicklung der Pflanzungen beobachten, was auf eine qualifizierte Pflege schließen lässt, die in Koblenz von einem Verein von Ehrenamtlichen geleistet wird. Es bleibt spannend, die Entwicklung solcher Pflanzungen über viele Jahre zu beobachten. Am spannendsten ist es, die eigenen Pflanzungen in Zusammenspiel mit der Pflege zu beobachten und wo möglich selbst aktiv einzugreifen. Was da entsteht, nennt man „gärtnerische Erfahrung“, die auch in Zeiten von Pflanzenverwendungsprogrammen und „Apps“ bedeutsam bleibt.

Norbert Mückschel, Nürtingen, in DEGA GALABAU, Ausgabe 7/2013, erscheint am 5. Juli 2013.

 

 

 

(c) DEGA online, 25.6.13

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